Wahlprogramm 2021
https://www.bundestagswahl-bw.de/wahlprogramm-fdp-1
NIE GAB
ES MEHR
ZU TUN.
WAHLPROGRAMM
DER
FREIEN DEMOKRATEN
Wir sind Freie Demokraten. Wir glauben, dass Deutschland jetzt einen Neustart braucht.
Wir glauben, dass es moderner, digitaler und freier werden muss. Wir glauben an das große
Potenzial unseres Landes. Wir sind bereit, Verantwortung dafür zu übernehmen.
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Das Programm der Freien Demokraten zur Bundestagswahl 2021
Beschluss des 72. Ord. Bundesparteitag der Freien Demokraten vom 14.-16. Mai 2021
(vorbehaltlich der Überprüfung des Wortprotokolls)
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Nie gab es mehr zu tun
Wie es ist, darf es nicht bleiben .................................................................................................... 3
Werden wir das Land, das in uns steckt ......................................................................................... 3
Die richtige Richtung: durch die Mitte nach vorne ......................................................................... 4
Wir wollen gestalten .................................................................................................................... 4
I. Nie war es notwendiger: Machen wir uns fit für den Aufholwettbewerb!.................................... 6
Sicherung der Sozialen Marktwirtschaft und Stärkung der Wirtschaft............................................... 6
Entlastung und faire Steuern............................................................................................................. 10
Investitionen in die Zukunft .............................................................................................................. 13
Faire Regeln bei der internationalen Besteuerung ........................................................................... 14
Bildung der Zukunft – Chancen für Aufstieg und Selbstbestimmung ............................................... 15
Berufliche Bildung ............................................................................................................................. 19
Hochschule und Forschung ............................................................................................................... 21
II. Nie war Modernisierung dringlicher: Modernisieren wir endlich unser Land! ........................... 23
Unkomplizierter Staat ....................................................................................................................... 23
Innovation Nation.............................................................................................................................. 24
Mobilität ............................................................................................................................................ 26
Digitalisierung .................................................................................................................................... 29
Moderne Arbeitswelt ........................................................................................................................ 32
Gesundheit ........................................................................................................................................ 35
Pflege ................................................................................................................................................. 38
Modernes Recht für starke Familien ................................................................................................. 40
Schutz der Privatsphäre..................................................................................................................... 43
Handlungsfähiger Rechtsstaat........................................................................................................... 45
Presse- und Meinungsfreiheit schützen ............................................................................................ 48
Demokratie und Parlamentarismus .................................................................................................. 49
Tolerante und weltoffene Gesellschaft ............................................................................................. 51
Kommunen, Sport und Ehrenamt stärken ........................................................................................ 53
Kultur ................................................................................................................................................. 55
III. Nie waren die Chancen größer: Bewältigen wir die großen Herausforderungen unserer Zeit! .. 58
Klima- und Umweltschutz durch Innovation ..................................................................................... 58
Zukunftsfähige und starke Europäische Union ................................................................................. 62
Klare Regeln....................................................................................................................................... 65
Grundsätze liberaler Außenpolitik .................................................................................................... 67
Freiheit und Menschenrechte weltweit ............................................................................................ 72
Für eine Entwicklungspolitik der Chancen ........................................................................................ 74
Einwanderung und Flucht ................................................................................................................. 76
Für ein ganzheitliches Energiesystem ............................................................................................... 79
Land- und Forstwirtschaft, Angeln, Fischerei und Jagd..................................................................... 81
Wohnen ............................................................................................................................................. 84
Liberales Bürgergeld .......................................................................................................................... 86
Enkelfitte Rente ................................................................................................................................. 87
Fairness für alle Generationen .......................................................................................................... 89
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Nie gab es mehr zu tun.
Wie es ist, darf es nicht bleiben
Wie es ist, darf es nicht bleiben. Das hat die Pandemie gezeigt. Gespürt haben wir es schon vorher.
Denn die Welt verändert sich rasant. Daraus erwachsen Chancen und Risiken. Wenn wir nichts
ändern, tragen wir die Risiken, und die Chancen ergreifen andere. Trotzdem wurde in Deutschland zu
lange das trügerische Bild vermittelt, dass alles bleiben könne, wie es ist. Viele haben dem
Versprechen vertraut, dass Deutschland das Land bleiben könne, in dem wir gut und gerne leben,
ohne dass wir etwas verändern müssen. Heute wissen wir: Das war falsch!
Das Ergebnis war eine Politik, die unseren Staat satt und träge gemacht hat – statt schlank und stark.
Das hat die Pandemie gezeigt. Während andere Staaten ihre Verwaltung digitalisiert haben, haben
wir an Formularen und Zettelwirtschaft festgehalten. Während andere Staaten ihr
Gesundheitssystem digitalisiert haben, haben sich unsere Gesundheitsämter gegenseitig Faxe
geschickt. Hochqualifizierte Beamtinnen und Beamte haben Listen abgetippt, statt mit Hilfe
moderner digitaler Technologien effektiv Infektionsketten nachzuverfolgen. Während andere Staaten
per SMS zu Impfungen einladen, haben wir Impftermine per Brief vergeben. Statt schützende
Masken schnell und pragmatisch an schutzbedürftige Menschen zu schicken, drucken wir aufwendig
Bezugsscheine, versenden sie per Post und nötigen gefährdete Menschen dazu, die Masken in
belebten Innenstädten abzuholen. Wir haben uns in der Krise an die Basistechnologie Papier
geklammert, als wären wir noch im 20. Jahrhundert. Schluss damit. Wir müssen unseren Staat
umfassend modernisieren, damit wir endlich im 21. Jahrhundert ankommen.
Die Bilanz dieser Politik ist ein Leben auf Kosten der Zukunft. Statt Wettbewerb, Unternehmertum
und Innovation zu fördern, setzte die Politik der Großen Koalition auf Altbekanntes und
Altmodisches. Statt Wohlstand und Nachhaltigkeit, Wachstum und Klimapolitik, wirtschaftliche
Stärke und ökologische Verantwortung zu verbinden, setzte sie auf Verbote und Dirigismus. Statt die
Sozialsysteme fit für die Zukunft zu machen, hat sie die Probleme des demographischen Wandels
verschärft. Statt für weltbeste Bildung zu sorgen, hat sie zugelassen, dass unser Bildungssystem
vielen Menschen keine fairen Aufstiegschancen bietet. Statt Eigeninitiative und die Übernahme
persönlicher Verantwortung jeder und jedes Einzelnen zu stärken, verzettelte sie sich in Bürokratie.
Und statt für einen handlungsfähigen Rechtsstaat zu sorgen, der die Sicherheit und Bürgerrechte
gleichermaßen schützt, hat die Politik die Freiheit der Sicherheit auf einer erschreckenden Art und
Weise untergeordnet.
Wie es ist, darf es nicht bleiben. Das wissen wir. Die gute Nachricht: Es muss auch nicht so bleiben.
Alles kann besser werden. Nichts ist Schicksal. Wir haben es selbst in der Hand. Das ist unsere
Mission: Nie gab es mehr zu tun!
Werden wir das Land, das in uns steckt
Die Kraft zur umfassenden Modernisierung Deutschlands steckt in uns. Sie steckt in den Menschen.
Sie steckt in den Kräften der freien Wissenschaft und der Sozialen Marktwirtschaft. Die schnelle
Entwicklung von Impfstoffen gegen Covid-19 durch deutsche Forscherinnen und Forscher zeigt: Harte
Arbeit, Entschlossenheit und Erfindergeist können Berge versetzen. Die Grundlage dafür ist Freiheit.
Nie war sie wichtiger! Holen wir uns unsere Freiheit mit einem Neustart der Politik zurück. Werden
wir das Land, das in uns steckt.
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Die richtige Richtung: durch die Mitte nach vorne
Wie es ist, darf es nicht bleiben. Veränderung ist nötig. Doch nicht jede Veränderung ist Fortschritt.
Alte Irrwege finden neuerdings immer mehr Zulauf. Rechte versuchen, die Menschen durch
Merkmale wie Herkunft, Kultur, Religion, sexuelle Orientierung oder Hautfarbe zu spalten und
gegeneinander in Stellung zu bringen. Linke versuchen, die Menschen durch Merkmale wie Erfolg,
Einkommen oder Vermögen zu spalten und gegeneinander in Stellung zu bringen. Beides sind
Irrwege. Fortschritt geht nur nach vorne durch die Mitte. Das ist für uns die richtige Richtung.
Durch die Mitte nach vorne heißt für uns:
Werden wir fit für die Zukunft! Machen wir uns fit für den Aufholwettbewerb: Entfesseln wir die
Kräfte der Sozialen Marktwirtschaft und weltbester Bildung für Wohlstand, Freiheit und
Aufstiegschancen. Nutzen wir die Agilität der Marktwirtschaft, um schnell aus der Krise zu wachsen.
Werden wir zum Vorreiter der Modernisierung! Gründen wir Deutschland neu. Nutzen wir die
Chancen der Digitalisierung für uns. Machen wir Modernisierung zum Pflichtprogramm: in der
Verwaltung, im Gesundheitswesen, beim Arbeitsmarkt.
Werden wir ein Land der Chancen! Nutzen wir die Schubkraft der Freiheit, der Sozialen
Marktwirtschaft und der Modernisierung für die Bewältigung der großen Herausforderungen unserer
Zeit: mehr Europa für mehr Freiheit und Menschenrechte weltweit. Mehr German Mut für mehr
Klimaschutz und mehr nachhaltige Entwicklung. Mehr Chancen zum Aufbau von Eigentum für mehr
Zukunftssicherung.
Wir Freie Demokraten setzen auf Freiheit und Verantwortung. Wir setzen auf die Kraft der Sozialen
Marktwirtschaft und wirtschaftliche Prosperität als Gegenmodell zum dirigistischen Staat, der sich im
Klein-Klein verzettelt und sich als Erziehungsberechtigter der Bürgerinnen und Bürger aufführt. Wir
stehen für eine lebendige Kulturszene und die Entfaltung individueller Kreativität. Wir wollen die
Gesellschaft zusammenhalten, ohne dass sich alle einem vorgegebenen Lebensentwurf anpassen
müssen. Wir respektieren die persönliche Entscheidung jeder und jedes Einzelnen, weil wir darin die
Grundlage für die Freiheit der Menschen erkennen. Wir Freie Demokraten setzen auf Freiheit,
Rechtsstaat und Bürgerrechte, die auch in Krisenzeiten gelten und nicht als „Privilegien“ abgetan
werden dürfen, die uns nach Belieben zugeteilt oder vorenthalten werden können. Wir Freie
Demokraten setzen auf die Kraft der Eigenverantwortung, der Privatinitiative, der Freiheit des
Individuums. Wir wollen ein Land, das gemeinsam mit unseren Wertepartnern des globalen Westens
Freiheit und Menschenrechte weltweit entschlossen verteidigt und wo immer möglich globale
Kooperation und nachhaltige Entwicklung zum Wohle aller Menschen befördert. Wir Freie
Demokraten erkennen in der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und ihren 17 Zielen den bisher
umfassendsten Versuch der Menschheit, die verschiedenen Aspekte nachhaltiger Entwicklung in ein
global verbindendes Zielsystem zu bringen. Das ist eine Chance auf mehr Freiheit für alle und für
zukünftige Generationen. Wir wollen ein Land, das seinen Beitrag zur globalen Entwicklung leistet
und dem Frieden der Welt dient. Wir Freie Demokraten setzen auf Weltoffenheit, Toleranz und den
Wettbewerb der besten Ideen: in einer lebendigen Demokratie selbstbewusster Bürgerinnen und
Bürger. Das ist unser Ziel. Das ist die richtige Richtung.
Wir wollen gestalten
Nie gab es mehr zu tun, um unserem Land die richtige Richtung zu geben. Daran wollen wir Freie
Demokraten mitwirken. Als Stimme des Fortschritts und der Freiheit wollen wir die Krise gemeinsam
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mit den Bürgerinnen und Bürgern bewältigen und Deutschlands Potentiale entfesseln. Wir legen hier
unser Programm vor, das aus Überzeugung gemacht ist. Es geht nicht um Taktik, es geht nicht um
Farbenspiele. Wir treten bei der Bundestagswahl nicht für Koalitionen an, sondern für unsere
Überzeugung: Wir wollen den richtigen Weg für unser Land. Wir wollen so stark werden, dass keine
seriöse Bundesregierung ohne die Freien Demokraten gebildet werden kann, damit der Wert der
Freiheit bei jeder politischen Entscheidung seine angemessene Bedeutung erhält. Das gibt uns die
Macht, möglichst viele unserer Ideen umzusetzen. Wir wollen nicht gewählt werden, damit dieser
Kanzler oder jene Kanzlerin wird. Wir stellen uns nicht zur Wahl, damit jemand etwas wird. Wir
stellen uns zur Wahl, damit es unserem Land besser geht: mit mehr individueller Freiheit und
persönlicher Verantwortung, mit mehr Sozialer Marktwirtschaft und umfassender Nachhaltigkeit.
Und mit einem Staat, der stark ist, weil er schlank und modern agiert statt selbstzufrieden,
altmodisch und träge.
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I. Nie war es notwendiger: Machen wir uns fit für den Aufholwettbewerb!
Wie es ist, darf es nicht bleiben: Große Demokratien wie die USA setzen wieder Kurs auf kräftiges
und anhaltendes Wirtschaftswachstum. Systemische Wettbewerber wie das autoritäre Regime
Chinas reklamieren für sich erfolgreichere Wege aus der Krise. Umso entschlossener müssen wir jetzt
das Fundament für einen Aufholwettbewerb legen: Werden wir Weltspitze bei der
Wettbewerbsfähigkeit statt bei Steuern und Abgaben. Investieren wir massiv in die Grundlagen von
Aufstieg und Wachstum: unser Bildungssystem. Lassen wir unsere Infrastrukturen nicht länger
verkommen, sondern bauen sie aus. Stärken wir die Kräfte der Sozialen Marktwirtschaft und des
Freihandels. Bringen wir das Verhältnis von Privat und Staat wieder in eine die Leistungsbereitschaft
fördernde Balance. Geben wir Mittelstand, Selbstständigen und Start-ups mehr Raum für Erfolg und
kreative Lösungen! Ermutigen statt erschweren: Das ist unsere Mission.
Sicherung der Sozialen Marktwirtschaft und Stärkung der Wirtschaft
Bereits vor der Coronakrise hat Deutschlands Wirtschaft an Fahrt verloren. Nun müssen wir trotz
Krise schnell wieder auf Wachstumskurs kommen. Für einen zukunftsfähigen Standort und
Arbeitsplätze brauchen wir echte Modernisierungsimpulse. Wir Freie Demokraten setzen dabei auf
die Innovationskraft der Sozialen Marktwirtschaft und auf eine Agenda für mehr Wachstum:
entlasten, entfesseln, investieren.
Schnelle Hilfe durch „Negative Gewinnsteuer“ in Wirtschaftskrisen
Wir Freie Demokraten fordern, dass eine kurzfristige Liquiditätshilfe direkt vom Finanzamt ausgezahlt
werden kann. Statt Steuervorauszahlungen von den Konten der Unternehmen abzubuchen,
überweisen die Finanzämter eine negative Einkommen- beziehungsweise Körperschaftsteuer als
Liquiditätssoforthilfe: die „Negative Gewinnsteuer“. Als Bemessungsgrundlage dient der letzte
Steuerbescheid. In einem zweiten Schritt soll eine deutlich erweiterte Verlustverrechnung mit
Gewinnen vergangener oder künftiger Jahre eingeführt werden. Damit sorgen wir in wirtschaftlichen
Krisenzeiten für schnelle und unbürokratische Hilfen und verhindern unnötige Jobverluste und
Insolvenzen.
Entfesselungspakt für die deutsche Wirtschaft
Wir Freie Demokraten fordern einen Entfesselungspakt für die deutsche Wirtschaft, in dem
Maßnahmen zur Bürokratieentlastung gebündelt und vorangetrieben werden. Der stetig wachsende
Bürokratiedschungel belastet die Bürgerinnen und Bürger sowie die deutschen Unternehmen und
bremst die wirtschaftliche Entwicklung aus. Initiativen wie das Bürokratieentlastungsgesetz IV, die
Strategie „Einheitliche Ansprechpartner 2.0“ und eine Verlegung der Sozialversicherungsbeiträge in
den Folgemonat müssen zu einer Gesamtstrategie gebündelt werden. Das gilt auch für schlankere
Vergabe-, Register- und Informationsbestimmungen. Für jede neue Belastung durch geplante
Regelungen sollen im doppelten Umfang Belastungen abgebaut werden („One in, two out“) – auch
auf europäischer Ebene.
Unternehmenssteuerlast auf 25 Prozent senken
Wir Freie Demokraten wollen die steuerliche Belastung von Unternehmen auf den OECD-
Durchschnitt (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) von rund 25
Prozent senken. Unser Ziel ist es, im Zuge der angestrebten Harmonisierung der
Unternehmensbesteuerung in Europa den deutschen Sonderweg der Gewerbesteuer zu beenden.
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Das heißt zugleich, dass die Finanzierung der Kommunen auf eine neue Grundlage gestellt werden
muss – etwa durch einen kommunalen Zuschlag mit eigenem Hebesatzrecht auf die
Körperschaftsteuer und auf die zuvor abgesenkte Einkommensteuer sowie einen höheren Anteil der
Kommunen an der Umsatzsteuer. Zudem wollen wir uns gemeinsam mit den USA für eine globale
Mindestbesteuerung für Unternehmen einsetzen. So sorgen wir für mehr Fairness im Wettbewerb
zwischen großen internationalen Konzernen, die aggressive Steuervermeidung betreiben, und
Mittelständlern.
Forschung und Entwicklung steuerlich fördern
Wir Freie Demokraten wollen Forschung und Entwicklung steuerlich stärker fördern. Deutschland
kann nur dann dauerhaft Wohlstand und soziale Sicherheit gewährleisten, wenn die Unternehmen
innovative Produkte und Dienstleistungen entwickeln. Das Steuerrecht muss dazu einen Beitrag
leisten, indem es die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung von Wagniskapital verbessert.
Dadurch schaffen wir bessere Bedingungen für Start-ups und geben Innovationen eine Chance.
Gerade die Coronakrise hat gezeigt, dass der stete Wandel der Wirtschaft neue Ideen und Wege
erfordert. So muss Deutschland bei der Digitalisierung aufholen. Deshalb brauchen wir ein
Steuerrecht, das innovative Unternehmen unterstützt.
Verbesserte Abschreibungsbedingungen
Wir Freie Demokraten wollen die Abschreibungsbedingungen verbessern. Hierzu sollen die
degressive Abschreibung (AfA) für bewegliche Wirtschaftsgüter verstetigt und für digitale Güter
einheitliche und verkürzte Abschreibungsfristen von höchstens drei Jahren festgesetzt werden,
sofern nicht eine Sofortabschreibung in Betracht kommt. Die Grenze für die Sofortabschreibung
geringwertiger Wirtschaftsgüter wollen wir erhöhen. Um Investitionen in den Wohnungsbau zu
fördern, wollen wir hier die lineare Abschreibung von zwei auf drei Prozent erhöhen.
Mittelstand in der Fläche halten und langfristig sichern
Wir Freie Demokraten wollen insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen von der Industrie
über das Handwerk bis zum Handel auch in ländlichen Regionen Perspektiven schaffen.
Voraussetzungen hierfür sind eine flächendeckend zukunftstaugliche digitale Infrastruktur,
leistungsfähige Verkehrswege und ein starkes duales Bildungssystem. Abwanderung, Überalterung
und Fachkräftemangel setzen dem Mittelstand besonders hart zu. Deshalb brauchen wir moderne
Ansätze insbesondere auch in den ländlichen Regionen. Wir wollen unseren Mittelstand und unsere
Hidden Champions stärken! Damit die Unternehmen nicht durch Erbgänge oder eine
Substanzbesteuerung gefährdet werden, lehnen wir eine Verschärfung der Erbschaftsteuer oder die
Wiedereinführung der Vermögensteuer ab.
Zurück zur Marktwirtschaft – mit Wachstum Corona-Folgen überwinden
Wir Freie Demokraten fordern die Rückkehr zu marktwirtschaftlichen Prinzipien. Viele sind, bedingt
durch die COVID-19-Pandemie, unverschuldet in finanzielle Not geraten. Es war daher richtig,
Hilfsprogramme auf den Weg zu bringen, doch der Weg zu immer mehr Nothilfen und
Rettungsschirmen für einzelne Unternehmen lässt sich nicht aufrechterhalten. Er ist ineffizient,
verzerrt den Wettbewerb und reduziert die Wettbewerbsfähigkeit sowie Innovationskraft von
bestehenden Betrieben wie auch von Gründerinnen und Gründern. Außerdem wächst die
Marktmacht einzelner Unternehmen, was zu weniger Innovation und höheren Preisen für die
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Konsumentinnen und Konsumenten sowie zu Fehlanreizen für Unternehmen führt. Wir wollen den
Wettbewerb national und international stärken und insbesondere vermeiden, dass unnötige
Verflechtungen von Markt- und Staatswirtschaft entstehen. Daher unterstützen wir Maßnahmen, die
gleichmäßig für alle Unternehmen gelten, den Wettbewerb weniger verzerren und zu einem sich
selbst tragenden Wirtschaftswachstum beitragen.
Beteiligungsbremse für den Staat – Anteile an Post und Telekom verkaufen
Wir Freie Demokraten fordern eine Beteiligungsbremse für den Staat. Unnötige staatliche
Beteiligungen sowie alle Unternehmensanteile, die nicht zur öffentlichen Daseinsvorsorge gehören,
müssen verkauft werden – hier insbesondere Post und Telekom. Der Erlös kann in die digitale
Infrastruktur investiert werden. Staatliche Beteiligungen müssen stärker auf ihre Notwendigkeit
überprüft und perspektivisch abgebaut werden. Neue Beteiligungen sollten nur noch dann zulässig
sein, wenn andere entsprechend reduziert werden.
Europäische Wettbewerbsordnung
Wir Freie Demokraten wollen die faire und regelbasierte europäische Wettbewerbsordnung schützen
und stärken und damit internationale Standards setzen. Dazu gehört zum einen der Einsatz gegen
Protektionismus im europäischen Binnenmarkt. Wir wollen die EU-Entsenderichtlinie vereinfachen
und das deutsche Arbeitnehmer-Entsendegesetz entbürokratisieren. Zum anderen brauchen wir
insbesondere für junge und mittelständische Unternehmen bessere Wettbewerbsbedingungen,
gerade im Bereich der Digitalwirtschaft. Die Konzentration von Marktmacht auf etablierte und große
Unternehmen behindert echten Wettbewerb und Innovation. Das schadet insbesondere
Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie der Zukunftsfähigkeit des Standortes. Wir wenden uns
daher entschieden gegen die politische Förderung von „nationalen Champions“. Derlei Alleingänge
innerhalb des europäischen Binnenmarktes bremsen Innovationen und Skalierbarkeit aus. Das senkt
letztlich die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen gegenüber amerikanischer und
chinesischer Konkurrenz. Wir sehen die Soziale Marktwirtschaft als lernendes System und als Modell
für eine ökonomische Friedensordnung – nicht nur in Europa.
Wirksame Regulierung von Gatekeeper-Unternehmen
Wir Freie Demokraten wollen eine wirksame Kontrolle großer Unternehmen der Digitalwirtschaft
schaffen, die Zugänge zum Internet kontrollieren. Solche Gatekeeper-Unternehmen, die als Betreiber
einer Suchmaschine, als soziales Netzwerk oder als dominierende Handelsplattform die
Wettbewerbsbedingungen kleiner oder mittlerer Unternehmen entscheidend beeinflussen können,
müssen einer speziellen Regulierung unterworfen werden. Die Regulierung soll verhindern, dass
Gatekeeper den Wettbewerb verzerren, indem sie sich beispielsweise bei Suchergebnissen selbst
begünstigen, indem sie die Interoperabilität mit Angeboten anderer Unternehmen einschränken
oder indem sie die Geschäftsdaten ihrer Partnerinnen und Partner in unlauterer Weise zum eigenen
Vorteil nutzen. Eine wirksame Kontrolle global agierender Gatekeeper-Unternehmen kann nicht
allein von der Ebene des nationalen Rechts und der Behörden der EU-Mitgliedstaaten ausgehen. Wir
unterstützen deshalb die Pläne zur Schaffung eines Digital Markets Act auf Ebene der Europäischen
Union, mit dem eine das Kartellrecht ergänzende europäische Regulierung für Gatekeeper-
Unternehmen geschaffen werden soll.
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Deutschland als Fürsprecher des Freihandels
Wir Freie Demokraten wollen, dass Deutschland international zum Fürsprecher des regelbasierten
Freihandels wird und den Abschluss weiterer Freihandelsabkommen vorantreibt. Hierfür muss die
Bundesregierung innerhalb Europas und der Welt protektionistischen Tendenzen entgegentreten
und eine aktive Führungsrolle bei Handelsverträgen, Investitionsabkommen und fairen
Investitionsbedingungen einnehmen. Zugleich muss sie die institutionelle Verankerung einer
regelbasierten Freihandelsordnung vorantreiben. Um der Handelspolitik in der nächsten
Bundesregierung mehr Gewicht zu verleihen, fordern wir eine Staatsministerin oder einen
Staatsminister für Außenhandel. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie wollen wir
zudem in „Bundesministerium für Wirtschaft, Freihandel und Energie“ umbenennen. Um die
Handlungsfähigkeit der Europäischen Union in der Handelspolitik zu erhalten, wollen wir
Freihandelsabkommen so gestalten, dass – wie etwa beim EU-Japan Abkommen – nur die
Zustimmung des Europäischen Parlaments, nicht aber die von nationalen und regionalen
Parlamenten benötigt wird. Dabei wollen wir in der EU und weltweit gegen Marktverzerrungen
vorgehen, die zum Beispiel durch stark subventionierte Staatsunternehmen entstehen. Wir setzen
uns zudem für den Grundsatz der Reziprozität ein, wonach Unternehmen nur dann Zugang zum
europäischen Markt haben sollten, wenn das umgekehrt auch der Fall ist.
WTO reformieren – Freihandel stärken
Wir Freie Demokraten wollen den bewährten Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO)
weiterentwickeln. Der Reformprozess muss transparent und inklusiv sein. Nationale Alleingänge und
Willkürzölle sowie neue nicht-tarifäre Handelshemmnisse lehnen wir ab. Wir setzen uns dafür ein,
die Blockade der WTO-Streitbeilegung schnellstmöglich zu lösen. Dies erfordert auch eine neue
umfassende Verhandlungsrunde, in der ein Interessenausgleich zwischen Industrie-, Schwellen- und
Entwicklungsländern erreicht wird. Im Rahmen dieser Verhandlungsrunde muss dabei auch evaluiert
werden, wo WTO-Regeln in der Praxis bisher nicht greifen. Wir wollen, dass Subventionen und
Dumping überall dort bekämpft werden, wo immer diese Praktiken einen fairen Wettbewerb
behindern. Aktuell betrifft das insbesondere den Bau von Verkehrsmitteln wie Zügen, Flugzeugen
und Schiffen.
Gründung eines transatlantischen Wirtschaftsraums
Wir Freie Demokraten wollen einen neuen Anlauf für ein umfassendes transatlantisches
Freihandelsabkommen und einen transatlantischen Wirtschaftsraum erreichen. Eine Blaupause kann
das EU-Freihandelsabkommen mit Kanada (CETA) liefern, das 2017 abgeschlossen wurde und endlich
auch von Deutschland ratifiziert werden sollte. Ebenso wollen wir das EU-Freihandelsabkommen mit
Mercosur zügig abschließen und ratifizieren.
Zukunftsbranche Tourismus – heimische Wirtschaft stärken
Wir Freie Demokraten wollen die Tourismuswirtschaft nachhaltig stärken. Nachhaltiges Reisen ist
durch die Pandemie verstärkt in den Fokus gerückt. Das gestärkte Bewusstsein sollte genutzt werden,
um den Tourismus nachhaltig weiterzuentwickeln. Deshalb brauchen wir ein pandemiefestes
Krisenmanagement, das die Tourismuswirtschaft für die Zukunft stärkt. Der Tourismus ist bis in
strukturschwache Regionen hinein ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Die Coronakrise
hat die vorher gesunde Branche und ihre rund drei Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
schwer getroffen. Zusätzlich stellen der Fachkräftemangel sowie zahlreiche Bürokratiepflichten
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gerade kleine und mittlere Unternehmen vor große Herausforderungen. Von einem starken
Zukunftskonzept profitiert die gesamte touristische Wertschöpfungskette – wie Gastronomie,
Einzelhandel und Dienstleistungen. Wir setzen auf Vielfalt statt ideologische Denkschranken. Deshalb
müssen Reisen und Individualverkehr durch Innovationen ökologischer werden. Als Motor fungiert
auch der Ausbau der Digitalisierung. Ohne Breitbandversorgung bleiben wir vom wachsenden Online-
Reisemarkt und von Reiseinnovationen abgehängt. Wir wollen daher Anreize für Investitionen
schaffen und überflüssige Bürokratie abschaffen.
Entlastung und faire Steuern
Deutschland gehört bei Steuern und Sozialabgaben zur Weltspitze. Wir Freie Demokraten wollen die
Balance zwischen Privat und Staat wiederherstellen, ohne dabei eine seriöse Haushaltspolitik
aufzugeben. Wir fordern ein grundlegendes Umdenken in der Steuerpolitik: Wir wollen die
Bürgerinnen und Bürger spürbar entlasten und damit die unabdingbare Voraussetzung für Impulse in
die wirtschaftliche Erholung unseres Landes schaffen. Das ist ein wichtiger Punkt auf unserer Agenda
für mehr Wachstum, denn nur mit Wachstum wird es gelingen, die Folgen der Coronapandemie zu
überwinden. Dabei stehen wir für eine solide und investitionsorientierte Haushaltspolitik und zur im
Grundgesetz verankerten Schuldenbremse. Denn jede Generation hat ihre Herausforderungen und
muss über die finanzpolitischen Spielräume verfügen, um diesen gerecht werden zu können.
Abgabenquote unter 40 Prozent senken!
Wir Freie Demokraten wollen eine Trendwende bei der Abgabenquote erreichen und die
Abgabenbelastung für die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber wieder auf unter 40 Prozent senken.
Unter Angela Merkel als Bundeskanzlerin stieg die Abgabenquote (Steuerquote plus
Sozialbeitragsquote) in Deutschland auf 41,4 Prozent - bei ihrem Amtsantritt lag diese noch bei 38,8
Prozent. Wir Freie Demokraten wollen diesen Irrweg verlassen, denn die Leistungsträgerinnen und
Leistungsträger unseres Landes dürfen nicht durch immer höhere Abgaben daran gehindert werden,
unseren Wohlstand zu sichern.
Neuen Schwung durch zielgerichtete Entlastungen
Wir Freie Demokraten wollen die Wirtschaft fördern und dafür auch im Steuerrecht gezielte Impulse
setzen: Indem wir Bürgerinnen und Bürger entlasten und den Unternehmen Perspektiven eröffnen,
die ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum ermöglichen. Denn Deutschland nimmt bei der
Steuerbelastung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen inzwischen einen weltweiten
Spitzenplatz unter den Industrienationen ein. Das schadet dem Standort Deutschland und verhindert
notwendige Investitionen.
Chancentarif statt Mittelstandsbauch
Wir Freie Demokraten wollen beim Einkommensteuertarif den sogenannten Mittelstandsbauch
vollständig abschaffen und so einen leistungsgerechteren linearen Chancentarif gestalten. Die
Abschaffung wollen wir in drei Schritten in den Jahren 2022 bis 2024 erreichen. Heute steigt die
Steuerlast bei kleinen und mittleren Einkommen besonders schnell an. Von Gehaltserhöhungen greift
sich der Staat mehr als die Hälfte. Das ist leistungsfeindlich und ungerecht. Deshalb brauchen wir
mehr Fairness bei den Steuern.
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Spitzensteuersatz nur für Spitzenverdiener
Wir Freie Demokraten wollen einen fairen Tarif bei der Einkommensteuer: den Chancentarif. Dazu
wollen wir den Spitzensteuersatz schrittweise „nach rechts verschieben“ – mit dem Ziel, dass dieser
erst ab einem Einkommen von 90.000 Euro greift. Dadurch wird der Steuertarif für alle
Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zusätzlich gestreckt. Die Belastung der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer ist in Deutschland mittlerweile so hoch wie kaum in einem anderen OECD-Staat
(Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung). Steuerpflichtige, die das 1,4-
fache des durchschnittlichen Bruttogehalts aller Arbeitnehmer in Deutschland erhalten, zahlen
momentan schon den Spitzensteuersatz. Im Jahr 1965 lag dieser Wert noch beim 18-fachen. Für uns
ist jedoch klar: Eine Durchschnittsverdienerin und ein Durchschnittsverdiener dürfen nicht fast schon
den höchsten Steuersatz zahlen. Das ist leistungsfeindlich und ungerecht. Umso wichtiger ist es,
Bürgerinnen und Bürger in Deutschland bei den Steuern und Abgaben nachhaltig und deutlich zu
entlasten. Wir lehnen auch eine weitere Verschärfung der Erbschaftsteuer ab.
Tarif auf Rädern – automatische Steuererhöhungen verhindern
Wir Freie Demokraten wollen den Einkommensteuertarif so ändern, dass der Staat nicht länger von
quasi automatischen Steuererhöhungen profitiert. Wir fordern deshalb eine regelmäßige Anpassung
des Steuertarifs einschließlich der Freibeträge, Freigrenzen und Pauschbeträge an die Entwicklung
von Gehältern und Preisen. Der Tarif wird also „auf Räder gestellt“. Ohne eine regelmäßige Korrektur
des Einkommensteuertarifs werden die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auch in den kommenden
Jahren erhebliche Mehrbelastungen zu tragen haben.
Solidaritätszuschlag wie versprochen komplett abschaffen
Wir Freie Demokraten wollen den Solidaritätszuschlag komplett abschaffen. Der Solidaritätszuschlag
war und bleibt eine nicht auf Dauer angelegte Sondersteuer. Ende 2019 lief der Solidarpakt aus.
Damit ist die Erhebung des Solidaritätszuschlags nicht mehr zu rechtfertigen. Durch die anhaltende
Erhebung auch 30 Jahre nach Wiederherstellung der Deutschen Einheit verspielt die Politik das
Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger. Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags ist eine Frage der
politischen Glaubwürdigkeit. Nicht zuletzt geht es hierbei auch um die Entlastung der vielen
betroffenen mittelständischen Unternehmen. Die Abschaffung ist daher zugleich Wirtschafts- und
Arbeitsmarktpolitik.
Keine neue Substanzbesteuerung
Wir Freie Demokraten lehnen eine einmalige Vermögensabgabe ebenso ab wie die Wiederbelebung
der Vermögensteuer. Beides ist für unsere mittelständisch geprägte Wirtschaft ein Hemmschuh bei
der Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie, weil den Unternehmen Liquidität
unabhängig von deren Ertragslage entzogen wird. Die Erbschaftsteuer sollte im Hinblick auf ihre
Administrierbarkeit und das sich in diesem Zusammenhang zu ihrer Erhebung ergebende Verhältnis
von Kosten und Nutzen überprüft werden.
Easy Tax – einfache Steuererklärung
Wir Freie Demokraten wollen Easy Tax einführen: die vorausgefüllte Steuererklärung mit einem
umfassenden digitalen Service für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Im
Besteuerungsverfahren muss umfangreicher auf innovative Lösungen gesetzt werden. Für
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Rentnerinnen und Rentner sollen durch Easy Tax immer
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vollständige Steuererklärungen vom Finanzamt vorbereitet werden, die von den Betroffenen nur
noch bestätigt werden müssen. Für die Kontrolle der verarbeiteten Daten sowie die Angabe
zusätzlicher Pflichtangaben, die den Finanzbehörden nicht bekannt sind, erhalten die
Steuerpflichtigen eine angemessene Frist. Selbstverständlich muss das im Einklang mit dem Prinzip
der Datensouveränität jeder einzelnen Bürgerin und jedes einzelnen Bürgers erreicht werden, denn
freiwillige Angaben gegenüber dem Finanzamt sollen auch mit Easy Tax freiwillig bleiben. Ziel muss
es sein, dass Steuerbescheide in diesen Fällen innerhalb von wenigen Tagen bekannt gegeben
werden können.
Bagatell- und Lenkungssteuern abschaffen
Wir Freie Demokraten wollen überflüssige Bagatell- und Lenkungssteuern wie die Schaumwein- und
Zwischenerzeugnissteuer, die Biersteuer oder die Kaffeesteuer abschaffen. Die Beibehaltung dieser
Steuern verursacht viel Bürokratie. Demgegenüber stehen nur geringe Einnahmen.
Steuerliche Erleichterungen für Homeoffice
Wir Freie Demokraten wollen für das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbarte
Homeoffice eine erhöhte Werbungskostenpauschale gewähren. Die vom Arbeitgeber gestellte
Büroausstattung soll vom Arbeitnehmer steuerfrei genutzt werden können. Darüber hinaus soll im
Interesse der Rechtssicherheit auch der rechtliche Rahmen von Homeoffice-Arbeit den tatsächlichen
Gegebenheiten angepasst und den für mobile Arbeitsplätze geltenden Vorschriften angeglichen
werden.
Doppelbesteuerung von Renten verhindern
Wir Freie Demokraten wollen eine Doppelbesteuerung von Renten verhindern und die
Beweislastumkehr zugunsten der Steuerpflichtigen einführen. Das gilt für alle Rentenbezieherinnen
und Rentenbezieher – besonders für Selbstständige, bei denen die Gefahr einer Doppelbesteuerung
am größten ist. Die Rentenkassen und die Finanzverwaltung sollen dazu detaillierte und individuelle
Berechnungen vorlegen. Damit soll ersichtlich werden, ob und in welchem Umfang es zu einer
doppelten Besteuerung von Renteneinkünften kommt.
Spekulationsfrist einführen – Sparerfreibetrag erhöhen
Wir Freie Demokraten wollen die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist von drei Jahren für
private Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren. Den Sparerfreibetrag wollen wir deutlich anheben.
Sparerinnen und Sparer sowie Kleinanleger sollen entlastet werden. Wir wollen die langfristige
Kapitalanlage in Unternehmen attraktiver gestalten, damit mehr Menschen beim Sparen und bei der
Altersvorsorge an den Wachstumsgewinnen teilhaben können.
Mitarbeiterkapitalbeteiligung als Eigentumsturbo
Wir Freie Demokraten wollen die Mitarbeiterkapitalbeteiligung als Chance für den langfristigen
Vermögensaufbau etablieren. Aber auch für Start-ups sind Mitarbeiterbeteiligungsprogramme
unerlässlich, um im internationalen Wettbewerb gut qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Um die
schlechten Rahmenbedingungen hierzulande zu verbessern, soll die Besteuerung erst bei der
Veräußerung einsetzen und der von Unternehmensbeteiligungen entsprechen. Zudem wollen wir
eine eigene Anteilsklasse für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen schaffen, um den teuren und
administrativ aufwendigen Prozess der Übertragung von GmbH-Anteilen zu vereinfachen.
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Investitionen in die Zukunft
Die vor uns liegenden Herausforderungen bergen die Chance für eine zukunftsorientierte
Neuausrichtung für mehr Wachstum und Innovation. Wir sind überzeugt, dass anhaltendes
Wirtschaftswachstum den Weg aus der Krise in die neue Zeit ebnet. Wir Freie Demokraten wollen
daher neue Impulse durch Zukunftsinvestitionen entfachen.
INVEST IN GERMANY – 25 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt
Wir Freie Demokraten wollen, dass im Jahr 2025 in Deutschland 25 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts investiert werden – und zwar vor allem privat und nicht vorrangig vom Staat.
Dafür wollen wir die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Der Staat muss seine Investitionen
sowie die sonstigen steuer- und wirtschaftspolitischen Instrumente so einsetzen, dass auch private
Unternehmen gern in Deutschland investieren.
Höchstens 50 Prozent Sozialausgaben im Bundeshaushalt
Wir Freie Demokraten wollen die Höhe der Sozialausgaben grundsätzlich bei 50 Prozent des
Bundeshaushalts deckeln. Die Bundesregierung bindet mehr als die Hälfte des Haushaltes für
Sozialausgaben – und das ist keine Folge der Coronakrise, in der Hilfen für Betroffene richtig sind.
Investitionen in die Zukunft unseres Landes und originäre staatliche Kernaufgaben wie Bildung,
innere Sicherheit oder die Bereitstellung einer modernen Infrastruktur werden dadurch immer mehr
in den Hintergrund gedrängt.
Tilgungsturbo für die Corona-Schulden
Wir Freie Demokraten wollen die Schuldenstandsquote Deutschlands gemäß den Maastricht-
Kriterien zügig wieder unter die 60-Prozent-Marke senken. Auf die Coronakrise konnte nur deshalb
so entschlossen reagiert werden, weil die deutsche Staatsverschuldung in den Jahren davor auf unter
60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gesunken war. Um auf zukünftige Krisen vorbereitet zu sein,
müssen die Corona-Schulden so schnell wie möglich abgebaut werden. Nur so bleibt Deutschland
handlungsfähig. Und nur so hinterlassen wir unseren Kindern solide Finanzen. Dabei stehen wir für
eine solide und investitionsorientierte Haushaltspolitik und zur im Grundgesetz verankerten
Schuldenbremse. Denn jede Generation hat ihre Herausforderungen und muss über die
finanzpolitischen Spielräume verfügen, um diesen gerecht werden zu können.
Zukunftsfonds zur Start-up-Finanzierung ausbauen
Wir Freie Demokraten wollen den Zukunftsfonds (Dachfonds) zur Start-up-Finanzierung deutlich
ausbauen. Anstatt nur mehr staatliche Mittel bereitzustellen, wollen wir für privates Kapital die
Investition in Wagniskapital attraktiver gestalten. Der Dachfonds baut eine Brücke, um die
derzeitigen Hindernisse, wie zu hohe Eigenkapitalanforderungen oder zu kleine Investitionssummen,
zu überwinden. Der Dachfonds steht institutionellen Investorinnen und Investoren, „Family Offices“
und erfahrenen Privatanlegerinnen und Privatanlegern offen. Er sammelt Geld ein und investiert es
hauptsächlich in deutsche Venture-Capital-Fonds. Zugleich profitieren die Bürgerinnen und Bürger
über ihre Altersvorsorge von den hiesigen Gründungserfolgen.
Gründungszuschuss in allen Lebenslagen
Wir Freie Demokraten fordern einen branchenunabhängigen Gründungszuschuss, der entkoppelt von
einer vorhandenen Arbeitslosigkeit gewährt wird. Zum Beispiel sollen sich die Gründerinnen und
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Gründer auch während beziehungsweise nach der Familienphase einmalig um eine Förderung in der
Startphase bewerben können. Dafür muss ein tragfähiges Existenzgründungskonzept vorliegen.
Vorbild kann hier das NRW-Gründerstipendium sein. Zur sozialen Absicherung soll, befristet auf
maximal 15 Monate, zudem eine Pauschale von 300 Euro gewährt werden, die eine freiwillige
Absicherung in den gesetzlichen Sozialversicherungen ermöglicht. Krankenkassenbeiträge von
freiwillig gesetzlich versicherten Selbstständigen sollen anhand des tatsächlichen Einkommens
bemessen werden. Damit fördern wir Gründungen in allen Lebenslagen.
Besserer Zugang zu Wagniskapital für Frauen
Wir Freie Demokraten wollen insbesondere Gründerinnen beim Zugang zu und bei der Einwerbung
von Wagniskapital unterstützen. Dazu fordern wir die Einrichtung eines Venture-Capital-Fonds in
Form einer öffentlich-privaten Partnerschaft. Durch die Schaffung eines Netzwerkes für
Investorinnen sowie weiblichen „Business Angels“ sollen zudem gezielt Frauen bei ihren
Gründungsvorhaben unterstützt werden. Außerdem soll der Fonds gewährleisten, dass Frauen den
gleichen Zugang zu Wagniskapital haben.
Faire Regeln bei der internationalen Besteuerung
Regeln müssen für alle gelten. Dazu gehört auch, dass vor allem große internationale Unternehmen
ihren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Wir Freie Demokraten setzen uns für faire
Regeln und ein gerechtes Steuersystem ein.
Klare internationale Regeln für fairen Steuerwettbewerb – keine Alleingänge
Wir Freie Demokraten wollen eine faire Besteuerung für alle Unternehmen weltweit. Große
internationale und digitale Unternehmen müssen ihren Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens
leisten. Deshalb unterstützen wir entsprechende internationale Arbeiten auf OECD- und G20-Ebene.
Ein Alleingang der EU könnte dagegen auch in Deutschland zu Wettbewerbsverzerrungen und zum
Verlust von Arbeitsplätzen führen. Doppelbesteuerung wollen wir genauso verhindern wie
Steuerverluste durch Verlagerungen. Denn sonst drohen zusätzliche Steuerlasten für die schon stark
belasteten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie für kleine und mittelständische Betriebe.
Transparenter Steuerwettbewerb in der EU
Wir Freie Demokraten fordern eine EU-einheitliche Bemessungsgrundlage für die Körperschaftsteuer.
Dadurch wird die Höhe der Besteuerung in den einzelnen Mitgliedstaaten besser vergleichbar.
Dementsprechend sind wir ausdrücklich gegen die Zulässigkeit sogenannter Tax-Deals, mit denen
große Unternehmen die Höhe ihrer eigenen Besteuerung mit den Behörden eines Mitgliedstaats
individuell aushandeln können. Damit stehen wir für einen transparenten Steuersatzwettbewerb auf
der Basis vergleichbarer Bemessungsgrundlagen innerhalb der Europäischen Union.
Steuerhinterziehung weltweit abgestimmt bekämpfen
Wir Freie Demokraten wollen Steuerhinterziehung und unlauteres Steuerdumping mit wirksamen
und verhältnismäßigen Mitteln bekämpfen. Deutschland muss als Exportnation ein Interesse daran
haben, möglichst weltweit abgestimmte Regeln zur internationalen Verteilung der
Besteuerungsrechte auch in Zeiten digitaler Geschäftsmodelle zu erreichen. Diese müssen sowohl
ungerechtfertigte Nichtbesteuerung als auch schädliche Doppelbesteuerung von Erträgen
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verhindern. Dabei ist sicherzustellen, dass das Steueraufkommen in Deutschland langfristig gesichert
wird.
Bildung der Zukunft – Chancen für Aufstieg und Selbstbestimmung
Bildung ist die elementare Voraussetzung für individuelles Vorankommen und ein selbstbestimmtes
Leben. Die Chance zum sozialen Aufstieg hängt heute mehr denn je von der Bildung ab. Wir Freie
Demokraten wollen, dass jeder Mensch sein volles Potential ausschöpfen kann – und das ein Leben
lang. Deshalb arbeiten wir dafür, dass modernste Bildung in Deutschland zum Standard wird.
Ein Prozent der Mehrwertsteuereinnahmen zusätzlich in Bildung investieren
Wir Freie Demokraten fordern, einen Prozentpunkt des bestehenden Mehrwertsteueraufkommens
zusätzlich in Bildung zu investieren. Dazu sollen sich Bund und Länder unter Einbeziehung der
Kommunen in einem Staatsvertrag verpflichten. Das ermöglicht zusätzliche Investitionen von rund
2,5 Milliarden Euro in den Bildungssektor, die für die umfassende Modernisierung unseres
Bildungssystems dringend notwendig sind. So können wir Deutschland in die Top 5 der OECD-Staaten
bringen.
Zukunftsfähiger Bildungsföderalismus
Wir Freie Demokraten fordern bundesweite Abschlussprüfungen für die Mittlere Reife und das Abitur
sowie qualitativ hochwertige Bildungsstandards. Wir brauchen mehr Innovationen und
Qualitätssicherung durch Vergleichbarkeit in der Bildung. Wir fordern eine Reform des
Bildungsföderalismus und eine Grundgesetzänderung, damit Bund und Länder zusammen für die
Sicherstellung der Qualität, die Leistungsfähigkeit und die Weiterentwicklung des Bildungswesens
wirken können. Wir leisten uns 16 verschiedene Schulsysteme, Lehrpläne und Prüfungsordnungen,
stellen aber nicht sicher, dass die Schulbildung deutschlandweit die höchste Qualität hat. Wir wollen
zukunftssichere Schulen, in denen die besten Arbeitsmöglichkeiten fürs Lehren und Lernen zur
Verfügung stehen.
Autonomie der Schulen stärken
Wir Freie Demokraten wollen die Autonomie der Schulen stärken und den Schulen mehr
pädagogische, personelle und finanzielle Freiheiten geben. Jede Schule soll ein eigenes Budget
erhalten, über dessen Verwendung sie autonom entscheidet. Im Rahmen der Schulautonomie kann
der Unterricht zum Beispiel in einem modularen System organisiert und so individuell auf die
einzelne Schülerin oder den einzelnen Schüler zugeschnitten werden. Zugleich erhalten die
Schülerinnen und Schüler dadurch eine größere Wahlfreiheit und die Schule kann den
unterschiedlichen Leistungsniveaus der Schülerinnen und Schüler individueller gerecht werden.
Ebenso soll dadurch ein Unterricht in fächerübergreifenden Projekten besser möglich gemacht
werden. Auch Personalentscheidungen und die Auswahl der Lehrmittel trifft die Schule vor Ort. Für
Schulen in freier Trägerschaft fordern wir gleichwertige Unterstützung. Wir werben für
Schulfreiheitsgesetze in den Ländern, um den Schulen mehr Möglichkeiten zur Profilentwicklung zu
geben. Einheitliche Bildungsstandards geben das Ziel vor, sich am Niveau der besten
Bildungseinrichtungen der Welt zu orientieren. Um die Standards erreichen zu können, müssen
Schulen durch exzellente Fortbildungen bei der Schul- und Unterrichtsentwicklung unterstützt
werden. Die PISA-Studie zeigt, dass Kinder an Schulen mit größerer Gestaltungs- und
Entscheidungsfreiheit deutlich bessere Leistungen erzielen.
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Schulen und Kitas finanziell stärken
Wir Freie Demokraten wollen Schulen und Kitas finanziell stärken, indem wir ihre Finanzierung auf
drei Säulen stellen: einen Sockelbetrag entsprechend der Größe der Einrichtung, Bildungsgutscheine,
die pro Kind einen Zuschuss gewähren, und einen „German Dream“-Zuschuss für Kinder mit
niedrigem sozioökonomischen Status. Der feste Sockelbetrag garantiert die Überlebensfähigkeit
gerade von kleineren Schulen im ländlichen Raum und die Finanzierung über das Modell der
Bildungsgutscheine garantiert eine bedarfsorientierte Finanzierung von Bildungseinrichtungen.
Zugleich wird ein gesunder Wettbewerb gefördert und die Wahlfreiheit der Eltern und Kinder
gestärkt. Schließlich können die Bildungseinrichtungen dank dem „German Dream“- Zuschuss
eigenverantwortlich individuelle Förderkonzepte für Kinder und Jugendliche mit mehr Förderbedarf
anbieten. Gleichzeitig verhindern wir ein Auseinanderdriften der Schulqualität.
Mit Talentschulen soziale Nachteile überwinden
Wir Freie Demokraten wollen in ganz Deutschland Talentschulen mit modernster Pädagogik und
bester Ausstattung aufbauen – insbesondere in kinderreichen Stadtteilen und in Regionen mit
großen sozialen Herausforderungen. Dabei orientieren wir uns am erfolgreichen Konzept der
Talentschulen in Nordrhein-Westfalen.
Förderung für Menschen mit Behinderung und Lernschwäche
Wir Freie Demokraten wollen Menschen mit Behinderung und Lernschwäche bestmöglich fördern.
Die Wahlfreiheit zwischen Regelunterricht und speziellen Klassen beziehungsweise Schulen soll bei
Eltern und ihren Kindern liegen. Wir setzen uns daher für den Erhalt dieser ein. Wir möchten dafür
sorgen, dass jedes Kind das Bestmögliche aus seinen Potentialen machen kann und gut auf ein
möglichst selbstbestimmtes Leben vorbereitet wird.
Frühkindliche Bildung stärken
Wir Freie Demokraten wollen die Qualität der frühkindlichen Bildung stärken. Dafür müssen sich
Bund und Länder auf ambitionierte gemeinsame Standards für Betreuungsschlüssel und
frühkindliche Bildungsinhalte verständigen. Um die Attraktivität des Erzieherberufs zu stärken,
schlagen wir vor, dass die Ausbildung zur Fachkraft im Bereich der frühkindlichen Bildung bundesweit
nicht nur schulgeldfrei erfolgt, sondern auch vergütet wird. Qualitativ hochwertige Aus- und
Fortbildungsmöglichkeiten werten das Berufsbild von Erzieherinnen und Erziehern spürbar auf.
Sprache früh fördern
Wir Freie Demokraten fordern, dass jedes Kind mindestens ein Jahr vor der Einschulung an einem
Deutschtest teilnimmt. Werden Sprachdefizite zum Beispiel durch Erzieherinnen oder Erzieher in
Kitas und bei kinderärztlichen Untersuchungen früh erkannt, können sie auch frühzeitig durch
zielgerichtete Fördermaßnahmen ausgeglichen werden. So können wir jedem Kind gerechtere
Startchancen verschaffen. Zudem fördern wir die altersgerechte Vermittlung von Fremdsprachen im
Kindesalter durch entsprechende pädagogische Konzepte. Das Potential von Kindern, spielerisch
Sprachen zu erlernen, wollen wir stärker fördern.
MINT-Bildung frühzeitig stärken – Mädchen und Frauen gezielt fördern
Wir Freie Demokraten fordern eine Offensive für die Bildung in Mathematik, Informatik,
Naturwissenschaften und Technik (MINT). Kinder müssen eine frühzeitige MINT-Bildung erhalten.
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Daher fordern wir verpflichtende, qualitativ hochwertige und bundesweite Qualitäts- und
Bildungsstandards in der frühkindlichen MINT-Bildung. Pädagoginnen und Pädagogen müssen für
experimentelles und forschendes Lernen in allen Kitas ausgebildet werden. Wir fordern ein gezieltes
Maßnahmenpaket für die Förderung von Mädchen und Frauen im MINT-Bereich. Außerschulische
Initiativen wie das „Haus der kleinen Forscher“ wollen wir dabei weiter stärken.
Experimentelles Lernen und Kreativzonen durch MakerSpaces
Wir Freie Demokraten fordern MakerSpaces an Schulen: Kreativzonen, in denen digitale Medien eine
zentrale Rolle spielen. Dabei setzen wir auch auf verstärkte Kooperationen mit außerschulischen
Initiativen. In einem ersten Schritt wollen wir ein Bund-Länder-Programm für die Errichtung von
1.000 MakerSpaces an Pilotschulen einrichten. Lehrkräfte müssen für MakerSpaces gezielt aus- und
weitergebildet werden. Durch experimentelles Lernen wollen wir die Kreativität und das Interesse an
unternehmerischen und selbstständigen Lebenswegen fördern.
Schulfach Wirtschaft und Informatik
Wir Freie Demokraten fordern die bundesweite Einführung der Schulfächer Wirtschaft und
Informatik. An deutschen Schulen werden sie noch immer nicht ausreichend angeboten, obwohl sie
heutzutage wie Rechnen, Lesen und Schreiben zum Basiswissen gehören sollten. Wir wollen den
Schülerinnen und Schülern Kenntnisse über unser Wirtschaftssystem mit auf den Weg geben und
ihren Gründergeist sowie die Innovationsfreude schon im Schulalter fördern. Um mit Desinformation,
Hatespeech, Cybermobbing, Datenschutz und Online-Sucht richtig und autonom umgehen zu
können, müssen die digitalen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler gefördert werden.
Einbindung außerschulischer Akteure und Initiativen
Wir Freie Demokraten fordern Qualitätskriterien und Leitfäden für die Zusammenarbeit zwischen
Schulen und außerschulischen Initiativen. Engagierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
sowie Expertinnen und Experten jeden Alters können Schülerinnen und Schülern lebens- und
alltagsnah von ihrer Arbeit erzählen, zum Ausprobieren einladen und die Bedeutung ihrer Forschung
für die Gesellschaft erläutern. Dadurch können Schülerinnen und Schüler unabhängig vom Elternhaus
neue Perspektiven erhalten. Zivilklauseln oder das pauschale Aussperren von Unternehmen, Parteien
sowie der Bundeswehr lehnen wir im Bildungsbereich ab.
Chancen für Aufstieg unabhängig von der Herkunft
Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, Initiativen in Form von Aufstiegspatenschaften
einzubinden, um Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen Elternhäusern zu helfen, den eigenen
Weg zu beruflichen Bildungsabschlüssen oder an die Hochschule zu gehen. Durch die Beratung und
Unterstützung für die eigenen Lebens- auf Aufstiegspläne kann vor allem Jugendlichen aus
nichtakademischen Elternhäusern der Weg an die Hochschule geebnet werden. Sie kann in Form
einer Patenschaft mit Organisationen wie ArbeiterKind.de gerade bei Fragen zur Studienfinanzierung,
Bewerbung für Stipendien und Planung von Auslandssemestern unterstützen. Als Ergänzung zu den
bereits bestehenden Initiativen können die Schulen in Kooperation mit den Kammern und
Hochschulen „Aufstiegsscouts“ schaffen, die als Ansprechpersonen für Schülerinnen und Schüler
fungieren, die sich über die Chancen und Wege zu einer Berufsausbildung oder zu einem Studium
informieren möchten. Zudem können sie Schülerinnen und Schülern helfen, Netzwerke zu knüpfen.
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Weltbeste Lehrkräfte
Wir Freie Demokraten fordern eine Stärkung des Lehrerberufs. Dazu braucht es attraktive
Arbeitsbedingungen, eine hochwertige Aus- und Fortbildung, transparente und anspruchsvolle
Aufstiegsmöglichkeiten, immaterielle Wertschätzung sowie eine Bezahlung, die individuelles
Engagement belohnt. Die Lehrerausbildung wollen wir bundesweit zu einem dualen
Lehramtsstudium weiterentwickeln, das Theorie- und Praxisphasen von Beginn an eng miteinander
verzahnt. Der Lehrkräftemangel ist noch immer allgegenwärtig. Deshalb wollen wir Anreize schaffen,
die junge Menschen wieder für den Beruf begeistern.
Exzellente Lehreraus- und -fortbildung
Wir Freie Demokraten fordern bundesweite Mindeststandards für eine exzellente Lehrerausbildung.
Wir brauchen eine gute Balance zwischen fachwissenschaftlicher und pädagogischer Bildung. Dabei
müssen Digitalkompetenzen, die Chancen der Künstlichen Intelligenz für Lernprozesse sowie digitale
Lern- und Lehrmethoden feste Bestandteile der Lehrerausbildung werden. Darüber hinaus fordern
wir die Einrichtung einer Deutschen Lehrkräfteakademie, die entsprechende Fortbildungen
entwickelt und anbietet. Die Fortbildungen sollen auf neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen
basieren und die regelmäßige Teilnahme soll für Lehrerinnen und Lehrer verpflichtend sein.
Digitalpakt 2.0
Wir Freie Demokraten fordern einen Digitalpakt 2.0, der die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten
der Kooperation von Bund und Ländern im Bildungsbereich vollständig nutzt. Zusätzlich zur Technik
muss auch in IT-Administratorinnen und IT-Administratoren, Dienstgeräte für Lehrkräfte, digitales
Lernmaterial sowie Fortbildungen investiert werden. Die Coronakrise hat gezeigt, dass die
finanziellen Mittel für WLAN und Hardware allein nicht ausreichend sind, um im Notfall digitalen
Unterricht von zu Hause aus zu ermöglichen. Die Digitalisierung von allgemeinbildenden, beruflichen
und sonderpädagogischen Schulen muss ganzheitlich gedacht werden – von der Ausstattung bis zur
Nutzung. Die Schule muss digital gestütztes Lernen in Präsenz genauso anbieten wie Lernen auf
Distanz.
Learning Analytics: Moderne Lernmethoden fördern
Wir Freie Demokraten fordern die Entwicklung klarer Standards zum Einsatz von Learning Analytics
an Schulen. Künstliche Intelligenz bietet eine Möglichkeit zur Individualisierung des Lernens und
Lehrens von Kindern und Jugendlichen. Dieses Potential von Learning Analytics soll genutzt werden.
Die Auswertung von Daten über Lernende verbessert das Lernen und die Lernumgebung. Dies muss
aber unter Wahrung des Datenschutzes geschehen.
Midlife-BAföG – ein zweites Bildungssystem für das ganze Leben
Wir Freie Demokraten wollen ein „Midlife-BAföG“ von bis zu 1.000 Euro im Jahr einführen. Darüber
hinaus soll in einem persönlichen Freiraumkonto unabhängig vom Arbeitgeber das steuer- und
abgabenfreie Ansparen für Weiterbildungsangebote und Bildungsauszeiten ermöglicht werden.
Damit schaffen wir ein zweites Bildungssystem für das ganze Leben. Zudem soll die Vielzahl von
Bildungsangeboten für das lebenslange Lernen von öffentlichen wie privaten Anbieterinnen und
Anbietern transparent und strukturiert auf einer zentralen digitalen Plattform einsehbar sein. Diese
digitale Bildungsarena soll den Zugang zu Weiterbildungen erleichtern und gleichzeitig die
Anerkennung informell sowie non-formal erworbener Kompetenzen ermöglichen.
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Akademische Weiterbildung stärken
Wir Freie Demokraten wollen Hochschulen stärker für die akademische Weiterbildung und für
Lehrangebote jenseits der Erstausbildung öffnen. Aufgrund rechtlicher und finanzieller Hürden
beschränken Hochschulen ihr Weiterbildungsengagement zumeist auf ausgewählte Ausgründungen
und Business Schools. Instrumente zur Studienfinanzierung stehen im Regelfall nur für jüngere
Altersgruppen zur Verfügung. Im fairen Wettbewerb mit den Angeboten privater Hochschulen
schaffen wir die rechtlichen und finanziellen Voraussetzungen, um Hochschulen zu
Bildungseinrichtungen für das ganze Leben weiterzuentwickeln.
Vier Mal 1.000 Euro – Weiterbildung, Eigentum und Altersvorsorge
Wir Freie Demokraten wollen mit der Formel „vier Mal 1.000 Euro“ Bildungs-, Sozial- und
Wirtschaftspolitik verbinden. Unser konkreter Vorschlag lautet: bis zu 1.000 Euro beim Midlife-
BAföG, in einem ersten Schritt zusätzliche 1.000 Euro Steuerfreibetrag für
Mitarbeiterkapitalbeteiligung, für jedes neugeborene Kind ein perspektivisch weiter steigender
Startbonus von 1.000 Euro in der gesetzlichen Aktienrente und 1.000 Euro Sparer-Pauschbetrag.
Damit stärken wir das Eigentum in der Mitte der Gesellschaft und die Chancen auf Weiterbildung und
Aufstieg für jeden Menschen.
Berufliche Bildung
Das duale System der beruflichen Bildung in Deutschland ist weltweit ein Vorbild und Erfolgsfaktor
für unseren Wirtschaftsstandort. Die Verbindung von Praxis im Betrieb und Theorie in der
Berufsschule bietet jungen Menschen vielfältige Chancen in der Arbeitswelt. Zudem trägt sie in
Zeiten des demographischen Wandels zur Fachkräftesicherung bei – etwa im Handwerk, in Industrie
und Handel sowie in den Freien Berufen. Wir Freie Demokraten wollen unser erfolgreiches
berufliches Bildungssystem daher stärken und fit für die Zukunft machen. Wer die berufliche Bildung
stärkt, stärkt den Mittelstand.
Exzellenzinitiative Berufliche Bildung
Wir Freie Demokraten fordern eine Exzellenzinitiative Berufliche Bildung, um die Attraktivität und
Innovationskraft der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu stärken. Um sich den Herausforderungen
der digitalen Arbeitswelt zu stellen, braucht das System der beruflichen Bildung ein Update. Ein
bundesweiter Exzellenzwettbewerb soll die besten Ideen zur Zukunft der beruflichen Bildung mit
hochrangigen Auszeichnungen und mehrjährigen Zuschüssen fördern. Ein Zentrum für digitale
Berufsbildung soll berufsbildende Schulen und ausbildende Betriebe in der Konzeption und
Umsetzung digitaler Ausbildungsangebote unterstützen. Schulen der beruflichen Bildung wollen wir
um kreative MakerSpaces und offene Werkstätten (FabLabs) erweitern.
Begabtenförderung für Talente der beruflichen Bildung öffnen
Wir Freie Demokraten wollen Talenten der beruflichen Bildung den gleichwertigen Zugang zu den
Begabtenförderungswerken und zum Deutschlandstipendium ermöglichen. Neben einer finanziellen
Unterstützung ist die Öffnung der ideellen Förderung für Stipendiatinnen und Stipendiaten aus der
beruflichen Aus- und Weiterbildung von Bedeutung. Durch eine Öffnung der Förderung schaffen wir
attraktive Perspektiven für Talente aus der beruflichen Bildung. Auch sie sollen künftig von Seminar-
und Schulungsangeboten profitieren. So schaffen wir mehr Gleichwertigkeit zwischen akademischer
und beruflicher Bildung.
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Mehr Flexibilität im System der beruflichen Bildung ermöglichen
Wir Freie Demokraten wollen artverwandte Berufe nach Maßgabe der Sozialpartner in Berufsfelder
zusammenfassen. In einer ersten Ausbildungsphase sollen zunächst gemeinsame Kompetenzen
erworben werden. Berufsübergreifende Kompetenzen schaffen berufliche Mobilität und
Selbstbestimmung, ohne spezialisierte Kompetenzen in der Ausbildung zu vernachlässigen. Sie
erhöhen die dauerhafte Beschäftigungsfähigkeit künftiger Fachkräfte. Das Berufsprinzip mit
berufsspezifischen Abschlussprüfungen bleibt dabei erhalten.
Internationaler Austausch in der beruflichen Bildung
Wir Freie Demokraten wollen bis 2030 mindestens 20 Prozent aller Auszubildenden eine persönliche
Auslandserfahrung ermöglichen. Zugleich wollen wir europäische Jugendliche bei einer Ausbildung in
Deutschland mit einem Programm unterstützen. In einer globalisierten Arbeitswelt werden
sprachliche und interkulturelle Kompetenzen immer wichtiger. Analog zum Deutschen Akademischen
Austauschdienst (DAAD) braucht es einen Deutschen Beruflichen Austauschdienst, der
Auszubildende, Betriebe und Berufsschulen bei Auslandsaufenthalten unterstützt. Die Programme
„Erasmus+“ und „AusbildungWeltweit“ wollen wir ausbauen. Internationale Wahl- und
Zusatzqualifikationen sollen in Aus- und Fortbildungsordnungen verankert und neue internationale
Berufe geschaffen werden. Zudem müssen die in der Kopenhagener Erklärung vereinbarten Ziele wie
die Anerkennung von Qualifikationen innerhalb der EU konsequent umgesetzt werden.
Azubi-Botschafter und Aufstiegs-BAföG
Wir Freie Demokraten wollen eine praxisnahe Berufsorientierung mit Azubi-Botschaftern auch an
Gymnasien. Berufsorientierungsangebote und Praktika soll es in enger Kooperation mit der
Wirtschaft an allen Schulformen geben. Flächendeckend wollen wir Jugendberufsagenturen
ausbauen. Das Aufstiegs-BAföG soll Teilzeitfortbildungen und interdisziplinäre Bildungswege besser
fördern. Hybride Angebote und eine bessere Anerkennung bereits erworbener Kompetenzen sollen
die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung erhöhen. Der öffentliche Dienst
muss berufliche Qualifikationen für höhere Karrierewege gleichberechtigt anerkennen.
Einstieg in die berufliche Ausbildung unterstützen – Zukunftsgarantie schaffen
Wir Freie Demokraten fordern eine Zukunftsgarantie für junge Menschen, die keinen
Ausbildungsplatz finden können. Dazu wollen wir das kleinteilige Übergangssystem zwischen Schule
und Ausbildung auf ein bundesweites Programm mit regionaler und individueller Ausgestaltung
fokussieren sowie regelmäßig evaluieren. Unsere Zukunftsgarantie steht auf drei Säulen: Erstens
wollen wir die Einstiegsqualifizierung reformieren und den Teilnehmenden sozialpädagogisch
geschulte Lernprozessbegleiterinnen und -begleiter zur Seite stellen. Zweitens wollen wir
außerbetriebliche Ausbildungsangebote in Regionen mit einer erheblichen Unterversorgung an
Ausbildungsplätzen bedarfsgerecht in enger Abstimmung mit den Sozialpartnern stärken, wobei der
Übergang in eine betriebliche Ausbildung stets vorrangiges Ziel bleibt. Drittens wollen wir
sicherstellen, dass der Zugang zu Praktika für Schülerinnen und Schüler unabhängig von der sozialen
Herkunft gewährleistet ist. Die berufliche Ausbildung selbst wollen wir durchlässiger gestalten.
Hierzu wollen wir Teilqualifizierungen ausbauen, die Ausbildungsdauer flexibilisieren, digitale
Ausbildungsangebote fördern und verstärkt Teilzeitausbildungen ermöglichen.
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Hochschule und Forschung
Moderne Hochschulen und beste Forschungsbedingungen sind die Grundlage für Innovation und
Fortschritt in unserem Land und weltweit. Sie öffnen neue Chancen für unsere Gesellschaft und für
die Bekämpfung globaler Herausforderungen – sei es beim Klimawandel durch die Entwicklung
klimafreundlicher Kraftstoffe oder beim Schutz der Gesundheit durch neue Impfstoffe. Wir wollen für
eine moderne Forschungspolitik sorgen, die Chancen in neuen Technologien sieht und mit Gefahren
verantwortungsvoll umgeht.
Gründung einer European Digital University (EDU)
Wir Freie Demokraten fordern die Gründung einer European Digital University (EDU). In vorrangig
digitalen Lehrformaten soll diese Dachorganisation in europäischer Trägerschaft Menschen in ganz
Europa einen ortsunabhängigen Zugang zu den besten Lehrangeboten ermöglichen. Eine solche EDU
soll die verbleibenden Grenzen der Bildungsmobilität überwinden und Menschen unabhängig von
ihrer persönlichen Lebenssituation, ihrer sozialen und geographischen Lage die Teilnahme an
weltbester Lehre und akademischer Weiterbildung ermöglichen. Als einzigartige Plattform für
Lehrende und Lernende soll die EDU die digitalen E-Learning-Angebote der beteiligten staatlichen
und privaten Hochschulen aller EU-Mitgliedstaaten zusammenfassen und über die Grenzen der EU
hinaus bekannt machen.
Elternunabhängiges Baukasten-BAföG
Wir Freie Demokraten wollen ein elternunabhängiges Baukasten-BAföG einführen. Die freie Wahl des
Studiums darf nicht länger von der Unterstützung der Eltern abhängen. Studierende sollen analog
zum bisherigen Kindergeld beziehungsweise Kinderfreibetrag der Eltern einen monatlichen
Sockelbetrag von 200 Euro erhalten. Weitere 200 Euro sollen bei ehrenamtlichem Engagement oder
Nebentätigkeiten als Zuschuss gewährt werden. Darüber hinaus soll ein monatlich anpassbares,
zinsfreies und erst bei gutem Einkommen rückzahlbares Darlehen die notwendige finanzielle
Flexibilität sichern. Die Förderhöchstdauer soll künftig die Regelstudienzeit plus zwei Semester
umfassen. Studienfachwechsel sollen keinen Einfluss auf die Gesamtförderdauer haben.
Höchstaltersgrenzen werden aufgehoben und Zuverdienstgrenzen werden angehoben. Die
Beantragung und Verwaltung des BAföG wollen wir vollständig digitalisieren.
Qualitätsoffensive für die Hochschullehre
Wir Freie Demokraten fordern eine Qualitätsoffensive für die Hochschullehre. Mittelzuweisungen
des Bundes sollen künftig auch auf Basis qualitätsorientierter Kriterien erfolgen. Eine bundesweite
Beratung soll Hochschulen und Lehrende bei didaktischen, technischen, datenschutz- und
urheberrechtlichen Fragen zu digitaler Lehre unterstützen. Das starre Kapazitätsrecht, das die Zahl
der bereitgestellten Studienplätze regelt, wollen wir grundlegend reformieren, um Hochschulen
mehr Investitionen in digitale Lehrangebote, bessere Betreuungsquoten sowie berufs- und
lebensbegleitende Studienmodule zu ermöglichen. Alle Förderprogramme des Bundes für die
Verbesserung der Hochschullehre wie auch zur Forschungsfinanzierung sollen den Hochschulen
grundsätzlich unabhängig ihrer Trägerschaft offenstehen.
Ausweitung des Erfolgsprogramms Erasmus+
Wir Freie Demokraten wollen das Erfolgsprogramm „Erasmus+“ weiterentwickeln. Die interkulturelle
Verständigung ist das beste Mittel gegen Populismus und nationale Engstirnigkeit. Wir wollen
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Großbritannien, der Schweiz, den Beitrittskandidaten, den Staaten der Östlichen Partnerschaft und
den Staaten der Europäischen Nachbarschaftspolitik den Status eines Programmlands anbieten. Auch
Schülerinnen und Schüler sollen von „Erasmus+“ profitieren und unabhängig vom Einkommen der
Eltern sechs Monate der Schulzeit im europäischen Ausland absolvieren können. Die Vergleichbarkeit
und gegenseitige Anerkennung von Zeugnissen und Abschlüssen wollen wir verbessern. Zudem
wollen wir ein Erasmus für Lehrkräfte etablieren.
Wissenschaftsfreiheit verteidigen
Wir Freie Demokraten verteidigen die Freiheit von Forschung und Lehre. Wissenschaft lebt von einer
offenen Debattenkultur. Gesetzliche Zivilklauseln lehnen wir ab. Das Ausgrenzen anderer Meinungen
(Cancel Culture) widerspricht dem Verfassungsgrundsatz der Freiheit von Forschung und Lehre.
Innerhalb der Grenzen des Grundgesetzes müssen auch schwer erträgliche Meinungen geäußert
werden können. Deshalb wollen wir wissenschaftseigene Mechanismen der ethischen Selbstkontrolle
stärken. Die politische Einflussnahme der chinesischen Regierung auf die Arbeit der Konfuzius-
Institute soll aufgearbeitet und staatliche Co-Finanzierungen der Institute sollen beendet werden.
Gemeinsam mit den Ländern, Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen wollen wir eine
Nationale Strategie für Cybersicherheit in der Wissenschaft auf den Weg bringen.
Diversität in der Wissenschaft
Wir Freie Demokraten wollen in der Wissenschaft für mehr Diversität sorgen, denn Forschung lebt
auch vom Perspektivwechsel. Doch leider zahlen die außeruniversitären Forschungsorganisationen
immer noch lieber die Ausgleichsabgabe, anstatt fünf Prozent der Arbeitsplätze mit Menschen mit
Behinderungen zu besetzen. Leider ist der Anteil von Frauen insbesondere in Führungspositionen
und vor allem in MINT-Fächern nach wie vor deutlich zu gering. Wir möchten bessere
Rahmenbedingungen an Hochschulen für Wissenschaftskarrieren schaffen. Dabei ist uns auch die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein zentrales Anliegen – zum Beispiel durch eine bessere
Kinderbetreuung an Hochschulen und die Möglichkeit für Väter und Mütter, ihre Lehrverpflichtungen
beziehungsweise Forschungszeiten selbstbestimmter festzulegen. Des Weiteren setzen wir uns für
eine Untersuchung zur Situation von Frauen in der deutschen Wissenschaft ein – nach dem Vorbild
des MIT (Massachusetts-Institut für Technologie) Ende der 1990er Jahre.
Grundlagenforschung fördern
Wir Freie Demokraten sehen die Grundlagenforschung als Basis für Innovation an. Daher wollen wir
sie neben der angewandten Forschung weiter ausbauen. Zur Diversifikation unserer
Innovationsstruktur müssen wir eine breit angelegte Grundlagenforschungsinitiative starten und
neue Kompetenzen im Bereich der Spitzentechnologie aufbauen.
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II. Nie war Modernisierung dringlicher: Modernisieren wir endlich unser Land!
Wie es ist, darf es nicht bleiben: Reformen für ein modernes Land wurden zu lange als Kür abgetan.
Es ist Zeit, dass sich das ändert. Modernisierung ist Pflichtprogramm: Die digitale Modernisierung
unserer Verwaltung und unseres Gesundheitswesens rettet im wahrsten Sinne des Wortes Leben.
Die Modernisierung unseres Sicherheitsapparates stärkt die Handlungsfähigkeit unseres
Rechtsstaats. Die Modernisierung des Arbeitsmarktes gibt den Beschäftigten und Betrieben das
Rüstzeug für erfolgreiche Veränderungsprozesse an die Hand. Moderne Mobilität für jede Einzelne
und jeden Einzelnen festigt die Selbstbestimmung und die Beteiligungsmöglichkeiten der Menschen.
Die Modernisierung unseres Staatswesens macht wieder mehr Lust auf Demokratie und stärkt
unsere demokratischen Prozesse.
Unkomplizierter Staat
Sämtliche Bürgerservices online erledigen statt vor dem Amt Schlange stehen – das darf keine
Zukunftsutopie bleiben. Wir Freie Demokraten wollen einen unkomplizierten Staat, der den
Bürgerinnen und Bürgern das Leben erleichtert. Wir wollen daher den Weg frei machen für eine
bürgernahe und digitale Verwaltung.
Weitreichende Föderalismus- und Verwaltungsreform
Wir Freie Demokraten wollen durch eine umfassende Föderalismus- und Verwaltungsreform einen
modernen und handlungsfähigen Staat schaffen. Die Coronakrise hat gezeigt, dass unklare
Zuständigkeiten, eine erdrückende Bürokratie und digitale Defizite bei den Behörden schnelle und
pragmatische Lösungen verhindern. Es geht nicht nur um die Digitalisierung von Prozessen, sondern
vor allem um einen Mentalitätswandel. Um das Megaprojekt der Verwaltungsmodernisierung zu
bewältigen, setzen wir auf eine agile Herangehensweise, die arbeitsfähige Ergebnisse vor starren
Strategien priorisiert. Um Anreize für die digitale Transformation von Prozessen und Arbeitsweisen
zu schaffen, sollen durch die Digitalisierung erreichte Einsparungen („Digitale Dividende“) für
Investitionen in der jeweiligen öffentlichen Stelle verbleiben. Auch in Bildungs- und Sicherheitsfragen
sind 16 verschiedene Systeme nicht mehr zeitgemäß. Wir wollen deshalb die Kompetenzverteilung
zwischen den staatlichen Ebenen neu regeln, die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben und das
öffentliche Dienstrecht flexibilisieren. Der Staat soll sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren und
die Stärke des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs nutzen.
Vorsorge für funktionierende Wirtschaftshilfen treffen
Wir Freie Demokraten fordern, für den Fall der Fälle bei Wirtschaftshilfen und Hilfen für
Selbstständige in Zukunft besser gerüstet zu sein. Die Coronakrise hat gezeigt, welche Instrumente es
im Fall großer Krisen mit außergewöhnlichen Verhältnissen in der gesamten Wirtschaft und auf dem
gesamten Arbeitsmarkt braucht. Für solche Fälle brauchen wir eine negative Gewinnsteuer, bei der
Verluste aus dem aktuellen Jahr mit Gewinnen der Vorjahre verrechnet werden können. Und wir
brauchen dann ebenso Hilfen für Selbstständige mit und ohne Angestellte, um einen ausreichenden
Unternehmerlohn zu gewährleisten.
Behörde zu One-Stop-Shops machen
Wir Freie Demokraten wollen Behörden konsequent zu One-Stop-Shops ausbauen. Daten werden
einmalig an die Verwaltung weitergegeben und dann an entsprechender Stelle verarbeitet. Zur
Funktionsfähigkeit des Systems fordern wir einheitliche Standards. Damit lassen sich Prozesse der
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Verwaltung beschleunigen. Wir bauen Bürokratie ab und erleichtern das Gründen. Darüber hinaus
kann ein One-Stop-Shop die Vernetzung und den Austausch mit privaten und öffentlichen Akteuren
vorantreiben.
Zahlungsmoral-Offensive der öffentlichen Hand
Wir Freie Demokraten wollen eine Zahlungsmoral-Offensive der öffentlichen Hand. Zugleich fordern
wir, die Vergabeschwellenwerte für 2020 und 2021 zu erhöhen, damit Investitionen schneller
umgesetzt werden. Investitionen der öffentlichen Hand haben in Krisenzeiten einen wichtigen
Stabilisierungseffekt. Offene Rechnungen können Liquidität und Arbeitsplätze besonders im
Mittelstand massiv gefährden. Das wollen wir verhindern.
Vorfälligkeit der Beiträge rückgängig machen – Unternehmen entlasten
Wir Freie Demokraten wollen die Vorfälligkeit bei der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen
wieder rückgängig machen. Sie führt nicht nur zu bürokratischer Mehrbelastung, sondern entzieht
den Unternehmen Kapital. Anstelle von 24 Monatsabrechnungen müssen Unternehmen wieder nur
noch zwölf Abrechnungen tätigen und sie können auf Regelungen zum Schätzen verzichten. Dies
entlastet von erheblichem bürokratischem Aufwand.
Innovation Nation
Der Buchdruck, das Auto, der Computer – Deutschland war schon immer ein Land, in dem der
Fortschritt gemacht wurde. Und Fortschritt bietet viele Chancen, das Leben und den Alltag der
Menschen besser und einfacher zu machen. Ebenso ist Innovation eine Voraussetzung für
Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze. Wir brauchen jetzt die richtigen Ideen, um im globalen
Rennen aufzuholen und in Zukunftsfeldern wie der Biotechnologie wieder eine Spitzenposition
einzunehmen. Dazu braucht es neues Denken. Ein Denken, das nach vorne gerichtet ist und nicht im
Status quo verharrt.
Innovationsprinzip bei politischen Entscheidungen
Wir Freie Demokraten wollen für politische Entscheidungen das Innovationsprinzip ergänzend zum
Vorsorgeprinzip. Bei der Folgenabschätzung soll nicht nur auf mögliche Risiken einer Maßnahme
geschaut werden. Genauso intensiv muss ermittelt werden, welche Chancen bei Unterlassung
verloren gehen. Damit sichern wir die Zukunft.
Deutsche Transfergemeinschaft – Innovationen fördern
Wir Freie Demokraten wollen die Gründung einer Deutschen Transfergemeinschaft (DTG) auf den
Weg bringen. Sie soll unabhängig agieren und als Selbstverwaltungseinrichtung sowohl
technologische als auch soziale Innovationen unterstützen. Förderfähig sind einerseits Projekte unter
Beteiligung einer Hochschule und andererseits eines Unternehmens aus der Wirtschaft oder
Zivilgesellschaft. Die DTG wäre ein One-Stop-Shop, der Transfer-Know-how bündelt und
kostenneutral durch bislang auf mehrere Ministerien verteilte Transferfördergelder finanziert wäre.
Software- und Hightech-Unternehmen sowie Start-ups werden so in ihrer Leistungs- und
Innovationskraft gestärkt.
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Mittel an Zielerreichung binden – echte Innovationsstrategie entwickeln
Wir Freie Demokraten wollen die Mittelfreigabe für Bundesprogramme stärker an deren
Zielerreichung binden – in einem ersten Schritt mindestens 15 Prozent des Aufwuchses an
Bundesmitteln rückwirkend ab 2020. Wird der Nachweis nicht ausreichend erbracht, sollen die frei
werdenden Mittel in einem wettbewerblichen Verfahren an die anderen Akteure gegeben werden,
die bei ihrer Zielerreichung erfolgreicher waren. Für die vielen Milliarden Euro teuren Strategien der
Bundesregierung (KI, Hightech, FONA und weitere) fehlen bislang Zielhierarchien und
Erfolgsindikatoren. Wir wollen Fortschritte messen und aus vielen Einzelstrategien eine echte
Innovationsstrategie machen.
Digitale Freiheitszonen schaffen
Wir Freie Demokraten wollen digitale Freiheitszonen zur Förderung digitaler und innovativer
Geschäftsmodelle einführen. Um die Entstehung von Clustern insbesondere bei IT-
Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz und Blockchain zu begünstigen, wollen wir
bestimmte Regionen als digitale Freiheitszonen ausweisen. Dort sollen weniger Regularien gelten.
Steuerliche Forschungsförderung, bessere Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups und weniger
Bürokratie sollen Gründungen erleichtern.
Bioökonomie: Wohlstand und nachhaltige Entwicklung zusammenbringen
Wir Freie Demokraten wollen mit der Bioökonomie Antworten auf globale Herausforderungen
unserer Zeit finden: Klimawandel, Schutz natürlicher Lebensgrundlagen, Sicherstellung der
Welternährung und die Endlichkeit fossiler Rohstoffe. Bioökonomie ist die nachhaltige und
innovative Nutzung biologischer Ressourcen und die Weiterentwicklung biologischer Prozesse.
Klebstoff aus Pflanzen, Smartphone-Displays aus Zucker oder T-Shirts aus Kaffeesatz – das alles ist
möglich. Wir wollen innovative Forschung zur effizienteren Nutzung von Ressourcen voranbringen
und einen Beitrag für eine zukunftsorientierte, nachhaltige Wirtschaft leisten. Damit verbinden wir
Ökologie und Ökonomie.
Moderne Recyclingmethoden statt Produktverbote
Wir Freie Demokraten wollen technologieoffenes Recycling in Deutschland ermöglichen und Abfälle
zu neuen Rohstoffen machen, um letztlich eine EU-weite Kreislaufwirtschaft aufzubauen. Wir wollen
das chemische Recycling als gleichwertige Möglichkeit des Recyclings von Verpackungen zulassen
und somit die rechtliche Diskriminierung dieser vielversprechenden Technologie beenden.
Ressourcenschonung bedeutet nicht nur Verzicht, sondern kann auch durch innovative
Wiederverwertungstechnologien erreicht werden.
Kunststoff – der Werkstoff der Zukunft
Wir Freie Demokraten werden uns bei der ökologischen Bewertung von Produkten aus Kunststoff
und alternativen Materialien wie Papier und Glas konsequent an Ökobilanzen orientieren.
Kunststoffe sind vielfältig einsetzbar und günstig. Durch ihr geringes Gewicht wird CO2 eingespart.
Ökobilanzen machen die Umweltwirkung von Produkten transparent und ermöglichen eine
wissenschaftsbasierte Bewertung, auf deren Basis notwendige Regulierungen erfolgen können.
26
Raumfahrt mit Weltraumgesetz fördern
Wir Freie Demokraten wollen ein wegweisendes Weltraumgesetz, das den Unternehmen die
notwendige Sicherheit für ihre Zukunftsinvestitionen gibt und Projekte sowie Vergaben schneller und
flexibler realisiert werden können. Wir brauchen Satellitendaten für unsere vernetzte Gesellschaft
und Wirtschaft, für digitale Dienste, Technologien und Zukunftsprojekte. Die Entwicklung
bahnbrechender Lösungen durch „New-Space-Unternehmen“ wollen wir fördern. Start-ups sowie
kleine und mittelständische Unternehmen wollen wir gezielt einbinden – sowohl durch Beteiligung
an großen EU-Vorhaben als auch durch den Staat als Ankerkunden. Ausschreibungen gestalten wir
auch für junge Unternehmen passend. Während die privatwirtschaftliche Raumfahrt in anderen
Ländern ungehindert wächst, stehen ihr in Deutschland vielerlei Hindernisse im Weg. Es fehlt an
Wagniskapital, einem verlässlichen Rechtsrahmen und der Rückendeckung durch die
Bundesregierung.
Startplattform für kleine Trägerraketen
Einen Weltraumbahnhof für kleine Trägerraketen in Europa sehen wir als Zukunftsprojekt, damit die
zahlreichen erfolgsversprechenden „New-Space-Unternehmen“ Satelliten flexibel und unabhängig
ins All bringen können. „New Space“ ist eine große Chance für die Wissenschaft, die Umwelt, unsere
Sicherheit und Wirtschaft. Die Nutzung durch öffentliche Institutionen und Forschungseinrichtungen
wollen wir befördern, indem wir Startkontingente erwerben beziehungsweise „Space-Services“ für
sie beauftragen.
Mobilität
Eine innovative, ökologische und bezahlbare Mobilität ist angewiesen auf eine zukunftsweisende
Verkehrspolitik ohne ideologische Scheuklappen. Nur mit technologischen Innovationen, einem
funktionierenden Emissionshandel, moderner Infrastruktur und einer technologieoffenen
Verkehrspolitik kann sichere, saubere und bezahlbare Mobilität für alle gewährleistet werden.
Mobilität ist Freiheit – Innovationen statt Verbote
Wir Freie Demokraten sind gegen unverhältnismäßige Verbote in der Mobilität. Wir setzen auf
Innovationen, Vernunft und Freiheit. Tempolimits, Diesel- oder Motorradfahrverbote sind weder
progressiv noch nachhaltig. Durch die von uns geforderte Ausweitung des CO2-Emissionshandels
werden sich umwelt- und klimafreundliche Motoren und alternative Kraftstoffe durchsetzen, weil sie
gegenüber emissionsstarken Produkten günstiger werden. Ein pauschales Verbot von
Verbrennungsmotoren lehnen wir ab. Innovationen und eine bessere Infrastruktur können die
Verkehrssicherheit und einen umweltfreundlichen Verkehrsfluss voranbringen. Pauschale
Einschränkungen des Individualverkehrs sind keine Lösung. Intelligente und innovative
Verkehrslenkung bietet hingegen enorme Möglichkeiten.
Bahnverkehr privatisieren – mehr Wettbewerb auf der Schiene
Wir Freie Demokraten wollen die Infrastruktur und den Bahnbetrieb bei der Schiene trennen und den
Betrieb privatisieren. Das Netz soll im Eigentum des Bundes bleiben. Ziel ist es, mehr Personen und
Güter auf der Schiene zu transportieren. Das gelingt aber nicht mit einer Staatsbahn, sondern nur mit
mehr Wettbewerb, mehr Digitalisierung und niedrigeren Trassenpreisen für die Nutzung der
Schienenwege. Durch eine organisatorische Trennung kann sich der Bund voll auf die Bereitstellung
und Modernisierung der Infrastruktur konzentrieren. Auf der Schiene können Bahnunternehmen
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wiederum in Wettbewerb miteinander treten. Kundinnen und Kunden profitieren so von niedrigeren
Preisen, besserem Service und mehr Angebot im Bahnverkehr.
Deutschland beschleunigen
Wir Freie Demokraten wollen, dass Deutschland seine Ideen schneller umsetzen kann und die dafür
notwendige Infrastruktur bekommt. Für alle Verkehrswege – von der Schiene über die Straße bis zum
Radweg – muss der Aufwuchs der Investitionsmittel verlässlich fortgesetzt und zügig verbaut werden.
Dabei haben Sanierung und Modernisierung für uns Priorität. Hohe Anforderungen an moderne
Energie- und Mobilitätspolitik sowie die sich schnell entwickelnde Wirtschaft erfordern ein hohes
Maß an Flexibilität. Daher wollen wir alle Planungsverfahren beschleunigen, indem wir Verfahren
straffen und Doppeluntersuchungen abschaffen, die Möglichkeiten der Digitalisierung in allen
Bereichen der Planung nutzen, die Planungs- und Genehmigungsbehörden gezielt mit ausreichend
Fachkräften ausstatten und eine frühzeitige und umfassende Bürgerbeteiligung sicherstellen.
Faire Rahmenbedingungen für Luftverkehr mit Zukunft
Wir Freie Demokraten wollen die Luftverkehrssteuer abschaffen, die Luftsicherheitsgebühren neu
ordnen und eine Ausweitung von Nachtflugverboten verhindern. Wir brauchen einen einheitlichen
europäischen Luftraum. Deutschland muss sich für ein widerstandsfähiges, nachhaltiges und
effizientes Flugverkehrsmanagement einsetzen. Hoheitliche Aufgaben wie die innere Sicherheit oder
die Drohnenabwehr müssen von der öffentlichen Hand getragen und effektiv organisiert werden.
Deutschland benötigt faire Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsfähigen und nachhaltigen
Luftverkehr.
Seehäfen und Binnenwasserstraßen nutzen
Wir Freie Demokraten wollen unsere Häfen, die Schifffahrt und so die maritime Wirtschaft aktiv
fördern, um sie zukunftsfest zu machen. Ziel ist es, sowohl das große ökonomische als auch das
ökologische Potential zu heben. Denn See- und Binnenhäfen werden in Zukunft eine immer größere
Rolle spielen. Schließlich ist die Schifffahrt gemessen an der zurückgelegten Strecke und der
transportierten Menge schon heute der umweltschonendste Verkehrsträger im Güterverkehr. Da die
Entwicklung der Infrastruktur zu den Kernaufgaben des Staates gehört und sie entscheidend zur
Resilienz sowie zum Erfolg der deutschen Wirtschaft beiträgt, streben wir eine Stärkung der See- und
Binnenhäfen an. Das wollen wir durch gute Wettbewerbsbedingungen in Europa erreichen, damit wir
mit Häfen von Rotterdam bis Piräus Schritt halten – durch eine weitere Ertüchtigung der
Wasserstraßen, eine bessere Verzahnung des Binnen- und Küstenwasserstraßennetzes und einen
Ausbau der Hinterlandanbindungen. Hierzu bedarf es zukünftig nicht nur in den Fragen der
Wassertiefeninstandhaltung einer besseren Kooperation von Bund und Ländern. Doch Häfen und
Schifffahrt werden nicht nur in der Logistik von immer größerer Bedeutung sein, sondern auch bei
der Energieversorgung der Zukunft eine entscheidende Rolle spielen. Hier müssen wir ebenso
frühzeitig die richtigen Weichen stellen, damit maritime Verkehrswege ihren Beitrag leisten können.
Insgesamt braucht die Branche mehr Aufmerksamkeit, denn die Seeschifffahrt ist für uns als
Exportnation von enormer strategischer Bedeutung. Sie sichert über die Grenzen ihrer Branche
hinaus viele Arbeitsplätze und Wohlstand.
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Technologieoffenheit im Fahrzeugbau
Wir Freie Demokraten fordern technologieoffene Gesetze und Verordnungen im Fahrzeugbau.
Einseitige Subventionen und Vorgaben müssen beendet werden. Dafür werden wir die von der EU
festgelegten CO2-Flottengrenzwerte und die aktuellen Subventionen im Fahrzeugbau auf den
Prüfstand stellen und eine ganzheitliche Betrachtung der Fahrzeuge vornehmen. Wir wollen
alternative Mobilitätskonzepte erkunden, ohne bestimmte Antriebstechnologien zu bevorzugen. Wir
setzen auch beim Umwelt- und Klimaschutz auf den Entwicklergeist von Firmen und Ingenieurinnen
sowie Ingenieuren. Wir wollen ihnen die Freiheit zurückgeben, die bestmöglichen Antriebe und
Anwendungen zu entwickeln und zu vertreiben. Nur so lassen sich die Möglichkeiten von
Wasserstoff, Batterie oder alternativen Kraftstoffen optimal nutzen.
Infrastruktur für E-Mobilität ausbauen – teure Subventionen streichen
Wir Freie Demokraten wollen den flächendeckenden Ausbau von Schnellladesäulen und
interoperablen Bezahlstrukturen für die E-Mobilität. Dafür wollen wir einen diskriminierungsfreien
Zugang der Ladestromanbieter zu den Ladesäulen gegen Gebühr sowie transparente Preis- und
Abrechnungssysteme zugunsten der Kundinnen und Kunden durchsetzen. Auf teure Subventionen
wie die Kaufprämie für E-Autos wollen wir verzichten. Die Regulierungen für Hybridfahrzeuge müssen
überarbeitet werden, sodass deren reale CO2-Emissionen berücksichtigt werden. Für uns ist E-
Mobilität wesentlicher Bestandteil des Verkehrsmix der Zukunft.
Emissionshandel auf den gesamten Verkehrssektor ausweiten
Wir Freie Demokraten fordern die Ausweitung des Europäischen CO2-Emissionshandels auf den
gesamten Verkehrssektor. Dadurch können die bestehenden Maßnahmen zur CO2-Reduktion im
Verkehr beendet werden. Viele der beschlossenen Verbote, Subventionen und Fördermaßnahmen
zur Senkung des CO2-Ausstoßes im Verkehr führen nicht zu einer Reduktion, sondern lediglich zu
steigenden Kosten und einer Marktverzerrung. Der Emissionshandel garantiert eine Deckelung des
Gesamtausstoßes an Klimagasen.
Taxigewerbe entlasten und öffnen – Mobilität für alle
Wir Freie Demokraten wollen neue, innovative Mobilitätsdienste auf digitaler Basis in der
Personenbeförderung ermöglichen und dafür faire Wettbewerbsbedingungen für alle
Mobilitätsdienstleister schaffen. Die besondere Rolle des ÖPNV haben wir dabei beständig im Blick.
Dafür müssen die Rückkehrpflicht für Mietwagen und der Mindestabstand von 50 Kilometern
zwischen zwei Haltestellen für Fernbusse vollständig abgeschafft werden.
Mobilität der Zukunft „Made in Germany“
Wir Freie Demokraten wollen die Zulassungs- und Testverfahren für neue Ideen vereinfachen und die
Innovationsförderung voranbringen. Sprunginnovationen wie das autonome Fahren, das
Hochgeschwindigkeitssystem Hyperloop, Drohnen oder Flugtaxis wollen wir gezielt fördern und den
rechtlichen Rahmen dafür schaffen. Insbesondere für den ländlichen Raum entstehen so Chancen für
eine schnellere und kostengünstigere Versorgung.
Zukunftsthema „autonomes Fahren“ etablieren
Wir Freie Demokraten fordern eine langfristig angelegte Strategie für das autonome Fahren, die nicht
nur die Entwicklung der eigentlichen Technologie, sondern auch die Vernetzung aller
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Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer sowie rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen
und das Schaffen positiver Wachstumsfaktoren umfasst. Dabei muss die europäische und
internationale Kooperation zur Definition einheitlicher Standards ebenso Schwerpunkt sein wie die
Schaffung innovationsfreundlicher und rechtssicherer Vorgaben in Deutschland selbst.
Europa besser verbinden – Transportnetze ausbauen
Wir Freie Demokraten fordern eine ganzheitliche Infrastrukturstrategie für Europa und den Ausbau
transeuropäischer Transportnetze. Ein gut ausgebautes (Hochgeschwindigkeits-)Schienennetz gehört
genauso dazu wie leistungsstarke Hafenanlagen, Flugplätze und Fernstraßen. Ziel ist die noch engere
Verknüpfung europäischer Metropolen und Warenumschlagplätze.
Radverkehr sicher gestalten
Wir Freie Demokraten sehen im Fahrrad einen umweltfreundlichen Verkehrsträger für die
individuelle Fortbewegung. Bei der Verkehrsplanung müssen die Bedürfnisse des Radverkehrs
umfassend berücksichtigt werden. Ziel sind mehr sichere Radwege und Radfahrstreifen, die Konflikte
mit dem motorisierten Verkehr vermeiden. Wir setzen uns zudem für eine europaweite Regelung zur
beschleunigten Einführung von Abbiegeassistenten für alle Lastkraftwagen ein.
Begleitetes Fahren ab 16 – mehr Mobilität für die junge Generation
Wir Freie Demokraten wollen das Mindestalter zum Erwerb eines Pkw-Führerscheins senken und
begleitetes Fahren bereits ab 16 Jahren ermöglichen. Zudem fordern wir, die Höchstgeschwindigkeit
von Kleinkrafträdern von 45 auf 55 km/h zu erhöhen und setzen uns für eine Modifizierung der
Fahrzeugklassifizierung auf EU-Ebene ein.
Barrierefreiheit im öffentlichen Raum
Wir Freie Demokraten fordern die vollständige und umfassende Barrierefreiheit im öffentlichen
Raum, denn barrierefreie Mobilität ist Bewegungsfreiheit. Von ihr profitieren Menschen mit
Behinderungen, Familien mit Kindern, ältere Menschen und letztlich wir alle, denn Einschränkungen
der Mobilität erfährt zeitweise jede und jeder Einzelne.
Digitalisierung
Die digitale Transformation ist eine der größten Chancen und Herausforderungen unserer Zeit. Wie
wir sie gestalten, wird unser Leben für lange Zeit prägen. Deshalb wollen wir Deutschlands
Digitalpolitik neu ausrichten. Denn bisher ist sie unkoordiniert, ziellos und chaotisch. Das kann sich
unser Land nicht mehr leisten. Deutschland braucht endlich Tempo bei der Digitalisierung, um seine
Chancen auf Fortschritt nicht zu verspielen.
Bundesministerium für digitale Transformation
Wir Freie Demokraten fordern ein Ministerium für digitale Transformation. Um Synergieeffekte zu
nutzen und eine schlankere und effizientere Regierung zu gestalten, wollen wir Kompetenzen in
einem Ministerium bündeln und es eng mit den anderen Regierungsressorts verknüpfen. Nur so
können wir die digitale Transformation von Staat, Gesellschaft und Wirtschaft zum Nutzen aller
Menschen in unserem Land schnell, effizient und konsistent gestalten.
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Flächendeckende und hochleistungsfähige Mobilfunkabdeckung
Wir Freie Demokraten fordern eine flächendeckende und hochleistungsfähige Mobilfunkabdeckung
durch echten Wettbewerb auf dem Mobilfunkmarkt sowie ein Glasfasernetz und eine konsequente
Hochrüstung bestehender Mobilfunktionsnetze. Bis zum Jahr 2025 ist der bundesweite Aufbau von
5G-Netzen abzuschließen. Mit einem effizienten Auktionsdesign sowie einem starken und zeitnahen
Controlling durch den Bund sollen die Ausbauziele erreicht werden. Ein hochleistungsfähiger
Mobilfunk ist eine Grundvoraussetzung für die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland.
Schneller Netzzugang durch Gigabit-Gutscheine
Wir Freie Demokraten wollen Gigabit-Gutscheine für Privathaushalte sowie kleine und mittlere
Unternehmen. Mit den Gutscheinen wird ein Teil der Kosten erstattet, die bei der Umstellung auf
Gigabit entstehen. So wollen wir den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen nachfrageorientiert
und kosteneffizient beschleunigen. Damit schaffen wir einen wirksamen Anreiz für Investitionen in
den Gigabit-Netzausbau.
Digitale Verwaltung als Dienstleister
Wir Freie Demokraten wollen echte „Virtuelle Verwaltungen“. Wir wollen das Once-Only-Prinzip
einführen: Bürgerinnen und Bürger müssen bestimmte Daten der öffentlichen Verwaltung nur noch
einmal und nicht jeder Behörde einzeln mitteilen. Alle notwendigen Amtsgänge sollen virtuell und
barrierefrei möglich und alle Dienstleistungen mit digitalen, medienbruchfreien Verfahren
durchführbar sein. Dazu wollen wir alle Planungen zur Einführung von Bürgerkonten oder Cockpits zu
einer einheitlichen digitalen Plattform zusammenführen: dem Deutschlandportal. Das
Deutschlandportal gewährt den Bürgerinnen und Bürgern Einblick in alle sie betreffenden
personenbezogenen Daten, die der Staat gespeichert hat. Alle Zugriffe auf die Daten werden über
einen externen Kontroll-Server geloggt, und der behördenseitige Zugriff löst automatisch eine
Benachrichtigung aus. Im Fall eines laufenden Verfahrens kann die Benachrichtigung auch nach
Verfahrensabschluss erfolgen. Die Bürgerinnen und Bürger haben auf Nachfrage ein Recht, den
Grund für den Datenzugriff zu erfahren. Auch in die nächste technologische Innovation in den
Behörden wollen wir einsteigen: die Entwicklung von künstlicher Intelligenz, Virtual Reality
beziehungsweise Augmented Reality in der Verwaltung. So wollen wir vom Nachzügler beim E-
Government zum Vorreiter beim „Virtual Government“ werden. Die IT-Systeme der öffentlichen
Hand sollen stärker als bislang auf Open-Source-Lösungen bauen, um die Abhängigkeit von einzelnen
Anbieterinnen und Anbietern proprietärer Software zu verringern.
Digitaler Binnenmarkt für Europa
Wir Freie Demokraten wollen den europäischen digitalen Binnenmarkt. Geschäftsmodelle sollen
europaweit einfacher skalierbar werden. Regulierungsbedingte Barrieren wollen wir abbauen, ohne
die Vertragsfreiheit infrage zu stellen. So schaffen wir ein Europa, das digital unabhängig ist, ohne
jedoch in einen digitalen Protektionismus zu verfallen. Wenn wir grundlegende europäische Werte
wie Freiheit, Demokratie und Bürgerrechte auch in einer zunehmend digitalisierten und
datengetriebenen Welt aufrechterhalten wollen, brauchen wir eine europaweit einheitliche
Regulierung.
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Cybersicherheit stärken
Wir Freie Demokraten wollen die Cybersicherheit stärken. Denn Cybersicherheit ist die Achillesferse
des Informationszeitalters. Deshalb brauchen wir eine tatsächlich umsetzbare und agile
Cybersicherheitsstrategie. Bestandteile davon müssen ein wirksames Schwachstellenmanagement
und ein Recht auf Verschlüsselung sein. Dazu gehören ebenfalls die Vorgabe von security-by-design
inklusive Haftung der Herstellerinnen und Hersteller für Schäden, die fahrlässig durch IT-
Sicherheitslücken verursacht werden, und eine Verpflichtung der Herstellerinnen und Hersteller,
während der üblichen Nutzungsdauer eines Produkts Updates zur Verfügung zu stellen. Effiziente
Schutz- und Verteidigungssysteme müssen in der Cybersicherheit stets Vorrang haben. Deshalb
sollen Unternehmen, die umfangreichen Einflussmöglichkeiten autoritärer Regime unterliegen, beim
Ausbau kritischer Infrastruktur wie dem 5G-Netz nicht beteiligt werden. Wir lehnen digitale
Vergeltungsschläge (Hackbacks) ab, da sie die Gefahr eines digitalen Wettrüstens bergen und nicht
die Täterinnen und Täter, sondern zivile Opfer treffen. Für mehr Cybersicherheit als strategisches
Sicherheitsziel der Bundesrepublik Deutschland sind die entsprechenden Strukturen des Bundes, wie
das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, zu stärken und aufzurüsten.
KI-Roadmap
Wir Freie Demokraten wollen eine KI-Roadmap für künstliche Intelligenz (KI). Jedes Ministerium soll
bis 2025 zehn konkrete KI-Anwendungsfälle in seiner fachlichen Zuständigkeit identifizieren und
umsetzen. Von Fördermitteln sollen auch Start-ups, kleine und mittlere Unternehmen sowie
Gründerinnen und Gründer profitieren. Damit möglichst viele neue Technologien praktisch getestet
werden können, brauchen wir regulatorische Erprobungszonen – sogenannte „regulatory
sandboxes“, und eine schnelle gesetzliche Deregulierung. Um das Potential neuer Technologien wie
KI, maschinelles Lernen und Robotik voll auszuschöpfen, ist ein europäischer Rechtsrahmen
notwendig, der im gesamten europäischen digitalen Binnenmarkt Rechtssicherheit gewährleistet.
Netzneutralität und fairer Wettbewerb im Internet
Wir Freie Demokraten bekennen uns zur Netzneutralität. Alle Datenpakete im Internet müssen
gleichberechtigt sein. So ist sichergestellt, dass keine Meinung diskriminiert wird und neue
Unternehmungen Marktzugang erhalten. Wir wollen diese Chancengleichheit schützen und zugleich
neue qualitätsgesicherte Dienste ermöglichen. Dazu gehören auch Spezialdienste mit „Network
Slicing“ für zeitkritische Anwendungen – beispielsweise medizinische Teleoperationen oder
autonomes Fahren. Die diskriminierungsfreie Ausgestaltung ist wettbewerbsrechtlich abzusichern.
Nachhaltige Rechenzentren
Wir Freie Demokraten wollen nachhaltige Rechenzentren. Wenn wir die Chancen der digitalen
Transformation für mehr Nachhaltigkeit nutzen wollen, müssen wir vor allem bei den Rechenzentren
als Basisinfrastruktur dieser Entwicklung beginnen. Bereits aktuell werden durch innovative
Technologien, Softwares sowie energieeffizientere IT-Architekturen und vieles mehr große
Fortschritte für den nachhaltigeren Betrieb erzielt. Darüber hinaus wollen wir durch den gezielten
Ausbau der Forschungsförderung für energie- und ressourcensparende Informations- und
Kommunikationstechnik sowie durch Anreize zur Abwärmenutzung von Rechenzentren die nächsten
großen Potentiale heben, um dem Ziel der Klimaneutralität von Rechenzentren einen weiteren
Schritt näher zu kommen.
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Moderne Arbeitswelt
Die moderne Arbeitswelt bietet vielfältige Chancen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
Selbstständige und Unternehmen. Sie ermöglicht vor allem ein Mehr an individueller Freiheit und
Selbstbestimmung. Allerdings stammen viele Regelungen noch aus einer Zeit, in der Daten auf
Disketten abgespeichert und Telefonate per Wählscheibentelefon geführt wurden. Hier brauchen wir
dringend ein Update. Zudem wollen wir gleiche Chancen für Aufstieg durch Leistung schaffen –
unabhängig von Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, Behinderung, sexueller Orientierung oder
Religion.
Flexible Arbeitszeiten und mobile Arbeit
Wir Freie Demokraten fordern mehr Flexibilität im Arbeitszeitgesetz und wollen eine wöchentliche
statt einer täglichen Höchstarbeitszeit. Niemand soll weniger Pausen machen oder mehr arbeiten als
bisher, aber die Einteilung der Arbeitszeit muss flexibler möglich sein. Die Summe der täglich
notwendigen Ruhezeit bleibt bestehen. Hierbei werden flexible Regelungen in einem Tarifvertrag
oder in einer Betriebsvereinbarung rechtssicher ermöglicht. Bei mobiler Arbeit und im Homeoffice
soll das Arbeitsschutzgesetz und nicht die Arbeitsstättenverordnung gelten. Denn bei mobiler Arbeit
kann der Arbeitgeber nicht für den richtigen Lichteinfall und Ähnliches verantwortlich sein.
Mobiles Arbeiten durch Rechtsanspruch auf Erörterung stärken
Wir Freie Demokraten fordern, mobiles Arbeiten und Homeoffice nach niederländischem Vorbild zu
stärken. Dabei muss der Arbeitgeber den Antrag von Beschäftigten auf mobiles Arbeiten und
Homeoffice prüfen und mit der oder dem Beschäftigten erörtern. Nicht jede Tätigkeit kann außerhalb
des festen Arbeitsplatzes ausgeführt werden. Auch können betriebliche Belange gegen eine
Vereinbarung zur mobilen Arbeit sprechen. Zudem müssen bestehende Vereinbarungen
anlassbezogen widerrufen werden können. Aber ein Erörterungsanspruch fördert den Kulturwandel
und die Akzeptanz für mobiles Arbeiten.
Vereinbarkeit von Beruf und Familie
Wir Freie Demokraten wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern. Dazu wollen wir
Betriebskindergärten auch steuerlich fördern, den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung auch in der
Praxis und perspektivisch ab dem Ende des Mutterschutzes garantieren, die Betreuungszeiten
flexibilisieren und die steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten ermöglichen. Vorständen und
anderen Führungskräften wollen wir eine zeitlich begrenzte Auszeit ermöglichen. In Fällen wie
Geburt, Elternzeit, Pflege Angehöriger oder bei eigener schwerer Erkrankung soll es möglich sein, das
Mandat für einen begrenzten Zeitraum ruhen zu lassen, ohne es niederzulegen. Zudem wollen wir
bessere Voraussetzungen für die Vereinbarung von Weiterbildung und Familie schaffen.
Familienfreundliche Weiterbildungen steigern die Karrierechancen insbesondere für Frauen.
Mehr Frauen in Führungspositionen
Wir Freie Demokraten setzen uns für mehr Vielfalt in Unternehmen sowie im öffentlichen Dienst und
damit auch für mehr Frauen in Führungspositionen ein. Gleiches soll auch für politische Positionen
gelten. Arbeitsmodelle wie geteilte Führung („Jobsharing“ und „Topsharing“) müssen
selbstverständlich werden. Außerdem treten wir dafür ein, dass sich Arbeitgeberinnen und
Arbeitgeber besser vergegenwärtigen müssen, bei gleichen Funktionen genauso viele weibliche wie
männliche Angestellte für Weiterbildungen zu berücksichtigen. Transparenz der Maßnahmen für
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mehr Diversität und Talentmanagement in Gleichstellungsberichten erhöht den öffentlichen Druck
hin zu einem Kulturwandel in Unternehmen, Wissenschaft und Verwaltung. Statt starrer Quoten
setzen wir uns für Selbstverpflichtungen ein, in denen sich größere Unternehmen verpflichten, dass
sich der Anteil von Frauen einer Unternehmensebene in der Führung der jeweiligen Ebene
widerspiegelt. Für die Vorstandsebene sollten sich Unternehmen ebenfalls zu einer Verbesserung des
Frauenanteils verpflichten.
Partnerschutz analog zum Mutterschutz einführen
Wir Freie Demokraten fordern die Einführung eines „Partnerschutzes“ analog zum „Mutterschutz“:
Nach der Geburt eines Kindes hat der andere Elternteil das Recht, zehn Arbeitstage in Partnerschutz
zu gehen. Dieser darf auch halbtägig beansprucht werden und besteht dann für die doppelte
Zeitdauer. Die Finanzierung des Partnerschutzes erfolgt äquivalent zum Mutterschutz.
Alleinerziehende haben das Recht, eine andere Person für den Partnerschutz zu benennen (zum
Beispiel Familienangehörige), die die Alleinerziehenden in dieser Zeit unterstützt. Damit wollen wir
dem erhöhten Regenerationsbedarf von Müttern nach der Geburt Rechnung tragen und die
gemeinsame Verantwortung für Familie und Kind von Anfang an stärken.
Familienbedingte Auszeiten für oberste Führungskräfte ermöglichen
Wir Freie Demokraten fordern eine zeitlich begrenzte Auszeit für Mitglieder in Vorständen sowie
Aufsichtsräten und für andere oberste Führungskräfte. In begründeten Fällen wie Geburt, Elternzeit,
Pflege Angehöriger oder bei eigener schwerer Erkrankung soll es möglich sein, das Mandat für einen
begrenzten Zeitraum ruhen zu lassen, ohne es niederzulegen. Dies ersetzt die bisherige Regelung der
vollen Haftung bei Abwesenheit oder Zwang zur Mandatsniederlegung.
Gleiche Bezahlung für gleiche Leistung – Transparenz für mehr Gerechtigkeit
Wir Freie Demokraten wollen gleiche Bezahlung für gleiche und gleichwertige Leistung von Frauen
und Männern. Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten sollen ihren unternehmensinternen
Gender-Pay-Gap auswerten und veröffentlichen. Es sollen sowohl der durchschnittliche als auch der
mittlere Verdienstunterschied und der prozentuale Anteil von Frauen und Männern in den jeweiligen
Gehaltsgruppen angegeben werden. Durch diese Mechanismen wollen wir Transparenz schaffen. Sie
ist ein wichtiger Grundstein für die eigenverantwortliche Lösung des Problems durch Arbeitgeber
und Beschäftigte.
Diversity Management in der Arbeitswelt
Wir Freie Demokraten wollen in der Arbeitswelt ein ganzheitliches Diversity Management
(Management der Vielfalt) als Teil der ökonomischen Modernisierung und als sinnvolle Alternative zu
Quoten voranbringen. So schaffen wir gleiche Chancen für Aufstieg durch Leistung – unabhängig von
Geschlecht, Alter, ethnischer Herkunft, Behinderung, sexueller Orientierung oder Religion. Gerade
der Mittelstand soll bei der Entwicklung von Konzepten unterstützt werden. Im öffentlichen Dienst
sind die Strukturen der Gleichstellungs- und Behindertenbeauftragten in ein ganzheitliches Diversity
Management einzubinden.
Menschen mit Behinderungen auf dem ersten Arbeitsmarkt stärken
Wir Freie Demokraten wollen eine bessere Beratung und Arbeitsvermittlung für Menschen mit
Behinderungen. Die Vorbereitung muss bereits in der Schule beginnen. Wir wollen die
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praxistauglichere Ausgestaltung des Budgets für Arbeit und eine praxisnahe aktive
Arbeitsvermittlung und Begleitung. Die über 300.000 Beschäftigten in einer Werkstatt für Menschen
mit Behinderungen bilden ein großes und zu wenig berücksichtigtes Potential für den ersten
Arbeitsmarkt. Wir wollen ihre Chancen auf eine reguläre Beschäftigung verbessern.
Fairness für Selbstständige
Wir Freie Demokraten fordern Fairness für Selbstständige. Ob Freie Berufe, Handwerk, Kultur- und
Kreativwirtschaft oder Dienstleistungsbranche: Selbstständige sind keine Erwerbstätigen zweiter
Klasse. Mit unterschiedlichen Reformansätzen wollen wir die Selbstständigkeit erleichtern, sie als
Selbstbestimmung ernst nehmen und für mehr öffentliche Wertschätzung von Selbstständigen
sorgen. Ungleichbehandlungen wollen wir abbauen und zum Beispiel die Beiträge für Selbstständige
zur gesetzlichen Krankenversicherung endlich an den tatsächlichen Einnahmen orientieren.
Statusfeststellung für Selbstständige reformieren
Wir Freie Demokraten fordern eine Reform des Statusfeststellungsverfahrens. Über das
Statusfeststellungsverfahren muss sich zweifelsfrei klären lassen, ob eine abhängige Beschäftigung
oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt. Klare gesetzliche Positivkriterien gewährleisten
Rechtssicherheit, indem bei Vorliegen bestimmter Kriterien eine Selbstständigkeit rechtssicher und
verbindlich festgestellt wird. Zudem soll die Prüfung durch eine unabhängige Stelle statt durch die
Rentenversicherung vorgenommen werden.
Freie Wahl bei der Altersvorsorge für Selbstständige
Wir Freie Demokraten wollen maximale Wahlfreiheit für Selbstständige bei der Altersvorsorge. Auch
die Form der Vorsorge soll frei wählbar sein. Der Zugang zur gesamten geförderten privaten
Altersvorsorge muss dabei künftig für alle Erwerbstätigen offen sein. So verhindern wir auch, dass
Personen mit Zickzack-Lebensläufen beim Wechsel in die Selbstständigkeit ihre Direktversicherung
oder ihre Riester-Förderung verlieren. Für die Gründungsphase wollen wir Karenzfristen. Dabei
halten wir eine Pflicht zur Altersvorsorge wie bei der Krankenversicherung für angemessen. Die
Wahlfreiheit soll für alle Selbstständigen ohne obligatorisches Alterssicherungssystem sowie für
Selbstständige gelten, die bisher in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert sind.
Mini- und Midijob-Grenzen an Mindestlohn koppeln
Wir Freie Demokraten wollen die Minijob- und Midijob-Grenze erhöhen und dynamisch an den
gesetzlichen Mindestlohn koppeln. Mit jeder Anpassung des Mindestlohns reduzieren sich heute die
Stunden, die Beschäftigte im Rahmen eines Mini- beziehungsweise Midijobs arbeiten dürfen. Damit
sind Mini- oder Midijobber von Erhöhungen durch die allgemeine Lohnentwicklung abgeschnitten.
Das wollen wir ändern und so für mehr Leistungsgerechtigkeit sorgen.
Tarifautonomie in der Arbeitnehmerüberlassung stärken
Wir Freie Demokraten wollen, dass Zeitarbeit dieselbe Wertschätzung erfährt wie jede andere
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auch. Wie in allen anderen Branchen müssen dabei
sämtliche gesetzlichen Pflichten eingehalten werden. Zeitarbeit sichert Teilhabe für die Beschäftigten
und Flexibilität für die Unternehmen. Unnötige gesetzliche Sondervorschriften zur Zeitarbeit
behindern aber die Integrationsfunktion der Zeitarbeit in den Arbeitsmarkt und führen zu
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zusätzlicher Bürokratie. Das wollen wir ändern und zum Beispiel die Höchstüberlassungsdauer
aufheben.
Gesundheit
Die Coronapandemie hat gezeigt, wie wichtig ein funktionierendes Gesundheitssystem ist. Wir wollen
allen Menschen eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige medizinische Versorgung sichern.
Zugleich wollen wir die Chancen des medizinischen und digitalen Fortschritts nutzen und das
Gesundheitssystem an die demographische Entwicklung und an mögliche zukünftige Pandemien
anpassen.
Krankenhäuser finanziell absichern
Wir Freie Demokraten fordern eine nachhaltige Verbesserung der Investitionsfinanzierung für
maximalversorgende und kleinere spezialisierte Krankenhäuser. Nur so können wir die
bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger sicherstellen.
Höhere Qualität muss durch das Vergütungssystem belohnt werden. Die Strukturreform im
stationären Sektor muss verantwortungsvoll weiterentwickelt und Fehlanreize für eine
Überversorgung sowie ein Überangebot an Krankenhausleistungen müssen bereinigt werden. Eine
Ungleichbehandlung von privaten, öffentlichen und konfessionellen Trägern lehnen wir genauso
entschieden ab wie eine Planungshoheit der Krankenkassen für die Versorgungsstrukturen.
Unabhängigkeit des Robert Koch-Instituts sichern
Wir Freie Demokraten wollen dem Robert Koch-Institut (RKI) politische Unabhängigkeit garantieren.
Die Präsidentin oder der Präsident und ein neu zu schaffender Vorstand sollen in fachlichen Fragen
weisungsunabhängig sein. Der Staat muss auf pandemische Notlagen mit verhältnismäßigen
Maßnahmen reagieren können. Dazu bedarf es einer klaren rechtlichen Definition. Das RKI darf keine
politikabhängige Behörde sein, sondern ist nach dem Vorbild der Deutschen Bundesbank zu einer
unabhängigen Institution umzuwandeln.
Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln gewährleisten
Wir Freie Demokraten wollen die Versorgung mit Arzneimitteln und Impfstoffen jederzeit
gewährleisten. Engpässe in der Versorgung müssen vermieden und bekämpft werden. Dazu sind
Maßnahmen zu ergreifen, die das Ziel haben, die Herstellung von Arzneimitteln nach Deutschland
oder die EU zurück zu verlagern. Im Mittelpunkt stehen dabei der Abbau von Bürokratiepflichten, die
Prüfung von Investitionsbezuschussungen für Produktionsstätten, sowie die Prüfung von Zuschüssen
zur Gewährung der Versorgungssicherheit.
Gesundheitswesen digitalisieren
Wir Freie Demokraten wollen die Digitalisierung im Gesundheitswesen durch klare und transparente
Rahmenbedingungen voranbringen. Dazu benötigen wir offene Standards, Interoperabilität und
Datensicherheit. Die Vernetzung zwischen allen Gesundheitsakteuren sowie Patientinnen und
Patienten muss digital ausgestaltet sein. Nur so ist eine schnelle Verfügbarkeit der Patientinnen- und
Patientendaten sicherzustellen. Die Digitalisierung ist kein Wert an sich, sondern sie hat das Potential
den Arbeitsalltag von allen Gesundheitsakteuren zu erleichtern. Krankenhäuser sind
Innovationsmotoren in der Krankenversorgung. Digitale Infrastruktur und robotische
Assistenzsysteme wollen wir hier gezielt fördern.
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Gesundheitswesen entbürokratisieren
Wir Freie Demokraten wollen die Entbürokratisierung des Gesundheitswesens vorantreiben. Dazu
fordern wir eine „Bepreisung“ der Bürokratie- und Berichtspflichten. Bezahlen soll sie künftig die
Person, die sie anfordert. Das schärft den Fokus auf die Behandlung und Pflege von Patientinnen
sowie Patienten und verhindert kleinteilige Gesetze und Verordnungen. Seit Jahren klagen sämtliche
Akteure im Gesundheitswesen über zunehmende bürokratische Auflagen, die nicht zu einer
Verbesserung der Versorgung führen. Im Gegenteil: Es bleibt weniger Zeit für die Patientinnen und
Patienten.
Präventionsgesetz reformieren
Wir Freie Demokraten wollen das Präventionsgesetz reformieren. Wir setzen auf Überzeugung statt
Bevormundung. Wir wollen Kindern und Jugendlichen bereits in Kindergärten, Schulen und in der
Ausbildung einen gesunden Lebensstil vermitteln und damit die Verhütung von Krankheiten
ermöglichen. Im Sinne eines lebenslangen Gesundheitslernens sollen aber auch Erwachsene
entsprechende Informationen erhalten können. Der Prävention, Krankheitsfrüherkennung und
Gesundheitsförderung kommen eine wichtige Bedeutung zu, die nicht nur das Gesundheitswesen
umfasst, sondern altersunabhängig die gesamte Gesellschaft.
Kontrollierte Freigabe von Cannabis
Wir Freie Demokraten fordern eine kontrollierte Freigabe von Cannabis. Wir setzen uns dafür ein,
den Besitz und Konsum für volljährige Personen zu erlauben. Nur mit einem Verkauf in lizenzierten
Geschäften können die Qualität kontrolliert, die Weitergabe von verunreinigten Substanzen
verhindert und der Jugendschutz gewährleistet werden. Wenn Cannabis ähnlich wie Zigaretten
besteuert wird, können jährlich bis zu einer Milliarde Euro eingenommen werden. Zu beachten bleibt
jedoch, dass eine zu hoch angesetzte Steuer und damit ein entsprechend hoher Preis nicht zur
effektiven Eindämmung des Schwarzmarktes führen wird. Das zusätzliche Geld soll für Prävention,
Suchtbehandlung und Beratung eingesetzt werden. Das Verbot von Cannabis kriminalisiert unzählige
Menschen, bindet immense Polizeiressourcen und erleichtert durch illegalen Kontakt zu Dealern den
Einstieg zu härteren Drogen.
Faire Rahmenbedingungen für Innovation im Gesundheitswesen
Wir Freie Demokraten fordern mehr Anstrengungen für Innovationen bei Arzneimitteln,
Medizintechnik und Digitalisierung, denn das benötigen wir für ein gutes Leben und für
zukunftsfähige Arbeitsplätze. Sie müssen ein Schwerpunkt in der Forschungsförderung sein, mit
unbürokratischer Vergabe von Fördergeldern, gerade an Start-ups. Besonders die Biomedizin birgt
ein großes Potential – zum Beispiel mit Gentherapien oder regenerativer Medizin. Daher setzen wir
uns in diesen Schlüsseltechnologien für offenere und innovationsfördernde Rahmenbedingungen ein.
Die innovative Vernetzung von Start-ups mit dem Gesundheitswesen über alle Phasen der klinischen
Entwicklung hinweg, die Förderung von Kooperationen zwischen Krankenkassen, Wissenschaft und
Industrie sowie der Ausbau von Hightech-Gesundheitsmedizin am Standort Deutschland sind Treiber
einer optimalen Patientenversorgung. Damit private Investitionen mobilisiert werden, muss geistiges
Eigentum im Patentrecht strikt geschützt bleiben, auch bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen.
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Der Freie Beruf ist das Fundament einer liberalen Gesundheitsversorgung
Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass auch weiterhin die Freien Berufe im
Gesundheitswesen gestärkt werden. Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Zahnärztinnen und
Zahnärzte, Tierärztinnen und Tierärzte, Apothekerinnen und Apotheker, Heilmittelerbringerinnen
und Heilmittelerbringer sowie Hebammen und Geburtshelfer müssen in medizinischen Fragen
autonom und frei von Weisungen Dritter entscheiden können. Denn die Therapiefreiheit der
Behandlung ohne Budgetierungszwang kommt den Patientinnen und Patienten zugute. Freiheit und
Verantwortung sind die Basis der Vertrauensbeziehung zwischen Ärztin und Patient. Um den
Fachkräftemangel ein Stück weit im Gesundheitswesen und insbesondere bei den
Heilmittelerbringern zu begegnen, sollten Auszubildende bundesweit von der Zahlung von
Schulgeldern befreit sein.
Selbstbestimmung auch am Lebensende
Wir Freie Demokraten fordern ein liberales Sterbehilfegesetz. Es soll klar regeln, unter welchen
Voraussetzungen Menschen Hilfe zur Selbsttötung in Anspruch nehmen und leisten dürfen. Es muss
auch die Möglichkeit geben, ein letal wirkendes Medikament zu erhalten. Voraussetzung muss sein,
dass der Wunsch frei und eigenverantwortlich sowie im Vollbesitz der geistigen Kräfte gebildet
wurde. Für uns gilt das Selbstbestimmungsrecht auch am Lebensende.
Medizinische Versorgungsstrukturen gemeinsam planen
Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass jede Patientin und jeder Patient die beste
Versorgung erhält. Dafür muss die Gesundheitsversorgung künftig umfassend, regional und
patientenzentriert gedacht werden. Wir wollen die künstliche Sektorenbarriere zwischen dem
ambulanten und dem stationären Versorgungsbereich konsequent abbauen und die Verzahnung und
Vernetzung aller Versorgungsbereiche weiterentwickeln. Den Rettungsdienst wollen wir
modernisieren und die Notfallversorgungsstrukturen bedarfsgerechter und vernetzter gestalten.
Integrierte Gesundheitszentren sollen dabei unterstützen, die regionale Grundversorgung mit
ambulanten und kurzstationären Behandlungen zu sichern. Die Bedürfnisse des ländlichen Raums mit
seiner besonderen Versorgungsstruktur sollen durch entsprechende Programme berücksichtigt
werden. Wir lassen uns weiterhin vom Grundsatz „ambulant vor stationär“ leiten. Die gesetzlichen
Vergütungsregelungen erschweren es derzeit, Behandlungsmethoden aus dem Krankenhaus in den
ambulanten Sektor zu überführen. Für die Dauer der Entscheidungsverfahren muss die stationäre
Vergütung erhalten bleiben, damit keine Patientin und kein Patient unversorgt bleibt.
Psychische Gesundheit fördern – weniger Wartezeiten
Wir Freie Demokraten wollen die Wartezeiten auf einen Therapieplatz reduzieren, den Ausbau von
Therapieplätzen fördern, Prävention und Aufklärung stärken sowie die Ausbildung der
psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten weiterentwickeln. Die Anzahl der
Kassensitze für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wollen wir deutlich erhöhen. Ebenso
wollen wir mehr Studienplätze für Psychologie und Psychotherapie schaffen. Schulpsychologische
Beratungsangebote wollen wir ausbauen. Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter sollen an jeder
Schule verfügbar sein. Schließlich fordern wir eine bundesweite Aufklärungskampagne zur
Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen, denn die psychische Gesundheit ist eine wesentliche
Voraussetzung für Lebensqualität, Leistungsfähigkeit und soziale Teilhabe. Durch die Förderung von
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psychischer Gesundheit und Prävention wird die Gesellschaft sensibilisiert und Einzelnen kann
schnell geholfen werden.
Mehr Wettbewerb zwischen Krankenkassen ermöglichen
Wir Freie Demokraten setzen uns für einen qualitäts-, effizienz- und innovationssteigernden
Wettbewerb unter den Kassen ein. Dieser sorgt dafür, dass Patientinnen und Patienten gut versorgt
werden und schneller vom medizinischen Fortschritt profitieren. Dazu wollen wir den gesetzlichen
Spielraum für Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern ausweiten, um innovative
Versorgungsformen zu stärken. Krankenkassen sollen ihren Versicherten finanzielle Anreize wie
beispielsweise Selbstbeteiligungen, Bonuszahlungen oder Beitragsrückerstattungen anbieten dürfen.
Dadurch können die Nachfrage gesteuert, Bürokratie abgebaut und Wirtschaftlichkeitsreserven
erhöht werden. Zudem sollen Krankenkassen ihren Versicherten freiwillig zusätzliche Leistungen
anbieten können, wie beispielsweise die Kostenübernahme für Verhütungsmethoden über das 22.
Lebensjahr hinaus.
Mündige Bürgerinnen und Bürger auch in der Krankenversicherung
Wir Freie Demokraten wollen den Wechsel zwischen gesetzlicher (GKV) und privater (PKV)
Krankenversicherung vereinfachen. Wir stehen für ein solidarisches und duales Gesundheitssystem,
in dem die Wahlfreiheit der Versicherten durch Krankenkassen- und Krankenversicherungsvielfalt
gewährleistet ist. Dazu gehört neben einer starken privaten auch eine freiheitliche gesetzliche
Krankenversicherung. Diese soll Versicherten- und Patienteninteressen in den Mittelpunkt rücken
und Möglichkeiten bieten, aus verschiedenen Modellen zu wählen.
Faire Wettbewerbsbedingungen für Apotheken
Wir Freie Demokraten wollen die flächendeckende Versorgung mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln
sowie eine qualifizierte Beratung von Patientinnen und Patienten. Wir fordern faire
Rahmenbedingungen zwischen inländischen Apotheken sowie in- und ausländischen
Versandapotheken. Ein pauschales Versandhandelsverbot für rezeptpflichtige Arzneimittel lehnen
wir ab, denn alle Patientinnen und Patienten sollten eine Wahlfreiheit haben. Außerdem muss die
freie Apothekenwahl jederzeit gewährleistet sein.
Pflege
Pflegebedürftigkeit kann jede und jeden treffen – ob durch Unfall, Krankheit oder im Alter. Dann
vertrauen wir auf eine menschliche und qualitativ hochwertige Pflege. Allerdings haben wir in
Deutschland einen dramatischen Mangel an Pflegefachkräften, die dadurch oftmals überlastet sind
und den eigenen Ansprüchen an ihre Arbeit nicht gerecht werden können. Das ist frustrierend und
führt nicht selten zu Burn-out und zur Berufsaufgabe. Wir Freie Demokraten wollen dem
entgegenwirken und wieder mehr Zeit für Zuwendung ermöglichen – durch einen umfassenden
Bürokratieabbau, bessere Arbeitsbedingungen und die Nutzung digitaler Potentiale im Pflegebereich.
Wichtig ist uns dabei vor allem eines: Die beruflich Pflegenden an zentraler Stelle in die Erarbeitung
der nötigen Reformen einzubinden und so ihre fachliche Expertise zu nutzen.
Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern
Wir Freie Demokraten fordern bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege. Darum wollen wir von der
Bildung über eine bedarfsgerechte Personalbemessung bis hin zu mehr Karrierechancen dafür
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sorgen, dass der Beruf wieder attraktiver wird. Nur so können wir den Personalmangel an seinem
Ursprung angreifen und mehr Personal in die Versorgung bringen. Geben wir den Pflegenden wieder
Zeit und Raum für ihre Arbeit!
Reform der Pflegeausbildung
Wir Freie Demokraten wollen mehr digitale Inhalte, eine Stärkung der pflegerischen Kompetenzen
und eine leistungsgerechte Durchlässigkeit in Pflegeberufen. Denn Pflege ist ein hoch anspruchsvoller
Beruf: empathisch und sozial, aber gleichzeitig zunehmend durch technologische Entwicklung
geprägt. Das muss sich auch in der Ausbildung wiederfinden. Wir wollen Pflegenden ihre
Berufsbiographie von der Assistenzkraft bis zur Pflegeprofessur selbst in die Hand legen. Machen wir
den Weg frei für diese Entwicklung! Wir setzen uns zudem für die Ausweitung von
Pflegewissenschaften an den Hochschulen ein, sodass auch ein (duales) Studium für den
Pflegebereich das Berufsfeld für neue Personengruppen öffnen kann. Der Fachkräftemangel im
Gesundheitswesen darf nicht zulasten der Auszubildenden gehen. Diese müssen die Möglichkeit
bekommen, adäquat praktisch ausgebildet zu werden. Sie dürfen nicht zu „Lückenbüßern” werden.
Zur Berechnung des Pflegeschlüssels sollen Auszubildende künftig nicht mehr herangezogen werden.
Bedarfsgerechte Pflege statt starrer Quoten
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine bedarfsgerechte Versorgung ein und fordern die Abkehr
von reinen Pflegepersonal-Untergrenzen. Pflege muss sich am Bedarf der Menschen orientieren,
nicht an starren Regeln. Daher brauchen wir ein Instrument wie die „Pflegepersonal-Regelung 2.0“
und einen ausgewogenen Qualifikationsmix.
Digitalisierungsschub und Entbürokratisierung für die Pflege
Wir Freie Demokraten wollen die Arbeit in der Pflege durch digitale Anwendungen, Automatisierung
sowie Robotik unterstützen und Pflegende dadurch entlasten. Von der elektronischen
Patientenkurve über die automatisierte Medikamentenausgabe bis hin zu robotischen
Lagerungshilfen ist vieles möglich. Digitale Anwendungen können maßgeblich zur Erleichterung des
Arbeitsalltags pflegender Personen beitragen. Sie helfen gleichzeitig, Risiken für Pflegebedürftige,
beispielsweise bei Medikationsänderungen, zu vermeiden.
Pflegende Angehörige entlasten
Wir Freie Demokraten fordern den Ausbau von Kurzzeitpflegeplätzen. Denn pflegende Angehörige
sind eine tragende Säule der pflegerischen Versorgung in unserem Land. Sie benötigen dringend
mehr Unterstützung und niedrigschwellige Beratungsangebote. Kurzzeitpflegeplätze sollten über ein
Online-Register einsehbar sein. Insbesondere zur Unterstützung der Betreuung von Menschen mit
Demenz braucht es mehr aufsuchende Beratung und den Ausbau demenzfreundlicher Quartiere. Und
auch in der häuslichen Versorgung kann mit digitalen Anwendungen und Telepflege eine Entlastung
geschaffen werden. Gerade in ländlichen Gebieten könnten wir dadurch eine gute Versorgung im
gewohnten Umfeld länger möglich machen.
Liberales Pflegebudget einführen
Wir Freie Demokraten fordern die Einführung des Liberalen Pflegebudgets. Jede Person soll selbst
entscheiden können, welche Hilfe und Leistungen bei der Gestaltung des Alltags am besten sind.
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Dazu wollen wir alle Leistungsansprüche der jeweiligen Pflegegrade in ein monatliches Pflegebudget
überführen, über das unbürokratisch und transparent verfügt werden kann.
Drei-Säulen-Modell für Pflege
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine nachhaltige, generationengerechte Finanzierung der Pflege
ein. An der Pflegeversicherung als Teilleistung ist festzuhalten und sie ist zudem durch
Kapitaldeckungselemente zu ergänzen. Wie auch bei der Rente wollen wir ein Drei-Säulen-Modell für
die Pflege einführen – bestehend aus der sozialen Pflegeversicherung sowie aus privater und
betrieblicher Vorsorge. Insbesondere der Ausbau von betrieblichen Modellen zur
Pflegezusatzvorsorge ist zu unterstützen. Eigenverantwortung endet nicht bei der
Pflegebedürftigkeit. Mit Blick auf den demographischen Wandel sowie die Entwicklung der
Sozialabgaben ist es unvertretbar, die Pflegefinanzierung allein auf zukünftige Generationen
abzuwälzen.
Modernes Recht für starke Familien
Die wichtigsten Entscheidungen sind oft die persönlichsten. Wen wir lieben, wie wir lieben, wie wir
leben, wie wir Kinder erziehen und aufziehen – darin müssen alle frei sein. Für uns ist Familie überall
dort, wo Menschen dauerhaft und verbindlich füreinander Verantwortung übernehmen. Wir Freie
Demokraten wollen eine moderne Familienpolitik für Deutschland, in der jede Familie ihre
Entscheidungen selbst treffen kann. Wir setzen uns für ein modernes Sorge-, Adoptions-,
Reproduktions- und Abtreibungsrecht ein.
Kinderchancengeld einführen
Wir Freie Demokraten wollen ein Kinderchancengeld. Es besteht aus: Grundbetrag, Flexibetrag und
nichtmateriellem Chancenpaket. Die Angebote für bessere Chancen, Bildung und Teilhabe werden
ausgeweitet und können von Kindern und Jugendlichen selbstständig über ein Kinderchancenportal
kinderleicht abgerufen werden. Das Kinderchancengeld ist einfach, digital und ermöglicht echte
Aufstiegschancen.
Update für das Elterngeld
Wir Freie Demokraten wollen das Elterngeld entbürokratisieren und digitalisieren sowie den
Partnerschaftsbonus flexibilisieren. Ungerechtigkeiten wie beim Insolvenzgeld oder bei
Mischeinkünften wollen wir abbauen. Auch das „ElterngeldPlus“ und den Partnerschaftsbonus
passen wir der Lebensrealität der Familien an.
Rechtsanspruch auf Partnermonate verlängern – Familien stärken
Wir Freie Demokraten wollen den Rechtsanspruch auf „Partnermonate“ beim Elterngeld auf drei
Monate verlängern. Damit erhöht sich die Bezugsdauer auf maximal 15 Monate. Das gilt auch für
Alleinerziehende. Die Mindest- und Maximalbeträge wollen wir erhöhen, auch als Inflationsausgleich.
Dadurch wollen wir Anreize für eine ausgewogenere Aufteilung der Familienarbeit zwischen den
Elternteilen schaffen.
Höhere Freibeträge für Familien und Alleinerziehende
Wir Freie Demokraten wollen Familien und Alleinerziehende entlasten. Dazu wollen wir den Kinder-
und Auszubildendenfreibetrag sowie den Freibetrag für Alleinerziehende anheben. Auch die
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steuerliche Absetzbarkeit von Betreuungskosten, gesetzlichen Unterhaltsleistungen und
haushaltsnahen Dienstleistungen wollen wir verbessern. Am Splittingverfahren für Ehe- und
eingetragene Lebenspartnerschaften wollen wir festhalten. Ebenso kann es sinnvoll sein, künftig
stärker mit - von der Steuerschuld abzuziehenden - Steuergutschriften zu arbeiten. Dadurch wirken
Freibeträge besser für die niedrigen und mittleren Einkommen.
Heim- und Pflegekinder bei Ausbildung unterstützen
Wir Freie Demokraten wollen das Angebot an Berufs- und Studienberatung in
Jugendpflegeeinrichtungen erweitern. Heim- und Pflegekinder müssen ihr selbstständig verdientes
Geld behalten können. Sie dürfen nicht mehr zur Finanzierung ihrer Unterbringung herangezogen
werden. Zudem muss eine Verlängerung der Unterbringung im Jugendheim oder bei Pflegefamilien
auch über das 18. Lebensjahr hinaus unkompliziert möglich sein, solange die Jugendlichen noch zur
Schule gehen oder sich in einer Berufsausbildung befinden. So erleichtern wir den Betroffenen die
Erlangung von Berufs- und Schulabschlüssen, einschließlich der Hochschulreife.
Modernes Fortpflanzungsmedizingesetz schaffen
Wir Freie Demokraten wollen ein modernes Fortpflanzungsmedizingesetz. Wir fordern die
Legalisierung der Eizellspende sowie die Klarstellung, dass die Embryonenspende zulässig ist. Wir
wollen außerdem die nichtkommerzielle Leihmutterschaft ermöglichen und fordern hierfür einen
klaren Rechtsrahmen. Die Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin sollen allen Menschen
unabhängig vom Familienstand und der sexuellen Orientierung zugänglich sein.
Ungewollt Kinderlose unterstützen
Wir Freie Demokraten wollen eine bessere finanzielle Förderung von Kinderwunschbehandlungen.
Die Bundesförderung darf nicht mehr von einer Landesbeteiligung abhängig sein. Langfristig sollen
die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten bei Vorlage einer medizinischen Indikation wieder
vollständig übernehmen. Auch Paare ohne Trauschein und Alleinstehende sollen einen Anspruch auf
Förderung haben.
Mehrelternschaft und Elternschaftsvereinbarungen rechtlich anerkennen
Wir Freie Demokraten wollen Mehrelternschaften rechtlich anerkennen und rechtswirksame
Elternschaftsvereinbarungen bereits vor der Empfängnis ermöglichen. Bis zu vier Elternteile sollen im
Interesse des Kindeswohls rechtliche Eltern sein können. Eine Überforderung des Kindes im
Erwachsenenalter kann durch Quotierungen von unterhaltsrechtlichen Ansprüchen vermieden
werden. Die Ehefrau der leiblichen Mutter soll von Geburt an automatisch rechtlich zweite Mutter
sein, wenn das Kind mit Hilfe einer nicht-gerichteten Samenspende gezeugt wurde oder der leibliche
Vater anderweitig Einvernehmen erklärt hat.
Adoptionsrecht für alle
Wir Freie Demokraten wollen Adoptionen auch unverheirateten Paaren ermöglichen. Unverheiratete
Paare sollen verheirateten Paaren im Adoptionsrecht gleichgestellt werden. Zur Vermeidung von
Diskriminierung soll das Adoptionsverfahren solange wie möglich anonym sein. Bei
Stiefkindadoptionen soll das Verwandtschaftsverhältnis zu beiden leiblichen Elternteilen erhalten
bleiben können, sofern dies einvernehmlich gewünscht wird und es dem Kindeswohl nicht
widerspricht.
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Hebammen und Geburtshelfer entlasten
Wir Freie Demokraten wollen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Hebammen und
Geburtshelfer sowie innovative Möglichkeiten für eine bessere Unterstützung. Wir befürworten
Lösungen, um Hebammen vor unverhältnismäßigen finanziellen Belastungen ihrer freiberuflichen
Arbeit zu schützen. Von fachfremden Tätigkeiten wollen wir Hebammen entlasten. Engagierten
Schulabsolventinnen und Schulabsolventen, die die EU-Mindestvorgaben zum Erlernen des
Hebammenberufes nicht erfüllen, wollen wir bezüglich des Ziels einer solide finanzierten Eins-zu-
eins-Betreuung dennoch ermöglichen, in der Geburtshilfe tätig zu werden. Dafür schlagen wir vor,
den ergänzenden Beruf der „Mütterpflegekraft“ für die Vor- und Nachsorge im Wochenbett
einzuführen.
Abschaffung § 219a Strafgesetzbuch
Wir Freie Demokraten fordern, Paragraf 219a des Strafgesetzbuchs (StGB) ersatzlos zu streichen. Es
ist abwegig, dass sachliche Informationen auf der Homepage einer Ärztin oder eines Arztes über
einen legalen ärztlichen Eingriff strafbares Unrecht sein sollen. Ein Schwangerschaftsabbruch ist in
Deutschland nach der Maßgabe des Paragrafen 218 StGB legal. Die sachliche Information darüber
kann daher kein strafbares Unrecht sein. Frauen sind vielmehr in einer schwierigen Lage auf genau
diese Informationen angewiesen, um schnell Zugang zu einer seriösen Beratung gerade durch
Ärztinnen und Ärzte zu erhalten, die den Eingriff selbst anbieten. Es ist wichtig, dass Ärztinnen und
Ärzte verlässliche Regeln haben, wie sie informieren dürfen und Frauen ein flächendeckendes und
objektives Beratungsnetzwerk zur Verfügung steht. Eine Konfliktberatung soll auch online
durchgeführt werden können.
Selbstbestimmungsgesetz schaffen – geschlechtliche Identität schützen
Wir Freie Demokraten wollen das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein
Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand müssen
ohne diskriminierende Hürden grundsätzlich per Selbstauskunft möglich sein. Ein erweitertes
Offenbarungsverbot soll vor Diskriminierung schützen. Aufklärungs- und Beratungsangebote wollen
wir stärken. Die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen müssen vollständig von den
Krankenkassen übernommen werden. Medizinisch nicht notwendige genitalverändernde
Operationen an intergeschlechtlichen Kindern sind wirksam zu verbieten, um deren
Selbstbestimmung zu stärken.
Verantwortungsgemeinschaft einführen
Wir Freie Demokraten wollen die Verantwortungsgemeinschaft neben der Ehe gesetzlich verankern.
Dabei soll die Ausgestaltung der Rechte und Pflichten innerhalb einer Verantwortungsgemeinschaft
stufenweise variiert werden können. Zwei oder mehr volljährige Personen, die sich persönlich
nahestehen, aber nicht miteinander verheiratet, verpartnert oder in gerader Linie verwandt sind,
sollen eine Verantwortungsgemeinschaft möglichst unbürokratisch gründen können. Die Belange der
Kinder und das Namensrecht bleiben davon unberührt. Auch sollen keine Aufenthaltsberechtigungen
oder eine Arbeitserlaubnis begründet werden. In einer Zeit, in der traditionelle Familienstrukturen
gerade im Alter nicht immer tragen, wächst der Bedarf an neuen Formen gegenseitiger Absicherung.
Der Grundgedanke einer solchen Verantwortungsgemeinschaft ist größtmögliche Flexibilität bei
maximaler Selbstbestimmung.
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Wechselmodell zum Leitbild machen
Wir Freie Demokraten wollen das sogenannte „Wechselmodell“ zum gesetzlichen Leitbild bei der
Betreuung minderjähriger Kinder nach einer Trennung der Eltern machen. Beide Eltern sollten
berechtigt und verpflichtet sein, sowohl für den Unterhalt als auch für die Betreuung mit einem
substantiellen Anteil zu sorgen. Viele Eltern möchten die Kinder auch nach der Trennung gemeinsam
erziehen. Die Politik muss die gesetzlichen Rahmenbedingungen hierfür schaffen und insbesondere
vorsehen, dass Erziehungs- und Unterhaltsverantwortung gemeinschaftlich ausgeübt werden, wenn
das Kindeswohl dem nicht entgegensteht.
Umgangsrecht der Großeltern mit Enkelkindern verbessern
Wir Freie Demokraten wollen den für das Kindeswohl wichtigen Umgang von Großeltern mit ihren
Enkelkindern auf eine bessere Grundlage stellen, denn der Umgang der Großeltern mit ihren
Enkelkindern kann für das Kindeswohl von entscheidender Bedeutung sein.
Schutz der Privatsphäre
Der Schutz der Privatsphäre ist ein Kernanliegen für uns Freie Demokraten. Statt immer
weitergehender Überwachungsbefugnisse wollen wir Polizei und Justiz von unnötiger Bürokratie
befreien sowie besser und moderner ausstatten. Sicherheit muss nicht zulasten der Grundrechte
unbescholtener Bürgerinnen und Bürger gehen.
Selbstbestimmung und Transparenz beim Datenschutz
Wir Freie Demokraten wollen mehr Selbstbestimmung und Transparenz beim Datenschutz.
Personenbezogene Daten dürfen grundsätzlich nur nach Zustimmung oder auf einer eindeutigen
gesetzlichen Grundlage verarbeitet werden. Es muss klar sein, zu welchem Zweck und von wem
Daten verwendet werden. Die informationelle Selbstbestimmung wollen wir erleichtern, zum Beispiel
durch technische Gestaltung (privacy by design and default) oder die Möglichkeit, Assistenz-Systeme
(Personal Information Management Systems (PIMS)) zu nutzen. Personenbezogene Daten sind heute
ein Wirtschaftsgut. Deshalb sollte die informationelle Selbstbestimmung auch im AGB-Recht gestärkt
werden. Wir brauchen eine faire und funktionierende Datenwirtschaftsordnung. Selbstbestimmung
über die eigenen Daten ist Grundlage dafür.
Datenschutzrecht weiterentwickeln
Wir Freie Demokraten wollen Datenschutz konsequent weiterentwickeln. Wir werden darauf achten,
dass die Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen, deren Kerngeschäft nicht der Umgang
mit personenbezogenen Daten ist, stärker berücksichtigt werden. Der bürokratische Aufwand der
Verpflichtungen muss überprüft werden. Datenschutzrechtlich ebenso wirksame, aber weniger
aufwendige technische Lösungen müssen nutzbar gemacht werden. Schon bei der Konstruktion von
Hard- und Software müssen der Datenschutz von Herstellerinnen und Herstellern mitgedacht und die
Ausübung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung erleichtert werden. Wir brauchen
zielgenauere datenschutzrechtliche Regelungen etwa beim Schutz von Telekommunikationsdaten
oder der Datenverarbeitung durch Drohnen, um Unternehmen und betroffenen Personen mehr
Rechtssicherheit zu bieten, ohne das Schutzniveau der Datenschutz-Grundverordnung zu
unterschreiten.
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Für eine liberale Datenpolitik
Wir Freie Demokraten fordern eine Datenpolitik, die den Prinzipien von Selbstbestimmung über die
eigenen Daten und Wettbewerb dient sowie Innovationen ermöglicht. Für einen echten Wettbewerb
brauchen die Bürgerinnen und Bürger Entscheidungsfreiheit. Diese setzt voraus, dass sie ihre Daten
leicht zu anderen Anbieterinnen und Anbietern mitnehmen können (Datenportabilität). Mittelfristig
wollen wir – wie im Telefonnetz – eine Interoperabilität zwischen Diensten verschiedener Anbieter
(zum Beispiel sozialer Netzwerke) erreichen und die Anbieterinnen dazu verpflichten, die
notwendigen Schnittstellen bereitzuhalten. Wir wollen einen EU-weiten Rechtsrahmen für nicht-
personenbezogene Daten schaffen. Die Nutzerinnen und Nutzer sollen ein Nutzungsrecht an den
Daten erhalten, an deren Erzeugung sie mitgewirkt haben. Eine generelle Datenteilungspflicht lehnen
wir ab, denn auch die Kosten der Sammlung und Aufbereitung nicht-personenbezogener Daten
müssen sich amortisieren können. Stattdessen wollen wir den Zugang zu Datenbeständen
sektorbezogen und gegen Entgelt ermöglichen, wenn ein Wettbewerber keine Chance hat, selbst
entsprechende Datenbestände aufzubauen.
Recht auf Verschlüsselung einführen
Wir Freie Demokraten setzen uns für ein Recht auf Verschlüsselung ein und fordern eine
grundsätzliche Verschlüsselung elektronischer Kommunikation. Jede Einschränkung des Einsatzes von
Kryptographie und jede Verpflichtung zum Offenhalten von IT-Sicherheitslücken lehnen wir ab. Bei
der Verschlüsselung von Daten und des Netzverkehrs geht es um den Schutz des Eigentums, der
Privatsphäre und der Vertraulichkeit der Kommunikation.
Keine Totalüberwachung mittels Online-Durchsuchung und Quellen-TKÜ
Wir Freie Demokraten lehnen die potentiell lückenlose digitale Überwachung der Menschen durch
den Einsatz von „Staatstrojanern“, insbesondere zur nachrichtendienstlichen Aufklärung, ab. Solange
nicht sichergestellt ist, dass der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung der Menschen geschützt
ist, hat ihr Einsatz zu unterbleiben. Für Quellentelekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) und
Online-Durchsuchung muss derselbe Maßstab gelten. Statt der Ausnutzung von Sicherheitslücken
fordern wir eine Priorität für die IT-Sicherheit und ein klar geregeltes Schwachstellenmanagement.
Der Staat darf keine Sicherheitslücken für Ermittlungszwecke aufkaufen. Wenn einer staatlichen
Stelle Sicherheitslücken bekannt werden, muss sie diese umgehend dem Bundesamt für Sicherheit in
der Informationstechnik (BSI) melden, das eine Schließung der Lücke durch den Hersteller
herbeiführt oder, wenn dies nicht gelingt, die Lücke nach den allgemeinen Grundsätzen der
Cybersicherheit koordiniert veröffentlicht.
Quick Freeze statt Vorratsdatenspeicherung
Wir Freie Demokraten lehnen die anlasslose Speicherung personenbezogener Daten ab. Dies gilt
insbesondere für die anlasslose Speicherung aller Telekommunikationsverbindungsdaten auf Vorrat.
Eine solche Vorratsdatenspeicherung stellt alle Bürgerinnen und Bürger unter Generalverdacht. Nach
Ansicht des Europäischen Gerichtshofs verstößt sie daher gegen die europäischen Grundrechte.
Stattdessen schlagen wir Quick-Freeze-Verfahren als grundrechtsschonende Alternative vor. Dabei
können im Verdachtsfall bestimmte Daten auf richterliche Anordnung gesichert werden.
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Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum
Wir Freie Demokraten fordern ein Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum und lehnen den
Einsatz der automatisierten Gesichtserkennung ab. Videoüberwachung ist kein Ersatz für Beamtinnen
und Beamte und kein Allheilmittel. Durch den Einsatz von Software zur automatisierten und
massenhaften Gesichtserkennung im öffentlichen Raum droht eine Totalüberwachung. Eine
flächendeckende Videoüberwachung lehnen wir daher ab und sehen auch die Ausweitung privater
Videoüberwachung, die dann für staatliche Zwecken nutzbar gemacht wird, kritisch. Eine intelligente
Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten kann aber eine sinnvolle Ergänzung zur
Gefahrenabwehr und Strafverfolgung sein, wenn sie verantwortungsvoll und nicht als Ersatz für
Polizeipräsenz eingesetzt wird. Das Recht auf Anonymität im öffentlichen Raum gilt auch für den
digitalen öffentlichen Raum.
Überwachungsgesamtrechnung einführen – Moratorium für Sicherheitsgesetze
Wir Freie Demokraten fordern eine Überwachungsgesamtrechnung bei jedem
Gesetzgebungsverfahren im Sicherheitsrecht. Bis zu ihrer Einführung fordern wir ein
Sicherheitsgesetz-Moratorium. Die Auswirkungen von neuen Überwachungs- und
Informationserhebungsmaßnahmen müssen im Zusammenhang mit bereits bestehenden
Befugnissen bewertet werden. Dies leistet die Überwachungsgesamtrechnung. Angesichts der
Vielzahl bestehender Überwachungsbefugnisse und zunehmender Überwachungsmöglichkeiten
durch den Einsatz vernetzter Geräte im Alltag ist eine Bilanz dringend geboten.
Bargeld erhalten, Krypto-Währungen fördern
Wir Freie Demokraten setzen uns für die uneingeschränkte Nutzbarkeit von Bargeld als
Zahlungsmittel ein. Bargeld sollte als Alternative zu digitalen Zahlungsformaten bestehen bleiben.
Zugleich begrüßen wir die Weiterentwicklung von Kryptowährungen. Bargeld ermöglicht uns, ohne
staatliche Kontrolle und Überwachung Geld aufzubewahren. Zudem setzt die Möglichkeit der
Bürgerinnen und Bürger, auf Bargeld auszuweichen, der Negativzinspolitik der Europäischen
Zentralbank enge Grenzen. Wir begrüßen zudem alternative Tauschmittel wie Kryptowährungen auf
Blockchain sowie anderen Basen und wollen die Schaffung eines verlässlichen rechtlichen Rahmens
fördern und weiterentwickeln.
Handlungsfähiger Rechtsstaat
Extremismus und Terrorismus sind eine Bedrohung für unsere Demokratie und unsere offene und
freie Gesellschaft. Der Rechtsstaat muss daher besser organisiert sein als das Verbrechen. Wir
brauchen einen handlungs- und durchsetzungsstarken Rechtsstaat, der Sicherheit und Freiheit
gleichermaßen gewährleistet. Dazu wollen wir Freie Demokraten Polizei und Justiz besser ausstatten,
unsere Sicherheitsarchitektur erneuern und den Feinden des Rechtsstaats entschieden
entgegentreten.
Strafprozess effektiver, schneller, moderner und praxistauglicher machen
Wir Freie Demokraten wollen Strafprozesse effektiver, schneller, moderner und praxistauglicher
machen – ohne dass sich dies einseitig zu Lasten der Rechte des Beschuldigten und dessen
Verteidigung auswirkt. Dazu wollen wir den deutschen Strafprozess, dessen Grundstruktur noch aus
dem Kaiserreich stammt, grundlegend modernisieren. Der Rechtsstaat muss auch in komplexen und
exponierten Verfahren seine Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen. So muss der Strafprozess
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digitaler und kommunikativer werden. Vernehmungen und Hauptverhandlung müssen in Bild und
Ton aufgezeichnet werden – das ist international Standard. Hauptverhandlungen könnten
konzentrierter und schneller durchgeführt werden, wenn das Gericht mit Verteidigung und
Staatsanwaltschaft Gespräche über die Verfahrensgestaltung führen könnte.
Gerichtsverfahren modernisieren und beschleunigen
Wir Freie Demokraten wollen Gerichtsverfahren modernisieren und beschleunigen. In einem
Digitalpakt für die Justiz soll sich der Bund daran beteiligen, die technische Ausstattung der Justiz in
den Ländern deutlich zu verbessern, um zum Beispiel virtuelle Verhandlungen zu ermöglichen. Wir
wollen außerdem den Zugang zum Recht erleichtern, indem geringfügige Forderungen in einem
vollständig digitalen, kostengünstigen und schnellen Verfahren geltend gemacht werden können.
Auch international wollen wir den Justizstandort Deutschland stärken. Wir Freie Demokraten fordern
einen eigenen Internationalen Handelsgerichtshof für Deutschland.
Legal Tech nutzen: Anwaltliches Berufsrecht modernisieren
Wir Freie Demokraten wollen den Rechtsrahmen für Legal Tech-Unternehmen erweitern und auch
das anwaltliche Berufsrecht modernisieren. Wir wollen das Verbot von Erfolgshonoraren abschaffen
und das Fremdbesitzverbot lockern. Wir erleichtern die Durchsetzung kleiner Forderungen, für die
der Rechtsweg bislang zu teuer oder zu mühsam ist. Der Rechtsrahmen soll klare Anforderungen an
Qualität und Sachkunde, als auch strikte Transparenzregeln von Legal Tech-Unternehmen festlegen.
Damit stärken wir Wettbewerb und Verbraucherschutz.
Föderalismusreform III: Klare Zuständigkeiten in der Sicherheitsarchitektur
Wir Freie Demokraten fordern eine Föderalismuskommission III von Bund und Ländern. Die
Kommission soll Vorschläge für eine Reform der Sicherheitsarchitektur unterbreiten, etwa durch eine
Reduzierung der Anzahl der Landesämter für Verfassungsschutz. Zuständigkeiten,
Verantwortlichkeiten und Verfahren müssen klarer werden. Die parlamentarische Kontrolle und
Datenschutzaufsicht muss auch in den Kooperationsplattformen der Sicherheitsbehörden
sichergestellt sein, insbesondere im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum (GTAZ) und im
Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ). Dazu fordern wir für diese
Kooperationsplattformen eine gesetzliche Grundlage, die den Datenaustausch zwischen den
Behörden regelt. Wir wollen hierbei die Aufgaben von Nachrichtendiensten und Polizei voneinander
getrennt halten und dieses Trennungsgebot im Grundgesetz verankern.
Europäisches Kriminalamt schaffen
Wir Freie Demokraten fordern, Europol zu einem echten Europäischen Kriminalamt auszubauen. Die
eigenen operativen Möglichkeiten von Europol müssen ausgedehnt werden. Terrorismus,
organisierte Kriminalität und Cyberkriminalität machen nicht an Landesgrenzen halt. Die
Erkenntnisse der nationalen Sicherheitsbehörden zu grenzübergreifenden Sachverhalten sollen
gemeinsam ausgewertet und Einsätze der Mitgliedstaaten koordiniert werden. Gefährder-
Definitionen und Datenbanken müssen auf europäischer Ebene vereinheitlicht werden und
kompatibel sein. Außerdem wollen wir die europäische Cybersicherheits-Behörde ENISA stärken.
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Kontrolle der Nachrichtendienste durch Drei-Säulen-Modell
Wir Freie Demokraten fordern eine umfassende Neuordnung der Kontrolle der Nachrichtendienste
nach einem Drei-Säulen-Modell: Die Genehmigung der Überwachung und die
Gesetzmäßigkeitskontrolle der Nachrichtendienste soll in richterlicher Unabhängigkeit erfolgen. Die
parlamentarische Kontrolle soll verbessert und die Rechte der Parlamentsminderheit sollen gestärkt
werden. Eine Parlamentarische Nachrichtendienstbeauftragte oder ein -beauftragter soll dabei
unterstützen, die Nachrichtendienste zu kontrollieren, und auch Einblick in sensible Informationen
anderer Dienste erhalten können. Die Rechtsgrundlagen der Kommunikationsüberwachung durch die
Nachrichtendienste sind im Lichte ihrer jeweiligen Funktion im Inland anzugleichen, da sich die
verschiedenen Kommunikationsverkehre nicht mehr auseinanderhalten lassen. Weil der Einsatz
nachrichtendienstlicher Mittel für die Betroffenen einen massiven Eingriff in ihre Grundrechte
darstellt, ist den betroffenen Personen sowie den Telekommunikationsunternehmen effektiver
Rechtsschutz zu gewähren und eine praktisch wirksame Klagebefugnis gegen
Überwachungsmaßnahmen einzuräumen. Eine Überwachung im Inland und in einem anderen EU-
Mitgliedstaat muss den Betroffenen nach Abschluss der Maßnahmen mitgeteilt werden. Schon vor
einer Entscheidung ist eine Betroffenenanwältin oder ein -anwalt anzuhören, die oder der die Rechte
der betroffenen Bürgerinnen und Bürger vertritt.
Organisierte Kriminalität bekämpfen
Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, dass Organisierte Kriminalität nachhaltig bekämpft wird.
Den hocheffizienten und -effektiven Strukturen der Organisierten Kriminalität in all ihren vielfältigen
Formen muss zum Schutz von Staat und Gesellschaft von staatlicher Seite mit entsprechend
strukturierten und nachhaltigen Aktivitäten entgegnet werden. Diese müssen endlich auch das
Dunkelfeld bei klassischen Delikten der Organisierten Kriminalität ins Visier nehmen. Besonders im
Bereich der Organisierten Wirtschaftskriminalität muss endlich wieder eine regelmäßige Bekämpfung
möglich werden.
Innere Führung bei der Polizei
Wir Freie Demokraten setzen uns für die Schaffung eines Beirats „Innere Führung“ bei der Polizei ein,
der Kriterien für Fehlerkultur und Selbstreflexion in der Polizeiarbeit erarbeiten soll. Das
Fehlverhalten einzelner Beamtinnen und Beamter einschließlich der Bedingungen, die zu dem
Fehlverhalten geführt haben, müssen aufgeklärt werden. Damit wollen wir das Vertrauen in die
Polizei stärken. Denn die große Mehrheit der Polizistinnen und Polizisten leistet eine hervorragende
Arbeit. Es darf daher keinen Generalverdacht gegenüber unserer Polizei geben. Auch die deutsche
Polizeiausbildung ist im internationalen Vergleich besonders gut. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu
Radikalisierung, Extremismus und Rassismus müssen in der Ausbildung dennoch ebenso wie die
Sensibilität für Diskriminierung eine stärkere Rolle spielen. Wir verurteilen Angriffe auf Einsatzkräfte
scharf. Deshalb fordern wir eine bessere Dokumentation von Gewalt und Übergriffen gegen
Polizeibeamtinnen und -beamte sowie andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Polizeiliches
Handeln muss immer nachvollziehbar sein, wir fordern daher eine pseudonyme
Kennzeichnungspflicht für Beamtinnen und Beamte.
Bessere Ausstattung und Ausrüstung der Polizei
Wir Freie Demokraten fordern eine bessere und funktionale Personal- und Sachausstattung für die
Polizei. Dafür wollen wir entsprechende Mittel bereitstellen und die Infrastruktur schaffen.
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Insbesondere wollen wir mit einem Digitalpakt dafür sorgen, dass Polizistinnen und Polizisten in
Deutschland mit dem neuesten Stand der Technik und mit kompatiblen IT-Infrastrukturen
ausgerüstet sind. Denn die besten Gesetze helfen nicht weiter, wenn sie mangels Personal, durch
fehlende Ausrüstung oder aufgrund dysfunktionaler IT-Infrastruktur nicht durchgesetzt werden
können. Zusätzlich wollen wir die Polizeien durch eine Aufgabenkritik entlasten. Dazu gehört zu
prüfen, ob Aufgaben, die derzeit von der Polizei betraut werden, im vollen Umfang oder in Teilen von
anderen behördlichen Einrichtungen ausgeführt werden können - beispielsweise der Objektschutz
oder die Aufnahme von Verkehrsunfällen. Mit den freiwerdenden Kapazitäten kann sich die Polizei
ihren Kernaufgaben noch intensiver widmen und damit zur Stärkung des Rechtsstaates beitragen.
Waffenrecht mit Augenmaß und Konsequenz
Wir Freie Demokraten stehen für ein Waffenrecht mit Augenmaß und Konsequenz. Dabei muss
zwischen den Besitzerinnen und Besitzern von Legalwaffen wie Sportschützen und Jägern und
zwischen dem illegalen Waffenbesitz sowie dem Waffenbesitz durch gefährliche Personen strikt
unterschieden werden. Die jüngsten Verschärfungen des Waffenrechts haben die Besitzer von
Legalwaffen wie Sportschützen und Jäger mit zusätzlicher unnützer Bürokratie überzogen. Der Bund
sollte eine Generalrevision des Waffenrechts unternehmen, um Praktikabilität und Praxisnähe zu
verbessern. Gefährder und Extremisten dürfen keine Waffen besitzen. Dazu muss der
Datenaustausch der beteiligten Behörden verbessert und der illegale Waffenhandel auf europäischer
Ebene stärker bekämpft werden.
Starker Verbraucherschutz orientiert am Leitbild des mündigen Verbrauchers
Wir Freie Demokraten setzen uns für einen Verbraucherschutz ein, der den mündigen
Verbraucherinnen und Verbrauchern Optionen und eine informierte sowie souveräne Entscheidung
ermöglicht. Wir vertrauen auf die Selbstbestimmung der Verbraucher. Deshalb lehnen wir eine
bevormundende Verbraucherpolitik ab, die zum Beispiel die Dauer bestimmter Verträge schematisch
begrenzt. Selbstbestimmung setzt aber eine freie und informierte Entscheidung voraus, die auch die
Zwänge und Grenzen berücksichtigt, denen Verbraucher unterliegen. Dies wollen wir ermöglichen,
indem wir uns insbesondere zur besseren Vergleichbarkeit bei Langzeitverträgen für die Ausweisung
monatlicher Durchschnittspreise aussprechen. Zudem wollen wir die Durchsetzung von
Verbraucherrechten vereinfachen, zum Beispiel durch „Smart Contracts“, die eine automatische
Entschädigung von Verbrauchern bei Verspätungen vorsehen.
Presse- und Meinungsfreiheit schützen
Presse- und Meinungsfreiheit sind Grundpfeiler unserer liberalen und offenen demokratischen
Gesellschaft. Denn unsere Gesellschaft lebt von einem freien und unbefangenen Wettstreit der
Meinungen. Wir Freie Demokraten stehen deshalb für eine aktive und offene Debattenkultur, die
Meinungsvielfalt fördert und schützt. Gleichzeitig muss sie Widerspruch bei Respekt vor den
Standpunkten anderer ermöglichen. Denn Kommunikationsgrundrechte schützen nicht vor
gesellschaftlichen Konflikten oder anderen Ansichten. Leider nehmen Straftaten, Hass und Hetze im
Internet weiter zu. Der Staat steht hier in der Pflicht, entschieden zu handeln – und
Persönlichkeitsrechte sowie die freie Meinungsäußerung effektiv zu schützen.
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Netzwerkdurchsetzungsgesetz abschaffen
Wir Freie Demokraten wollen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) abschaffen und durch
einen Regulierungsmix ersetzen, der den Schutz der Meinungsfreiheit in vollem Umfang
gewährleistet. Wir setzen uns für eine effektivere Verfolgung von Straftaten im Netz ein. Das NetzDG
setzt bisher einseitig einen Anreiz zur Löschung von Inhalten und legt die Entscheidung über die
Grenzen der Meinungsfreiheit allein in die Hände sozialer Netzwerke. Deren Einfluss wollen wir
durch Einrichtungen der Selbstregulierung als Beschwerdeinstanz verringern. Es ist primär Aufgabe
des Staates, gegen strafbare Handlungen im Netz vorzugehen.
Opferschutz bei Straftaten und Persönlichkeitsrechtsverletzungen im Internet stärken
Wir Freie Demokraten wollen Opfer von Straftaten im Internet in die Lage versetzen, sich zu wehren,
indem sie – wie im Urheberrecht – einen Auskunftsanspruch gegen Plattformen und Internetprovider
erhalten. Bleibt die Täterin oder der Täter anonym und reagiert nicht auf eine Kontaktaufnahme,
sollte auch eine Sperrung des Accounts in Betracht kommen. Soziale Netzwerke sollen zudem
umfassend zuständige Zustellungsbevollmächtigte im Inland benennen müssen.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht eine Auftrags- und Strukturreform
Wir Freie Demokraten wollen einen moderneren und schlankeren öffentlich-rechtlichen Rundfunk
(ÖRR), der sich primär auf Nachrichten, Kultur, politische Bildung und Dokumentationen
konzentrieren soll. Damit wollen wir den Rundfunkbeitrag absenken. Die Zahl der Fernseh- und
Hörfunkkanäle, die von den Rundfunkanstalten betrieben werden, ist zu reduzieren. Nicht
erforderliche Parallelangebote sind zu vermeiden. Im Internet sollte der ÖRR auf Bereiche begrenzt
sein, die mit klassischem Rundfunk vergleichbar sind oder in direktem Zusammenhang mit ihm
stehen. Ein funktionierendes duales Mediensystem braucht Ausgewogenheit. Die
Verhältnismäßigkeit zwischen Rundfunkbeitrag und Wettbewerb muss gewahrt sein. Konkurrenz zu
jedem Internet-Angebot privater Presse- und Medienhäuser ist nicht Aufgabe des ÖRR. Wir wollen
die Medien- und Meinungsvielfalt stärken.
Presseauskunftsgesetz und Schutz der Arbeit der Presse
Wir Freie Demokraten fordern ein Presseauskunftsgesetz auf Bundesebene und die Erfassung von
Angriffen auf Medien in der polizeilichen Kriminalstatistik. Whistleblowerinnen und Whistleblower
sollten nicht arbeits-, personal- oder strafrechtlich belangt werden, wenn sie Straftaten oder
rechtswidriges Verhalten offenbaren. Voraussetzung ist, dass sie vorher den Dienstweg ausgeschöpft
haben oder dieser unzumutbar war. Whistleblowerinnen sollen auch vor der Strafverfolgung durch
ausländische Staaten geschützt werden. Die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern soll
umgehend in deutsches Recht umgesetzt werden.
Demokratie und Parlamentarismus
Unsere Demokratie und unsere Freiheit sind bedroht durch Extremismus, durch Populismus und
durch Gleichgültigkeit. Für uns Freie Demokraten ist es daher eine Kernaufgabe, die liberale
Demokratie mit Leben zu erfüllen, sie fortzuentwickeln und zu verteidigen.
Amtszeitbegrenzung für Bundeskanzler
Wir Freie Demokraten wollen die Amtszeit von Bundeskanzlerinnen und Bundeskanzlern auf maximal
zwei volle Wahlperioden beziehungsweise maximal zehn Jahre beschränken. Demokratie lebt auch
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vom Wechsel der verantwortlichen Persönlichkeiten. Ämter in einer Demokratie sollten deshalb
grundsätzlich immer Ämter auf Zeit sein.
Chancen der Bürgerberatung für die Stärkung des Deutschen Bundestags nutzen
Wir Freie Demokraten bekennen uns zur repräsentativen Demokratie. Die zentralen Orte der
Diskussion und Entscheidung sind unsere Parlamente. Auch die repräsentative Demokratie gewinnt
aber durch neue Instrumente der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger außerhalb von Wahlen.
Entscheidender Adressat und Auftraggeber für mehr Bürgerbeteiligung sind für uns daher die
Parlamente, etwa durch die Möglichkeit der Bürgerberatung durch Hausparlamente, die Erweiterung
des Petitionsrechts um das „Bürgerplenarverfahren“ oder durch per Zufallsauswahl besetzte
Bürgerräte. Stets muss dabei unmissverständlich klargestellt sein, dass nur das Parlament legitimierte
Entscheidungen trifft, der Beratungsauftrag klar eingegrenzt und die Erwartungen klar definiert sind.
Der Deutsche Bundestag sollte zudem auf Open-Source-Basis eine digitale Plattform mit einer
Vorhabenliste einrichten, die staatliche Behörden und Einrichtungen verpflichtet, ihre Pläne und
Abwägungen künftig im Sinne echter Informationsfreiheit zu dokumentieren sowie der öffentlichen
Kommentierung zugänglich zu machen.
Legislaturperiode auf fünf Jahre verlängern, Wahlen bündeln
Wir Freie Demokraten wollen die Legislaturperiode des Deutschen Bundestags von vier auf fünf Jahre
verlängern. Die Wahltermine der Länder sollen stärker gebündelt werden. Eine Legislaturperiode
wird zu Beginn wesentlich durch die Zeit für Sondierungsgespräche sowie Koalitionsverhandlungen
und zum Ende hin durch den Wahlkampf bestimmt. Angesichts der Komplexität vieler Gesetze ist es
sinnvoll, die Legislaturperiode und damit auch die Regierungszeit zu verlängern. Zugleich würden
weniger Wahltermine den Dauerwahlkampf verhindern.
Deutschen Bundestag verkleinern
Wir Freie Demokraten wollen einen immer weiter wachsenden Deutschen Bundestag verhindern.
Durch Überhang- und Ausgleichsmandate überschreitet der Bundestag mit 709 Abgeordneten aktuell
die vom Bundeswahlgesetz vorgesehene Zahl von 598 Abgeordneten deutlich. Das erschwert nicht
nur die Arbeit im Parlament, sondern ist auch kostspielig. Wir schlagen deshalb vor, die Anzahl der
Wahlkreise und damit der Direktmandate auf 250 zu beschränken. Damit reduzieren wir die
Wahrscheinlichkeit von Überhangmandaten. Außerdem wollen wir das sogenannte
Mindestsitzzahlverfahren abschaffen, weil es zu einer erheblichen Vergrößerung des Deutschen
Bundestags führen kann. Der Grundsatz, dass jede Stimme gleich viel zählt, darf im Zuge einer
Reform des Wahlrechts nicht angetastet werden.
Wahlrecht ab 16
Wir Freie Demokraten fordern eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für die Wahlen zum
Deutschen Bundestag und Europäischen Parlament. Als Voraussetzung dafür ist die politische Bildung
an allen Schulformen zu verstärken. Das Wahlrecht ist der Schlüssel zur politischen Partizipation. Es
ist das vornehmste Recht in einer Demokratie. Die Ausweitung des Wahlrechts war stets Zeichen des
gesellschaftlichen Fortschritts. Junge Menschen nehmen bereits in vielen Lebensbereichen
Verantwortung wahr, werden aber von der politischen Teilhabe ausgeschlossen. Dabei sind sie
diejenigen, die am längsten von politischen Entscheidungen beeinflusst werden. Das Wahlrecht ab 16
ist gelebte Generationengerechtigkeit.
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Tolerante und weltoffene Gesellschaft
Wir Freie Demokraten treten für eine Gesellschaft ein, in der jede und jeder unabhängig von
Herkunft, Aussehen, Religion oder politischer Ansichten, frei leben und sich frei äußern kann.
Menschenrechte, Meinungsfreiheit und der Schutz von Minderheiten sind für unser Zusammenleben
unverzichtbar. Wir Freie Demokraten machen uns daher stark für unsere freiheitliche Gesellschaft
und gegen Rassismus, Fremdenhass, Antisemitismus und Homophobie.
Liberaler Feminismus
Wir Freie Demokraten stehen für einen liberalen Feminismus, der auf der Rechtsgleichheit aller
Geschlechter aufbaut und für alle Individuen Freiheits- und Entfaltungsräume erweitern will. Der
liberale Feminismus strebt die Selbstbestimmung aller Individuen frei von gesellschaftlichen
Rollenzuschreibungen aufgrund ihres gewählten oder biologischen Geschlechts an.
Für einen gesamtgesellschaftlichen Konsens gegen jede Form von Extremismus
Wir Freie Demokraten verurteilen jede Form des Extremismus. Politischen Extremismus von Rechts-
bis Linksextremismus lehnen wir ebenso ab wie religiös oder nationalistisch motivierten
Extremismus. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die Überhöhung der eigenen Gruppe oder
Nation und die Herabwürdigung anderer sowie Drohungen und Gewalt verfügen niemals über eine
moralische Überlegenheit. Die wissenschaftliche Expertise in den Sicherheitsbehörden bei der
Bekämpfung verschiedener Extremismusformen muss ausgebaut werden. Der Bund sollte die
Präventionsarbeit und funktionierende Aussteigerprogramme zu unterschiedlichen
Extremismusformen auf eine verlässliche finanzielle Grundlage stellen.
Gemeinsam gegen Rechtsextremismus und Rassismus
Wir Freie Demokraten erkennen die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus als
besondere Herausforderung an. Wir stellen uns Diskriminierung und gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit aktiv entgegen. Rechtsextreme Vereinigungen müssen konsequent verboten
werden. Die Beobachtung rechtsextremer Gefährderinnen und Gefährder muss zügig intensiviert
werden. Die Sicherheitsbehörden müssen sich besser um den Schutz besonders gefährdeter Gruppen
und ihrer Einrichtungen kümmern. Für Menschen mit gefährlichen rechtsextremen Einstellungen ist
im öffentlichen Dienst kein Platz.
Null Toleranz gegenüber Antisemitismus
Wir Freie Demokraten fordern ein entschiedenes Vorgehen gegen jede Form des Antisemitismus.
Jüdisches Leben in Deutschland und Europa ist für uns integraler Bestandteil unserer Zivilgesellschaft.
Politik und Sicherheitsbehörden müssen die spezifische Gefährdung jüdischen Lebens ernst nehmen
und sich ihr entschieden entgegenstellen. Es darf keine Toleranz gegenüber irgendeiner Form des
Antisemitismus geben. Jüdische Einrichtungen müssen durch staatliche Maßnahmen effektiv
geschützt werden. Dabei muss auf die Sicherheitsbedenken der Gemeinden eingegangen werden. In
Polizei und Justiz braucht es Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, um antisemitisch
motivierte Gefahren und Taten aufzuarbeiten. In der Schule braucht es Lehrerinnen und Lehrer sowie
Lernmaterialien, um Alltags-Antisemitismus zu entlarven und um antisemitischen Vorurteilen sowie
Hass vorzubeugen. In der Wirtschaft werden wir durchsetzen, dass für antisemitische und
israelfeindliche Geschäftspraktiken, wie sie beispielsweise im Luftreiseverkehr vorkommen, auf
deutschen Märkten kein Platz ist. Dabei sollte die Definition des Antisemitismus der International
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Holocaust Remembrance Alliance Orientierungspunkt sein. Wir beobachten die Aktivitäten von BDS
(Boycott, Disinventions, Sanctions) mit großer Sorge und treten ihnen klar entgegen. Dazu gehören
für uns auch eine Prüfung des Verbots des Al-Quds-Marsches in Berlin sowie härtere strafrechtliche
Sanktionen für das Verbrennen von Israel-Fahnen als Ausdruck von israelbezogenem Antisemitismus.
Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar soll aufgewertet werden,
indem wir eine bundesweite Schweigeminute am Vorbild des israelischen Jom haScho’a einführen.
Nationaler Aktionsplan gegen Homo- und Transfeindlichkeit
Wir Freie Demokraten fordern die Erweiterung des Art. 3 Abs. 3 Grundgesetz um den Schutz vor
Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität und ein vollständiges Verbot sogenannter
„Konversionstherapien“. Wir wollen das Blutspende-Verbot für homo- und bisexuelle Männer endlich
abschaffen. Für die Eignung ist nicht die sexuelle Identität maßgeblich, sondern das individuelle
Risikoverhalten eines jeden Menschen. Wir setzen uns für einen Nationalen Aktionsplan gegen
Homo- und Transfeindlichkeit ein. Dieser soll Diskriminierungen, Beleidigungen und Gewalt wirksam
entgegentreten. Bundes- und Länderpolizeien sollen LSBTI-feindliche Straftaten bundesweit
einheitlich erfassen, sie in ihrer Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit berücksichtigen, die
Ermittlungsdienste entsprechend schulen und LSBTI-Ansprechpersonen benennen. Homo- und
transfeindliche Gewalt muss im Strafgesetzbuch genauso behandelt werden wie rassistische Gewalt.
Beratungs- und Selbsthilfeangebote sowie die schulische und öffentliche Aufklärung über sexuelle
und geschlechtliche Vielfalt wollen wir stärken. Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, die vor zehn
Jahren von den Freien Demokraten initiiert wurde, soll dauerhaft im Bundeshaushalt abgesichert
werden.
Häusliche Gewalt effektiv bekämpfen
Wir Freie Demokraten fordern, dass die Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von
Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt schnell, umfassend und wirksam umgesetzt wird. Bund
und Länder müssen hier intensiver zusammenarbeiten. Wir wollen Betroffenen anzeigeunabhängig,
kostenlos und anonym die Spurensicherung bei sexueller oder sexualisierter Gewalt ermöglichen.
Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner bei Polizei und Justiz müssen nach gemeinsamen
Standards aus- und weitergebildet werden. Wir setzen uns für einen bedarfsgerechten Ausbau von
Frauenhausplätzen, eine bundesweit einheitliche Finanzierung sowie ein nationales Online-Register
ein. Informationen über Hilfsangebote zu häuslicher Gewalt sollen standardmäßig beim Besuch der
Frauenärztin oder des Frauenarztes zur Verfügung gestellt werden. Außerdem wollen wir eine besser
ausgebaute und institutionalisierte präventive und sowie repressive Täter- und Täterinnenarbeit.
Islamismus: Prävention und Deradikalisierung stärken
Wir Freie Demokraten fordern eine gemeinsame Präventionsstrategie von Bund und Ländern gegen
islamistische Radikalisierung. In einem ersten Schritt wollen wir alle bestehenden Präventions- und
Deradikalisierungsprogramme bewerten lassen. Auf Basis der Ergebnisse fordern wir klare und
verbindliche Standards für die Prävention und Deradikalisierung im Bereich des Islamismus,
insbesondere in Gefängnissen. Ebenso ist eine verlässliche Finanzierung von Präventionsprojekten
notwendig. Mit einer solchen Strategie können wir islamistische Radikalisierung verhindern und
nachhaltig bekämpfen.
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Vom Staatskirchenrecht zum Religionsverfassungsrecht
Wir Freie Demokraten wollen das Staatskirchenrecht zu einem Religionsverfassungsrecht
weiterentwickeln. Es soll einen passenden rechtlichen Status bieten für alle Religionsgemeinschaften,
die das Gleichheitsgebot und die Glaubensvielfalt, die Grundrechte sowie die Selbstbestimmung ihrer
Mitglieder anerkennen. Im Zuge dessen muss der Verfassungsauftrag der Ablösung der
Staatsleistungen vollzogen werden. Tanzverbote und ähnliche Einschränkungen an stillen Feiertagen
wollen wir abschaffen. Ebenso müssen kirchliche Privilegien im Arbeitsrecht abgeschafft werden,
soweit sie nicht Stellen betreffen, die eine religiöse Funktion ausüben. Wir wollen liberalen und
progressiven Muslimen, die weniger in den muslimischen Verbänden organisiert sind, ein stärkeres
Gewicht einräumen. Ziel muss es sein, dass Glaubensgemeinschaften nicht aus dem Ausland
gesteuert und finanziert werden, sondern von ihren Mitgliedern in Deutschland. Ein wichtiger Schritt
hierzu ist die Ausbildung von Imamen in Deutschland.
Kommunen, Sport und Ehrenamt stärken
Die Kommunen in Deutschland brauchen mehr Freiräume – für Zukunftschancen, Vielfalt und
Zusammenhalt. Wir Freie Demokraten wollen die Lebensqualität in städtischen und ländlichen
Räumen verbessern. Ehrenamt und Sport wollen wir durch gute Rahmenbedingungen unterstützen.
In vielen Regionen Deutschlands sind Tourismusbetriebe wie Hotels und Gaststätten Eckpfeiler für
Wirtschaftswachstum und Beschäftigung.
Entschuldung der Kommunen und Reformen miteinander verbinden
Wir Freie Demokraten sind offen für eine Entschuldung besonders überlasteter Kommunen, die aus
eigener Kraft keine finanzielle Perspektive haben. Viele Kommunen haben durch einen Sparkurs und
strukturelle Reformen in den vergangenen Jahren ihre Schulden zurückbezahlt. Diese Gemeinden
dürfen nicht die Leidtragenden sein, wenn der Bund andere Kommunen in einzelnen Ländern
entschuldet. Ein mögliches Entschuldungsprogramm des Bundes muss daher in den zulässigen
verfassungsrechtlichen Grenzen mit Infrastrukturprojekten, regionaler Wirtschaftsförderung und
einer grundsätzlichen Reform der Gemeindefinanzen verbunden werden.
Wer bestellt, bezahlt! Wer sich verschuldet, haftet!
Wir Freie Demokraten wollen ein echtes Konnexitätsprinzip im Grundgesetz verankern. Wenn Bund
und Länder neue Aufgaben schaffen, müssen sie diese auch bezahlen. Selbst wenn Mittel des Bundes
für die Kommunen vorgesehen sind, verbleiben diese häufig auf der Ebene der Länder und werden
nicht weitergeleitet. Gleichzeitig sollen Bund, Länder und Kommunen durch eine Insolvenzordnung
für ihre eigenen Schulden haften. Hierzu möchten wir eine Insolvenzordnung für
Gebietskörperschaften schaffen. Heute stehen die Gebietskörperschaften in einer Haushaltsnotlage
als Ultima Ratio füreinander ein. Diejenigen, die gut wirtschaften, müssen die Risiken derjenigen
mittragen, die schlecht wirtschaften. Eigenverantwortung für die Schulden führt zu solideren
öffentlichen Finanzen.
Für eine wehrhafte Demokratie: Vielfalt bürgerschaftlichen Engagements fördern
Wir Freie Demokraten wollen die Vielfalt bürgerschaftlichen Engagements in einer lebendigen
Bürgergesellschaft stärken. Durch ehrenamtlichen Einsatz leisten viele Bürgerinnen und Bürger einen
elementaren Beitrag zu einer friedfertigen, lebendigen und wehrhaften Demokratie. Wo Vereine,
Stiftungen und andere Organisationsformen Zuwendungsempfänger von staatlicher Struktur- und
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Projektförderung sind, muss der Staat sicherstellen, dass sie und ihre Projektpartner auf dem Boden
der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen.
Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale erhöhen
Wir Freie Demokraten wollen die Übungsleiter- und Ehrenamtspauschale angemessen erhöhen.
Ehrenamtliches und bürgerschaftliches Engagement gehören zu den Grundfesten unserer
Gesellschaft. Von Sport und Kultur über Wohlfahrts- und Sozialarbeit bis hin zu Umweltschutz und
Kommunalpolitik – tausende Menschen erfüllen in ihrer Freizeit elementare Funktionen in unserem
Land. Sie wollen wir unterstützen.
Ehrenamt von Bürokratie und Haftungsrisiken entlasten
Wir Freie Demokraten wollen das Ehrenamt von Bürokratie und möglichen Haftungsrisiken entlasten.
Den Zugang zu neuen digitalen Lösungen für Vereine wollen wir vereinfachen – etwa in den
Bereichen Akquise und Verwaltung. Ehrenamt ist mehr als nur Freizeit. Das freiwillige Engagement
tausender Bürgerinnen und Bürger ermöglicht Millionen von Menschen freie Entfaltung,
Selbstwirksamkeit und vor allem Kindern und Jugendlichen wertvolle Lernprozesse. Es bringt
Menschen unabhängig ihres sozialen und kulturellen Hintergrundes zusammen, stiftet Gemeinschaft
und fördert Toleranz.
Bundesfreiwilligendienst attraktiver machen
Wir Freie Demokraten wollen die Attraktivität des Bundesfreiwilligendienstes (BFD) erhöhen. Dazu
fordern wir ein mit dem Freiwilligen Wehrdienst vergleichbares Entgelt, die Eröffnung von
Teilzeitmodellen für den BFD, die Öffnung für neue Zielgruppen sowie die weitere Stärkung des
Freiwilligen Digitalen Jahres. Während wir das freiwillige Engagement junger Menschen begrüßen
und stärker fördern wollen, lehnen wir einen Zwangsdienst ab. Wir wollen junge Menschen selbst
über ihre Zukunft entscheiden lassen und sie nicht gegen ihren Willen zu einem Gesellschaftsjahr
oder einer Dienstpflicht verpflichten. An der Aussetzung der Wehrpflicht halten wir fest.
Werte im Sport schützen
Wir Freie Demokraten wollen Werte im Sport schützen: Fairplay, Respekt, Gewaltfreiheit und
Antidiskriminierung müssen zu selbstverständlichen und gesellschaftlich anerkannten Leitlinien des
Verhaltens aller am Sportleben Beteiligten werden. Dazu erwarten wir neben den Beiträgen der
Politik vor allem zielführende Beiträge der beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) neu
gegründeten unabhängigen Ethik-Kommission. In Zeiten der Coronapandemie ist der Zusammenhalt
der Gesellschaft an vielen Stellen gewachsen. Gerade im Sport besteht die Chance, soziale
Kompetenzen, Integrationsbereitschaft und Inklusion nachhaltig zu vermitteln.
Sport-Großveranstaltungen
Wir Freie Demokraten wollen an Bewerbungen der Bundesrepublik Deutschland für die Ausrichtung
von Sport-Großveranstaltungen festhalten.
E-Sports anerkennen und unterstützen
Wir Freie Demokraten wollen E-Sports als Sport anerkennen. Entsprechende Angebote wollen wir
fördern. Die Gemeinnützigkeit von E-Sports-Vereinen soll anerkannt werden. Die Verbindung aus
sportlicher Betätigung, technischer Innovation und Digitalisierung eröffnet für viele Menschen
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unterschiedlicher Altersklassen neue Möglichkeiten. Wir wollen die Innovationswirkung der Games-
Branche nutzen, die Integration und Vernetzung mit dem organisierten Sport fördern und die
Nutzung möglicher positiver Effekte in den Bereichen Prävention und Gesundheit weiter
vorantreiben.
Doping bekämpfen – Schutz für Kronzeugen und Whistleblower
Wir Freie Demokraten wollen das Anti-Doping-Gesetz um eine Regelung zum Schutz von
Kronzeuginnen und Kronzeugen sowie Whistleblowerinnen und Whistleblowern ergänzen. Die Anti-
Doping-Arbeit muss von den Sportfachverbänden losgelöst werden. Auf diese Weise wird der Kampf
gegen Doping unabhängiger und schlagkräftiger. Neben dem technischen Know-how muss den
Zuständigen der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) ein angemessenes Budget bereitgestellt
werden. Damit bekämpfen wir Doping im Sport effektiver als heute.
Kultur
Deutschland kann auf eine lange Tradition als Kulturnation blicken. Wir Freie Demokraten wollen die
Vielfalt und die Freiheit des Kulturlebens sichern und für alle Menschen in unserem Land zugänglich
machen. Dazu gehört für uns die Stärkung der Kulturförderung sowie der kulturellen Bildung. Wir
setzen uns auch für eine starke Kultur- und Kreativwirtschaft als wichtigen Wirtschaftszweig unseres
Landes ein, der von der Coronakrise besonders hart getroffen wurde.
Kulturförderung nachhaltig stärken
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine Erhöhung des Bundeshaushalts für die nationale und
internationale Kulturförderung ein. Kulturförderung ist keine Subvention, sondern eine Investition in
die Zukunft unseres Landes. Für eine freie Entwicklung brauchen die Künste Förderung, weil sich
gerade das Neue und Originelle oft jenseits der selbsttragenden Vermarktung findet. Wir wollen
einen Anstieg der institutionellen Förderung zur Stärkung der Institutionen in ihrer Unabhängigkeit.
Damit wird Deutschland seiner Rolle als Kulturnation gerecht.
Förderung für Selbstständige in Kultur- und Kreativwirtschaft
Wir Freie Demokraten setzen uns für eine starke Kultur- und Kreativwirtschaft als wichtigen
Wirtschaftszweig in Deutschland ein. Wir wollen Förderprogramme auch für kleinere Unternehmen
und Solo-Selbstständige der Kultur- und Kreativwirtschaft öffnen. Förderanträge wollen wir
vereinfachen. Auch Online-Formate wie Livestreams sind Teil einer lebendigen Kreativbranche. Daher
wollen wir Online-Livestreams von der Rundfunklizenzpflicht befreien.
Kultur als Staatsziel
Wir Freie Demokraten setzen uns dafür ein, Kultur als Staatsziel im Grundgesetz durch Aufnahme des
Artikels 20b mit dem Satz „Der Staat schützt und fördert Kultur“ festzuschreiben. Das wäre ein
starkes Zeichen für die Bedeutung der Kultur in Deutschland als Teil unseres gemeinsamen
europäischen Kulturraums. Wir betrachten dies als eine Werte-Entscheidung, denn es geht um den
Schutz geistig-kreativer Arbeit als Lebensgrundlage vieler tausend Bürgerinnen und Bürger.
Kulturelle Bildung stärken
Wir Freie Demokraten wollen zehn Prozent des jährlichen Budgets öffentlicher und öffentlich
geförderter Kulturorganisationen in kulturelle Bildung investieren. Das kulturelle (Vermittlungs-)
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Angebot soll Menschen aller Altersgruppen und unabhängig von sozialer und kultureller Herkunft
offenstehen. Erst kulturelle Bildung öffnet den Zugang zur Kultur für alle.
Erinnerungs- und Gedenkkultur stärken – Gedenkstättenkonzept modernisieren
Wir Freie Demokraten wollen das Gedenkstättenkonzept modernisieren. Die Aufarbeitung und
Vermittlung des Unrechts der beiden deutschen Diktaturen des Nationalsozialismus sowie der DDR
bleibt eine kontinuierliche Aufgabe. Durch die Auseinandersetzung mit der Geschichte kann eine
Sensibilisierung für den Wert der Freiheits- und Bürgerrechte geleistet werden. Die Stärkung der
historischen Orte mit mehr digitalen Angeboten und innovativen Vermittlungskonzepten ermöglicht
es, Brücken zu jüngeren Generationen zu bauen, um einen Beitrag zur Stärkung des Bewusstseins für
die Freiheit zu leisten.
Kulturgutschutzgesetz überarbeiten – Eigentumsrechte stärken
Wir Freie Demokraten wollen eine Rücknahme jener Teile des Kulturgutschutzgesetzes (KGSG), die
nicht illegal verbrachtes Kulturgut betreffen. Für den Ankauf wichtiger Kunstwerke durch die
öffentliche Hand ist ein Ankaufsfonds einzurichten. Illegaler Handel mit Kulturgut muss wirksam
bekämpft werden. Hierzu sind Zoll und Polizei in die Lage zu versetzen. Wir lehnen jeden unnötigen
staatlichen Eingriff in das Eigentumsrecht ab. Die Regelungen zum „Abwanderungsschutz von
nationalem Kulturgut” greifen massiv in die Eigentumsrechte privater Sammlerinnen und Sammler
sowie in die unternehmerische Freiheit von Kunst- und Auktionshäusern ein. Nur so können eine
freie Fluktuation von Kunstwerken und ein freier kultureller Austausch ermöglicht werden. Die
Bekämpfung des illegalen Handels mit Kulturgut krankt nicht an rechtlichen Regelungen, sondern an
mangelnden Kapazitäten bei den zuständigen Behörden.
Auswärtige Kulturpolitik stärken
Wir Freie Demokraten wollen die Auswärtige Kulturpolitik als Aushängeschild Deutschlands in der
Welt stärken. Die Arbeit von Mittlerorganisationen wie dem Goethe-Institut und dem Institut für
Auslandsbeziehungen soll weiter gefördert und mit Blick auf digitale Angebote ausgebaut werden.
Gleichzeitig unterstützen wir die freiwillige Zusammenarbeit der nationalen Kulturinstitute der EU-
Mitgliedstaaten in Drittländern. Der Europäische Auswärtige Dienst sollte eine Arbeitseinheit für
internationale Kulturbeziehungen einrichten.
„European Heritage Trust“ gründen
Wir Freie Demokraten wollen die Gründung eines EU-weiten Kulturfonds nach dem Vorbild des
„National Trust Europe“ in Großbritannien zum Schutze des europäischen Kulturerbes. Dieser Fonds
soll als Dachorganisation die Gründung und Weiterentwicklung von sich für den Denkmalschutz
engagierenden Organisationen fördern und diese EU-weit miteinander vernetzen. Langfristiges Ziel
soll es sein, mit dem „European Heritage Trust“ eine sich zu großen Teilen über Mitgliedsbeiträge,
Einnahmen aus Eintritten und gewerblichen Betrieb selbst finanzierende Institution zu schaffen.
Urheberrecht: Fairen Interessenausgleich und Grundrechte im Internet sichern
Wir Freie Demokraten wollen ein modernes Urheberrecht. Jedoch hinkt das geltende Urheberrecht
der gesellschaftlichen und technologischen Entwicklung hinterher und bremst Innovationen aus. Wir
Freie Demokraten wollen das Urheberrecht nach dem Vorbild des amerikanischen „Fair Use“-Prinzips
maßvoll weiterentwickeln und hierzu die bisherigen Schranken des Urheberrechts durch eine
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Bagatellklausel für private Nutzungen, die keine wirtschaftlichen Folgen haben und - wie viele
inzwischen alltägliche Nutzungen wie Memes und Remixes - keine kommerziellen Interessen
verfolgen. Das Leistungsschutzrecht für Presseverlegerinnen und Presseverleger wollen wir wieder
abschaffen. Das Verhältnis zwischen Kunstfreiheit und dem Schutz geistigen Eigentums muss im
digitalen Zeitalter neu gedacht werden und gleichzeitig die Urheberin sowie den Urheber eines
Werkes in ihren oder seinen wirtschaftlichen und ideellen Rechten schützen. Dies ist
Grundvoraussetzung für eine lebendige Kultur- und Kreativwirtschaft. Den Einsatz von Uploadfiltern
lehnen wir als immense Gefahr für Meinungs- und Kunstfreiheit im Netz jedoch weiterhin ab. Zudem
setzen wir uns dafür ein, dass staatliche Informationen nicht länger mit Verweis auf das
Urheberrecht, quasi als Geheimschutz durch die Hintertür, der Öffentlichkeit vorenthalten werden
können.
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III. Nie waren die Chancen größer: Bewältigen wir die großen Herausforderungen unserer Zeit!
Wie es ist, darf es nicht bleiben: Nur ein freiheitlich-demokratischer, ein wirtschaftlich starker und
ein moderner Staat wird die großen globalen Herausforderungen wie den Klimawandel, Pandemien,
Terrorismus, Handelskonflikte und Migration gemeinsam mit unseren internationalen Partnern
bewältigen können. Setzen wir dabei auf die Handlungsfähigkeit einer starken Europäischen Union,
auf eine deutsche Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik aus einem Guss, auf Innovation statt
auf Verbote, auf Technologie statt auf Ideologie, auf Erfindergeist statt auf Bürokratie: Auch den
Klimawandel bewältigen wir mit German Mut, nicht mit German Angst! Die Herausforderungen des
demographischen Wandels lösen wir durch ein zeitgemäßes Einwanderungsrecht, eine enkelfitte
Rentenpolitik und mehr Chancen für alle Bürgerinnen und Bürger, Eigentum und Wohlstand
aufzubauen.
Klima- und Umweltschutz durch Innovation
Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Packen wir es richtig an, kann
er aber auch zu einer unserer größten Chancen werden. Wir brauchen Forschung, Wissenschaft,
Innovationen und die vielen klugen Ideen der Menschen. Neue Technologien führen dazu, Energie
bezahlbar umwandeln und gleichzeitig das Klima schützen zu können. Auch bei der Lösung für
komplexe Umweltprobleme setzen wir auf die Kreativität der Vielen und den Wettbewerb der besten
Ideen.
Emissionshandel schnellstmöglich auf alle Emissionen ausweiten
Wir Freie Demokraten wollen den EU-Emissionshandel (EU-ETS) schnellstmöglich auf alle Sektoren
und geographisch ausweiten. Die Politik gibt vor, wieviel CO2 im Jahr ausgestoßen werden darf. Für
den Ausstoß müssen Zertifikate erworben werden, die von Jahr zu Jahr weniger und damit teurer
werden. Wer hingegen besonders viel CO2 spart, muss weniger Zertifikate kaufen und spart Geld und
wer CO2 speichert, muss dafür Geld erhalten. So schaffen wir Anreize für Investitionen in
klimafreundliche Technologien. Wir bekennen uns ausdrücklich zu dem Ziel aus dem Pariser
Abkommen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Deutschland und Europa haben
sich zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 verpflichtet. Dieses Ziel können wir durch ein striktes und
jährlich sinkendes CO2-Limit in einem umfassenden Emissionshandelssystem zuverlässig erreichen.
Es sollte jedoch regelmäßig auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in den
Sachstandsberichten des Weltklimarates (Intergovernmental Panel on Climate Change) evaluiert
werden. Sollte Klimaneutralität in der EU in dem Zuge bereits frühzeitiger angestrebt werden, kann
der Emissionshandel die Zielerreichung durch Anpassung des Senkungspfads weiterhin garantieren.
Damit bekennen wir uns auch zum 13. Ziel für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 der
Vereinten Nationen. Den Weg dorthin überlassen wir dem Erfindergeist von Ingenieurinnen und
Ingenieuren, Technikerinnen und Technikern sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. So
können wir Klimaschutz marktwirtschaftlich und wissenschaftlich sicher erreichen. Der Weg kann und
muss in Deutschland und Europa starten, er ist aber erst beendet, wenn alle Emissionen weltweit
einen einheitlichen marktwirtschaftlichen CO2-Preis haben.
Fairen Wettbewerb durch einheitlichen CO2-Preis sichern – „Carbon Leakage“ verhindern
Wir Freie Demokraten wollen deutsche Unternehmen vor Wettbewerbsverzerrungen durch
klimapolitische Maßnahmen schützen. Ziel muss ein über den europäischen Emissionshandel (EU-
ETS) hinaus international abgestimmtes Vorgehen beim Klimaschutz mit einheitlichem CO2-Preis für
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alle sein. Als Übergangslösung bis zu einem globalen CO2-Zertifikatehandel unterstützen wir die EU
darin, eine WTO-konforme Weiterentwicklung des „Carbon Leakage“-Schutzes einzuführen, der sich
am EU-ETS orientiert. Damit verhindern wir, dass emissionsintensive Industrien ins Ausland
abwandern, und geben anderen Ländern einen direkten Anreiz, bei der CO2-Bepreisung
nachzuziehen. Nur so kann ein echter Wettbewerb um Innovationen für mehr Klimaschutz gelingen.
Denn dem Klimaschutz ist nicht geholfen, wenn CO2-intensive Produktionsprozesse in Regionen mit
geringeren Auflagen außerhalb Deutschlands und Europas verlagert und die Produkte anschließend
importiert werden. Aus Sicht der Freien Demokraten ist die Einbeziehung der Partner in europäische
Emissionshandelssysteme in jedem Fall vorzuziehen.
Internationale Maßnahmen anrechnen – Klimaschutz effizient umsetzen
Wir Freie Demokraten wollen die Möglichkeit nutzen, Projekte in anderen Staaten zu finanzieren und
die entsprechenden Treibhausgasreduktionen auf die eigenen Ziele anzurechnen. Artikel 6 des
Pariser Abkommens sieht das ausdrücklich vor. Eine Doppelanrechnung ist dabei ausgeschlossen und
der Artikel 6 dient dazu, gemeinsam mehr zu erreichen. Bislang verzichtet die EU jedoch freiwillig auf
die Nutzung dieser Möglichkeit. Da es für das Klima irrelevant ist, an welcher Stelle CO2 eingespart
wird, wollen wir bei höheren Zielen künftig die Möglichkeit eröffnen, diese im Sinne einer
ökonomisch effizienten Klimapolitik auch über Maßnahmen nach Artikel 6 des Pariser Abkommens zu
erreichen.
Klimaschutz richtig machen – sozialen Ausgleich einführen
Wir Freie Demokraten wollen eine Klimadividende einführen und die Energiebesteuerung drastisch
absenken. So müssen auch die sozialen Kosten des Klimaschutzes abgemildert werden. Da die
kontinuierliche Verknappung der Zertifikate auf der einen Seite zu steigenden Preisen und auf der
anderen Seite zu höheren staatlichen Einnahmen führen wird, wollen wir die EEG-Umlage
(Erneuerbare-Energien-Gesetz) abschaffen sowie die Stromsteuer, die unabhängig von der
Erzeugungsart und damit der Umweltwirkung erhoben wird, auf den niedrigsten nach aktuellem EU-
Recht möglichen Satz absenken und so schnell wie möglich komplett streichen. Darüber hinaus
wollen wir Aufkommensneutralität durch die Rückzahlung eines jährlich zu berechnenden
pauschalen Betrages, also einer Klimadividende, an jede Bürgerin und jeden Bürger gewährleisten.
Weltweit mehr Wald für Klimaschutz
Wir Freie Demokraten wollen national wie international mehr Aufforstungen und den Schutz
bestehender Wälder. Weltweit müssen wir wertvolle Waldökosysteme und Moore erhalten. Dafür
müssen wir internationale Anreize schaffen – zum Beispiel durch Belohnung der langfristigen
Bindung von CO2 durch das Emissionshandelssystem. Denn Wälder und Moore sind Hüter von
Biodiversität und wirksame Kohlenstoffspeicher. Neben Emissionsminderungen sind Aufforstungen,
unter anderem auch von Mangroven, und die Wiedervernässung von Mooren zurzeit ein verfügbares
und bezahlbares Mittel, um den Wettlauf gegen die Erwärmung des Planeten zu gewinnen. Dabei
muss auf eine langfristige Sicherung entsprechender Projekte geachtet werden, sodass Bäume
beispielsweise wachsen können und nicht binnen weniger Jahre wieder verschwinden. Mehr Wald
und Moore bedeuten auch bessere Lebens-, Ernährungs- und Einkommenschancen – sowohl
weltweit für Millionen Menschen in Entwicklungsländern als auch in Deutschland und Europa.
Ebenso wichtig wie Wälder an Land sind die Algenwälder, Seegraswiesen und das Phytoplankton der
Meere, um Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu speichern und Sauerstoff zur Verfügung zu stellen.
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Eine gesunde Meeresflora leistet somit nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Gesundheit des
Ökosystems Ozean, sondern auch zu nachhaltigem Klimaschutz. Deshalb müssen wir die Meeresflora
besonders schützen.
Umweltpolitik als Innovationsmotor
Wir Freie Demokraten wollen eine ideologiefreie umweltpolitische Gesetzgebung und die Förderung
einer lebendigen, innovativen Start-up-Kultur. Erfindergeist muss Entfaltungsmöglichkeiten
bekommen, sodass alle von den Ideen profitieren und ungewöhnliche Ideen zur Marktreife gebracht
werden können. Diese dürfen sich dann im marktwirtschaftlichen Wettbewerb beweisen. Wir
unterstützen daher auch alle Innovationen in Züchtung, Pflanzenschutz, Digitalisierung und anderen
Bereichen, die durch ihre Nutzung dazu beitragen, die Belastung der Umwelt zu minimieren.
Alternative Kraftstoffe – Klimaschutz durch Innovation
Wir Freie Demokraten wollen mehr alternative Kraftstoffe. Die Zertifizierung muss vereinfacht
werden. Deutschland kann die vereinbarten Klimaziele bis 2030 nur erreichen, wenn auch Kraftstoffe
ihren Beitrag leisten. Klimafreundliche synthetische Kraftstoffe sind eine bereits heute verfügbare
Alternative für alle Verkehrsarten, die ohne technische Umrüstung in herkömmlichen
Verbrennungsmotoren verwendet werden können.
Speichertechnologien als Schlüssel für klimaneutrale Energiewirtschaft
Wir Freie Demokraten wollen den Ausbau von Speichern vorantreiben. Denn vor allem
Stromspeicher sind eine Voraussetzung für den Erfolg der Energiewende. Wir wollen Speicher daher
als eigenständige Säule des Energiesystems neben Produzenten, Netzen sowie Verbraucherinnen und
Verbrauchern rechtlich definieren und für einen wirtschaftlichen Betrieb von Abgaben und Umlagen
befreien.
Geo-Engineering ermöglichen - ein Kohlenstoffkreislaufwirtschafts- und Speicherungsgesetz schaffen
Wir Freie Demokraten wollen Geo-Engineering ermöglichen, um Risiken durch den Klimawandel zu
minimieren und neue Chancen zu schaffen. Maßnahmen, die unter den weiten Begriff Geo-
Engineering fallen, unterliegen in Deutschland strenger Regulierung. Dabei geht es uns nicht um den
direkten Einfluss auf unser Klima, etwa durch „Solar Radiation Management“, sondern beispielsweise
um das gezielte Nutzen von Biomasse zur Speicherung von CO2. Technologiefeindlichkeit wollen wir
aufbrechen. Wir sehen in „Carbon Capture and Storage“- und „Carbon Dioxide Removal“-
Technologien (CCS und CDR), durch die CO2 der Atmosphäre direkt entzogen wird, eine große
Chance für den Klimaschutz. Dazu braucht es ein eigenes Gesetz. Für uns gilt: Wer künftig CO2 aus
der Atmosphäre entfernt und bindet, muss dafür je Tonne gebundenes CO2 ein europäisches CO2-
Zertifikat erhalten. Das muss dann wie jedes andere Zertifikat frei am Markt handelbar sein, ohne
dass sich die Gesamtmenge der jährlich ausgegebenen Zertifikate erhöht. Um CDR zu fördern wollen
wir das 55-Prozent-Ziel der EU um ein 5-Prozent-Ziel für Negativemissionstechnologien ergänzen.
Durch frühzeitige Erkundung und Erschließung potentieller CO2-Speicherstätten sollen die
Voraussetzungen geschaffen werden, Klimaneutralität in der EU auch vor 2050 zu ermöglichen, falls
dies auf Basis neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse erforderlich ist. Die Nutzung der
Negativemissionstechnologien soll dabei die angestrebten Ziele zur Treibhausgasminderung nicht
beeinträchtigen, sondern einen zusätzlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
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Luftqualität: Kluge Lösungen statt Fahrverbote
Wir Freie Demokraten setzen zur Verbesserung der Luftqualität auf innovative Lösungen vor Ort:
Verbesserung des ÖPNV, unter anderem durch On-Demand-Verkehr, und intelligente
Verkehrsführung zur Stauvermeidung. Durch eine Zulassung synthetischer Kraftstoffe („E-Fuels“)
können wir die Luftqualität auch in den Bestandsflotten verbessern. Fahrverbote lehnen wir ab, denn
sie führen zu Umgehungsverkehr und damit zu einer größeren Klima- und Luftbelastung.
Artenschutz bei uns und weltweit
Wir Freie Demokraten wollen das Artensterben bestmöglich verhindern. Der Erhalt der Artenvielfalt
ist eine Menschheitsaufgabe und eine ethische Verpflichtung. Er ist zugleich ökologisch, ökonomisch
und medizinisch sinnvoll und notwendig. Unzählige wichtige Errungenschaften, zum Beispiel in der
Technik und Medizin, kommen aus der Natur. Zudem sind invasive Neophyten für Ökosysteme und
den Menschen eine Bedrohung, die durch die Globalisierung immer größer wird. Wir müssen unsere
Ökosysteme vor dem Eindringen dieser fremden Arten effektiv schützen, um die heimische
Artenvielfalt zu erhalten.
Zoonosen – Prävention durch Austausch und Registrierungspflicht
Wir Freie Demokraten wollen Human- und Veterinärmediziner sowie Halterinnen und Halter von
Wildtieren für den Umgang mit Zoonosen schulen. Durch eine Registrierungspflicht sollen
Tierhalterinnen und Tierhalter im Infektionsfall schnell und unkompliziert informiert werden. Der
„One-Health“-Ansatz, der einen Austausch und die Zusammenarbeit von Akteuren der
Humanmedizin, Veterinärmedizin und Umweltwissenschaften vorsieht, kann einen zentralen Beitrag
zur Prävention leisten.
Sauberes Wasser
Wir wollen dafür Sorge tragen, dass unser Grundwasservorkommen schonend bewirtschaftet wird
und sauber bleibt. Wir setzen uns darüber hinaus für Feuchtbiotope sowie für intakte Gewässer ein,
weil sie für die kommunale Wasserversorgung, unsere Gesundheit und die Artenvielfalt von
Bedeutung sind. Deshalb müssen Einträge, zum Beispiel Rückstände aus Landwirtschaft, Industrie,
Bergbau sowie Medikamente, immer dort reduziert werden, wo eine Gefährdung vorliegt. Es gilt das
Verursacherprinzip.
Meeresschutz als Zukunftsaufgabe
Wir Freie Demokraten wollen die Meeresforschung ausbauen und stehen für eine nachhaltige
Meerespolitik, die wirtschaftliche Nutzung, Umweltschutz und Sicherheit in Einklang bringt.
Deutschland muss seine Vorreiterrolle international ausbauen. Wir wollen uns daher auf
europäischer und internationaler Ebene für einen Ausbau des Schutzes der Arktis einsetzen.
Meerespolitik ist für uns eine Zukunftsaufgabe. Das Meer liefert nicht nur Sauerstoff, Ressourcen und
Energie, sondern ist auch ein wichtiger Klimaregulator. Die Folgen des Klimawandels und von
Überfischung sowie Meeresverschmutzung (unter anderem Plastikmüll, Chemikalien, mehrere
Millionen Tonnen Munitionsaltlasten, andere Kampfstoffe und Altöl) und Piraterie stellen eine
Gefahr für den größten Lebensraum der Erde dar. Gemeinsam mit den europäischen Partnern sollen
die Schadstoffe zeitnah geborgen beziehungsweise unschädlich gemacht werden. Zur Abhilfe müssen
vorhandene Konzepte entschlossen umgesetzt und innovative Lösungen entwickelt werden. Diese
Herausforderungen entschieden anzugehen, schafft nicht nur eine lebenswerte Umwelt, sondern
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birgt auch handfestes wirtschaftliches Potenzial für unsere Küstenregionen – etwa durch die
Ansiedlung von innovativen Unternehmen aus dem maritimen Bereich.
Zukunftsfähige und starke Europäische Union
Europa muss bereit sein, die großen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen – die Folgen der
Coronapandemie, den Klimawandel, Terrorismus und Migration. Wir Freie Demokraten wollen eine
außenpolitisch starke EU, die ihre Werte, ihre Interessen und Souveränität schützt sowie sich
autokratischem Machtstreben entgegenstellt. Mit mutigen Reformen ihrer Aufgaben, Arbeitsweise
und Institutionen wollen wir die EU nach innen demokratisch und wirtschaftlich stark sowie nach
außen handlungsfähig machen. So wird die EU zu einem echten Global Player.
Zukunftskonferenz für neuen Schwung in Europa nutzen
Wir Freie Demokraten unterstützen die Konferenz zur Zukunft Europas. In diesem politischen
Gremium sollen in einem einjährigen Prozess alle europäischen Institutionen zusammenkommen, um
die Prioritäten für die EU mit Bürgerinnen und Bürgern aus allen Mitgliedstaaten zu diskutieren. Wir
wollen, dass sich die Konferenz auf zentrale Politikfelder konzentriert, die für unsere gemeinsame
Zukunft langfristig von Relevanz sind. Dafür müssen Leitlinien, Ziele und Prioritäten definiert werden.
Für uns geht es darum, die EU bei der Bewältigung von Pandemien robuster aufzustellen, Europa als
Chancenkontinent zu entwickeln und als Fortschrittsmotor zu mobilisieren. Außerdem wollen wir die
EU institutionell reformieren, um sie bürgernäher und handlungsfähiger zu machen. Das schließt
auch Vertragsänderungen ein. Diese müssen anschließend von den Mitgliedstaaten und von den EU-
Institutionen angemessen umgesetzt werden.
Für eine gemeinsame Verfassung der Europäischen Union als Bundesstaat
Wir Freie Demokraten wollen nach Abschluss der Konferenz zur Zukunft Europas einen
Verfassungskonvent einberufen. Dieser Konvent sollte einer dezentral und föderal verfassten Union
eine rechtsverbindliche Verfassung mit einem Grundrechtekatalog und starken Institutionen geben.
Über die neue Europäische Verfassung sollen die Bürgerinnen und Bürger der EU in einer
gemeinsamen europäischen Volksabstimmung entscheiden und damit die Grundlage für einen
föderal und dezentral verfassten Europäischen Bundesstaat schaffen. Dieser Weg ist das erklärte
Gegenmodell zum Rückfall Europas in nationalstaatliche Kleinstaaterei einerseits oder die Schaffung
eines zentralisierten europäischen Superstaats andererseits. Bis dahin möchten wir, dass die
europäische Integration parallel durch ein „Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten“ vertieft
wird.
Für ein starkes EU-Parlament und mehr Transparenz
Wir Freie Demokraten fordern institutionelle Reformen für mehr Transparenz und Effizienz in der EU.
Das Europäische Parlament soll nach einem einheitlichen Wahlrecht mit staatenübergreifenden
Listen und Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten gewählt werden. Es muss zu einem
Vollparlament mit Initiativrecht aufgewertet werden. Das Europäische Parlament soll einen festen
Tagungsort haben und selbst über seinen Sitz entscheiden können. Kommissionspräsidentin oder -
präsident wird die Spitzenkandidatin oder der Spitzenkandidat, die oder der im EU-Parlament eine
Mehrheit der Stimmen auf sich vereint. Das Parlament kann ihr oder ihm durch die Mehrheit seiner
Mitglieder das Misstrauen aussprechen und eine andere Person zum Kommissionspräsidenten
wählen. Das Vorschlagsrecht für die übrigen Kommissarinnen und Kommissare liegt bei der
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Kommissionspräsidentin beziehungsweise beim -präsidenten und das Parlament muss die Vorschläge
einzeln bestätigen. Die EU-Kommission sollte auf höchstens 18 Kommissarinnen und Kommissare
verkleinert werden. Hierbei müssen klare und einfach zurechenbare Ressorts vergeben werden, die
den EU-Zuständigkeiten entsprechen. Der Rat der Europäischen Union und seine
Untergruppierungen sollen öffentlich tagen.
Offene Strategische Souveränität der EU anstreben
Wir Freie Demokraten unterstützen das Ziel der Europäischen Union, eine größere strategische
Souveränität zu erreichen. Für uns bedeutet dies in erster Linie eigenständige Handlungsfähigkeit.
Mit den erforderlichen Mitteln ausgestattet, könnte die EU in Zukunft ihre eigenen Interessen und
Werte besser durchsetzen und in wichtigen Bereichen wie zum Beispiel Energieversorgung,
Rohstoffimporte und digitale Technologie weniger abhängig und verwundbar werden. In der
Handels- und Entwicklungspolitik muss die EU die eigenen Stärken strategischer einsetzen und in der
Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) eigene militärische Fähigkeiten
entwickeln. Das steht nicht im Widerspruch zur transatlantischen Partnerschaft und zur NATO,
sondern erhöht das Gewicht der EU, als Partnerin auf Augenhöhe einen Beitrag zur liberalen
Weltordnung zu leisten. Der Wunsch nach strategischer Souveränität darf aber weder zu
Protektionismus noch zu einer Selbstisolation führen.
Echte Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik in Europa
Wir Freie Demokraten wollen eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) der EU, die den
Namen auch verdient. Die Europäische Union muss international schneller handlungsfähig sein und
nach außen mit einer Stimme sprechen. Wir fordern deshalb, dass die Einstimmigkeit im EU-
Ministerrat in die qualifizierte Mehrheit überführt wird. Die Hohe Vertreterin oder der Hohe
Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik muss so gestärkt werden, dass sie oder er
zukünftig als vollwertige „EU-Außenministerin“ oder als vollwertiger „EU-Außenminister“ agieren
kann.
Für eine Europäische Armee
Wir Freie Demokraten wollen den Aufbau einer europäischen Armee unter gemeinsamem
Oberbefehl und unter parlamentarischer Kontrolle. Dazu streben wir eine schrittweise engere
Verzahnung und den Ausbau gemeinsamer Fähigkeiten der Streitkräfte der integrationswilligen EU-
Mitgliedsländer an. Ziel ist die Schaffung einer Europäischen Verteidigungsunion als Zwischenschritt
zu einer zukünftigen europäischen Armee. Dafür wollen wir den bisherigen Ausbau der europäischen
Verteidigungsunion beschleunigen. So müssen europäische Kommandostrukturen und ein
gemeinsames militärisches Hauptquartier, aber auch Ausbildungseinrichtungen wie eine Europäische
Sicherheitsakademie, geschaffen werden. Den Austausch zwischen den europäischen Streitkräften
wollen wir durch ein Erasmus+-Programm für Soldatinnen und Soldaten aller Dienstgradgruppen
intensivieren. Bei all diesen Schritten achten wir darauf, die Interoperabilität mit Kräften und
Instrumenten der NATO weiter zu verstärken.
Neue Partnerschaft mit dem Vereinigten Königreich
Wir Freie Demokraten begrüßen, dass es nicht zu einem harten Brexit gekommen ist. Die
beschlossenen Abkommen zum Handel, zur Zusammenarbeit bei ziviler Kernenergie und zur
Informationssicherheit begründen aber nur dann eine tragfähige zukünftige Partnerschaft, wenn die
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vereinbarten Regeln auch eingehalten werden. So werden wir darauf achten, dass die britische Seite
insbesondere ihren Pflichten nachkommt, vergleichbare regulatorische Standards aufrecht zu
erhalten und keine unfairen Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Außerdem fordern wir vom
Vereinigten Königreich die Rechte der Bürgerinnen und Bürger auf beiden Seiten des Ärmelkanals
und den Frieden auf der irischen Insel durch die vollumfängliche Umsetzung des Austrittsabkommens
zu schützen. Bei einer Weiterentwicklung der Verträge ist das Europäische Parlament als Vertreter
der Bürgerinnen und Bürger Europas einzubeziehen. Wir Freie Demokraten wünschen uns eine enge
außenpolitische Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich und eine baldige Neuregelung für
den Austausch von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden nach dem Vorbild von
„Erasmus+“. Wir wollen die Tür für einen zweiten Beitritt offen halten, falls eine neue britische
Generation den Brexit und seine nachteiligen Folgen für beide Seiten überdenkt.
EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beenden und ein neues Verhältnis zwischen der Türkei und
der EU schaffen
Wir Freie Demokraten erkennen die besondere Rolle der Beziehungen zwischen Deutschland und der
EU mit der Türkei. Sowohl die geographische Lage der Türkei als auch die große türkischstämmige
Community in Europa verpflichten uns zu einem Neuanfang im Verhältnis zur Türkei. Wir wollen die
EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei in der bisherigen Form beenden und die Beziehungen auf
eine neue Grundlage enger sicherheitspolitischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit stellen. Eine
von Präsident Erdogan autoritär regierte Türkei kann für uns Freie Demokraten kein Kandidat für eine
Mitgliedschaft in der EU sein. Grundlage für diese sind und bleiben die Kopenhagener Kriterien.
Insbesondere die darin geforderten Bedingungen für einen funktionierenden Rechtsstaat und die
Achtung der Menschenrechte erfüllen die Türkei nicht, wie die Zunahme an willkürlichen Anklagen
auch gegenüber deutschen Menschenrechtsaktivisten sowie Journalistinnen und Journalisten zeigt.
Die Türkei ist und bleibt als NATO-Mitglied und als eng mit der EU vernetzter Nachbar ein
unverzichtbarer Partner, weswegen wir uns dafür stark machen, die sicherheitspolitischen
Spannungen im Bündnis abzubauen. Es wird eine Türkei nach Präsident Erdogan geben. Schon heute
müssen die ökonomischen, wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Beziehungen zur Türkei die
Grundlage für diesen Zeitpunkt bilden.
Für eine gemeinsame und innovative EU-Energieaußenpolitik
Wir Freie Demokraten wollen eine gemeinsame EU-Energieaußenpolitik. Ziel ist es, der EU die
Diversifizierung ihrer Energiequellen zu ermöglichen und ihre Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten
zu reduzieren. Die Inbetriebnahme der Pipeline „Nord Stream 2“ muss in der EU gemeinsam
entschieden werden und im Einklang mit EU-Handelsregeln und geltenden Sanktionen gegenüber
Russland erfolgen. Dabei müssen auch die Interessen der Ukraine als Transitland für Energie
berücksichtigt werden. Wir fordern ein Moratorium für den Weiterbau von „Nord Stream 2“, bis die
russische Führung im Fall Nawalny unabhängige und umfassende Ermittlungen gewährleistet und
sich die Menschenrechtslage bessert. Auch mit Russland sollte der Schwerpunkt unserer
Zusammenarbeit in den Bereichen erneuerbare Energien, Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe
liegen. Um eine kontinuierliche Versorgungssicherheit zu garantieren, sind die EU-Mitgliedstaaten
auch weiterhin auf Energieimporte angewiesen. Angesichts dieser Abhängigkeit ist Energiepolitik
immer auch Außen- und Sicherheitspolitik. Eine gemeinsame Haltung der EU-Mitglieder hinsichtlich
externer Bezugsquellen ist daher unverzichtbar.
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Neuer Rechtsstaatsmechanismus in der EU
Wir Freie Demokraten fordern einen effektiven Rechtsstaatsmechanismus in der EU. Die politische
Kontrolle der Mitgliedstaaten untereinander im Rahmen des Artikels 7 des Vertrags über die
Europäische Union hat sich nicht bewährt. Für uns Freie Demokraten steht fest, dass Länder, die die
Grundwerte der EU mit Füßen treten, nicht mit vollen Händen aus EU-Geldern schöpfen sollen.
Daher soll bei der neuen Verordnung über die Rechtsstaatskonditionalität bei EU-Strukturfonds vom
Dezember 2020 nachgebessert werden und eine Ahndung solcher Verletzungen durch die
Kommission für den Entzug von Mitteln ausreichen. Zivilgesellschaftliche Organisationen wollen wir
jedoch direkt unterstützen.
Klare Regeln
Ein stabiler Euro ist Voraussetzung für Wachstum und Wohlstand in Europa. Im Alltag bringt er
Bürgerinnen und Bürgern sowie unserer Wirtschaft viele Vorteile. Um die Währungsunion für die
Zukunft krisenfest zu machen, müssen die Euro-Länder die Lehren aus vergangenen Krisen ziehen.
Wir Freie Demokraten setzen daher auf Stabilität, Eigenverantwortung und klare Regeln, die vor
allem auch eingehalten werden.
Lehren aus Wirecard-Skandal: BaFin neu aufstellen
Wir Freie Demokraten wollen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) besser
regulieren und neu aufstellen. Der Fall Wirecard hat eklatante Vollzugsdefizite offengelegt. Auch die
beste Regulierung kann schwerste Schäden nicht verhindern, wenn sie nicht durchgesetzt wird.
Außerdem muss die Regulierung stets an neue Geschäftsmodelle angepasst werden. Die Vorgaben,
die dazu geführt haben, dass Unternehmen wie Wirecard nicht vollständig unter die Aufsicht der
BaFin fallen, müssen reformiert werden. Mit dem Markteintritt der BigTechs sowie anderer
Zahlungsdienstleister hat ein neues Maß der Digitalisierung Einzug in die Finanzbranche gehalten.
Deshalb wollen wir die BaFin zu einer besser handlungsfähigen, schlagkräftigen Finanzaufsicht
weiterentwickeln und so das Vertrauen in den Finanzplatz Deutschland zurückgewinnen.
Veräußerung staatlicher Beteiligungen im Bankensektor
Wir Freie Demokraten fordern, dass sich Bund und Länder nach Überwindung der Coronakrise
vollständig aus den Bankenmärkten zurückziehen. Von Beteiligungen an im Wettbewerb stehenden
Banken wie zum Beispiel der Commerzbank oder den Landesbanken muss der Staat sich trennen. Wir
setzen uns für einen leistungsstarken europäischen Bankenmarkt ein, der durch Wettbewerb und
Vielfalt der Geschäftsmodelle geprägt ist. Aufgabe der Politik ist es, gute und krisenfeste
Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene zu setzen. Mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau
(KfW) und den – zusätzlich zu den Landesbanken bestehenden – Förderbanken der Länder stehen
genügend Möglichkeiten für die Wirtschaftspolitik zur Verfügung.
Gute und starke Regeln in der Bankenaufsicht
Wir Freie Demokraten stehen für eine zeitgemäße Bankenregulierung und Aufsicht, die effektiv und
effizient private Gläubigerinnen und Gläubiger von Banken schützt, systemische Krisen verhindert
und den Marktteilnehmern ein „Level Playing Field“ sicherstellt. Regulierung und Aufsicht sollen
dabei dem Grundsatz der Risikoorientierung folgen. Unterschiedlichen Geschäftsmodellen soll
Rechnung getragen und Wettbewerbsneutralität sichergestellt werden. Geschäftspolitische
Entscheidungen müssen Sache der Banken selbst bleiben.
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Keine Privilegierung von Staatsanleihen in der Bankenregulierung
Wir Freie Demokraten wollen die bevorzugte Behandlung von Staatsanleihen bei der europäischen
Regulierung von Banken und Versicherungen schrittweise beenden und durch marktorientierte
Ansätze ersetzen. Auch Staatsanleihen müssen risikoadäquat mit Eigenkapital unterlegt werden.
Zudem wollen wir die Großkreditgrenze, die Klumpenrisiken in den Bankbilanzen vorbeugen soll, auf
Staatsanleihen ausdehnen.
Einlagensicherungssysteme stärken
Wir Freie Demokraten wollen, dass die EU-Vorschriften zu Aufbau und Stärkung nationaler
Einlagensicherungssysteme eingehalten werden, damit Risiken in den Bilanzen der Banken dort
abgebaut werden, wo sie eingegangen werden. Solange die Banken Europas nicht stabilisiert sind,
wären ansonsten die Sparerinnen und Sparer in Ländern mit stabileren Bankensystemen die
Leidtragenden. Die Schaffung einer einheitlichen europäischen Einlagensicherung (EDIS) lehnen wir
Freie Demokraten ab. EDIS würde keinen Zusatznutzen für die Finanzstabilität bringen, sondern die
besonders bewährten Sicherungssysteme der Sparkassen und Volksbanken in Deutschland
gefährden.
Gläubigerbeteiligung bei Finanzierungskrisen einzelner Staaten in der Eurozone
Wir Freie Demokraten wollen ein Verfahren für geordnete „Staatsinsolvenzen“ schaffen. Damit
wollen wir private Gläubiger einzelner Staaten stärker in die Verantwortung nehmen. Bevor an ein
Mitglied der Eurozone öffentliche Mittel aus dem Europäischen Währungsfonds (EWF) fließen, muss
es künftig eine Beteiligung der privaten Gläubiger dieses Staates an den Stabilisierungslasten geben;
zumindest in Form einer Laufzeitverlängerung der jeweiligen Staatsanleihen. Eine solche Beteiligung
des Privatsektors wäre gleichzeitig die wirksamste Krisenprävention, weil sich ein Staat dann in der
Regel gar nicht erst unangemessen hoch verschulden könnte. Auch müssen der EWF und der
Finanzstabilitätsrat mit ihrer analytischen Kompetenz bereits frühzeitig in die Krisenprävention
eingebunden werden.
Europäischer Währungsfonds als Wächter über Staatsfinanzen
Wir Freie Demokraten wollen den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu einem
Europäischen Währungsfonds (EWF) umbauen. Er sollte die Ausgestaltung der makroökonomischen
Anpassungsprogramme und die Kontrolle ihrer Umsetzung in den Darlehen nehmenden Ländern
übernehmen. Ebenso sollte er für die Überwachung der Haushalts- und Wirtschaftspolitik der
Programmländer zuständig sein. Dadurch wollen wir die Überwachung der Euro-Rettungsprogramme
entpolitisieren.
Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes („Maastricht 2.0“)
Wir Freie Demokraten fordern, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt (SWP), der für die Dauer der
Pandemie und angesichts der hieraus resultierenden wirtschaftlichen Folgen faktisch ausgesetzt
wurde, nach der Krise wieder in vollem Umfang in Kraft gesetzt wird. Zu den Grundlagen der
europäischen Finanzpolitik zählen für uns Freie Demokraten unverändert die Begrenzung von
Haushaltsdefiziten und Schuldenstand der öffentlichen Haushalte in den einzelnen Ländern
(Maastricht-Kriterien). Außerdem streben wir eine Reform des Paktes an, indem die Sanktionen für
diejenigen Länder verschärft werden, die dauerhaft gegen die Prinzipien der öffentlichen
Haushaltsführung verstoßen.
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Für einen EU-Haushalt ohne Schulden und EU-Steuern
Wir Freie Demokraten wollen schnell zu einem schuldenfreien EU-Haushalt zurückkehren. Eine
Schuldenunion lehnen wir ab. In der Coronakrise wurde 2020 einmalig eine zeitlich befristete
Schuldenfinanzierung des EU-Haushalts beschlossen. Wir wollen, dass dieser Rückgriff auf die
Schuldenpolitik einmalig bleibt, wie es die Bundesregierung den Bürgerinnen und Bürgern
versprochen hat. Die immer wieder geforderte Einführung zusätzlicher EU-Steuern ist mit den
europäischen Verträgen nicht vereinbar und wird von uns abgelehnt.
Die Wirtschaftskrise in der EU gemeinsam überwinden
Wir Freie Demokraten wollen eine Neuaufstellung der europäischen Kohäsions- und
Innovationspolitik. Bewährte Instrumente wie „Horizon 2020“ oder auch die Europäische
Investitionsbank wollen wir schlagkräftiger machen. Die europäische Innovationspolitik soll gezielt
schwächeren Regionen zugutekommen, um dort ineffiziente Strukturen zu überwinden. Dabei muss
das europäische Prinzip gelten: Der Erfolg der Starken fördert das Aufholen der Schwächeren.
Gemeinsame Maßnahmen zur Überwindung der schwersten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten
Weltkrieg sind für uns Teil des Friedensprojekts der europäischen Einigung. Die wirtschaftliche
Erholung aller Mitgliedstaaten muss ein zentrales Ziel der europäischen Politik sein.
Grundsätze liberaler Außenpolitik
Der diplomatische Einsatz für Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gehört
für uns Freie Demokraten zum unverzichtbaren Teil einer erfolgreichen und glaubwürdigen
Außenpolitik. Gemeinsam mit unseren europäischen Partnern wollen wir uns für die Bewahrung
unserer freiheitlichen Lebensweise in Europa und den Schutz von Frieden und Menschenrechten
international einsetzen. Die Stärkung der regelbasierten liberalen Weltordnung ist für uns dabei
zentral. Um den globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu begegnen, muss Deutschland
stärker als bisher seine Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik im Sinne des Vernetzten
Ansatzes neu ausrichten.
Multilateralismus stärken
Wir Freie Demokraten fordern die Stärkung des regelbasierten Multilateralismus. Wir lehnen die
wachsenden Tendenzen der Abschottung und des Protektionismus ab, weil die Herausforderungen
im Umgang mit globalen öffentlichen Gütern (unter anderem Klimaschutz oder
Ressourcenverteilung), globale Pandemiebekämpfung, die internationale Vernetzung sowie
Wohlstandsunterschiede gerade ein multilaterales Handeln erfordern. Daher muss Deutschland die
multilaterale Zusammenarbeit durch eine verlässliche Finanzausstattung der Sonderorganisationen
der Vereinten Nationen nachhaltig sicherstellen.
Für eine deutsche Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik aus einem Guss
Wir Freie Demokraten fordern eine deutsche Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik aus einem
Guss. Deutschland muss sein internationales Handeln strategisch und institutionell einheitlicher
aufstellen, um auf die komplexen globalen Herausforderungen reagieren und international mehr
Verantwortung in der Welt übernehmen zu können. Wir wollen deshalb, dass Deutschland stärker als
bisher den vernetzen Ansatz in seinem internationalen Handeln umsetzt. Hierfür wollen wir die
sicherheitspolitischen Entscheidungsstrukturen anpassen und die finanziellen Voraussetzungen
schaffen. Äußere und innere Sicherheitsbedrohungen sind zunehmend miteinander verbunden. Wir
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fordern deshalb die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrats, der es ermöglicht, bei
internationalen Herausforderungen vorausschauender und schneller planen, entscheiden und
handeln zu können. Darüber hinaus braucht Deutschland eine politische Gesamtstrategie, die die
Ziele und Prioritäten unserer Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungspolitik festlegt. Wir Freie
Demokraten wollen zudem, dass Deutschland im Sinne eines vernetzten Ansatzes drei Prozent seines
Bruttoinlandsprodukts in internationale Sicherheit („3D – defence, development and diplomacy“)
investiert, so seine in der NATO eingegangenen Verpflichtungen erfüllt, seine Entwicklungspolitik
verstetigt und seine Diplomatie stärkt. Wir Freie Demokraten setzen uns zudem für eine wesentlich
verbesserte, frühzeitigere und stringentere Koordinierung der deutschen Europapolitik innerhalb der
Bundesregierung ein.
Gemeinschaft der Demokratien stärken
Wir Freie Demokraten wollen bestehende Initiativen für eine Koalition von demokratischen
Regierungen stärken und weiterentwickeln. Das von der US-Administration unterstützte Projekt einer
„Alliance of Democracies“ bietet hierfür den idealen Anknüpfungspunkt, den wir aufgreifen und
organisatorisch untermauern wollen. So schaffen wir ein Netzwerk für die marktwirtschaftlichen
Demokratien weltweit. Doppelstrukturen sind dabei zu vermeiden. Gemeinsam wollen wir uns so
weltweit und insbesondere innerhalb der Vereinten Nationen und anderer internationaler
Organisationen für gemeinsame Werte einsetzen und strategisch abstimmen, auch und gerade im
neuen Systemwettbewerb mit dem China Xi Jinpings. Länder wie Kanada und Südkorea, Estland und
Japan, Australien und Portugal sind trotz der geographischen Distanzen gleichgesinnte Staaten.
Digitalisierung trifft auf Diplomatie
Wir Freie Demokraten treten dafür ein, dass Deutschland nach dem Vorbild von Dänemark und
Frankreich sogenannte „Innovationsbotschafter“ aus den zuständigen Bundesministerien in die
Ballungszentren der IT- und High-Tech-Industrie entsendet. Wir wollen, dass Deutschland
diplomatisch aktiv dazu beiträgt, die Beziehungen und Netzwerke zwischen
Technologieunternehmen und Start-ups sowie Gründern und Entwicklern in der Bundesrepublik und
in Zentren wie dem Silicon Valley, Taiwan, Tel Aviv, Singapur, Shenzhen und Daejeon auszubauen.
Liberale Demokratien gegen Desinformation und Einflussnahme schützen
Wir Freie Demokraten wollen die liberalen Demokratien Europas dazu befähigen, Desinformation,
Fake-News-Kampagnen, Propaganda sowie Manipulationen aus dem In- und Ausland besser
abwehren zu können. Die Anstrengungen müssen gebündelt und unter Einbeziehung neuester
Forschungsergebnisse verstärkt werden. Die Wahlinfrastruktur aller EU-Mitgliedstaaten muss als
kritische Infrastruktur erheblich besser geschützt werden. Gegen verdeckte Parteienfinanzierung aus
dem Ausland muss auf europäischer Ebene einheitlich vorgegangen werden. EU-Kommission und
Europäischer Auswärtiger Dienst müssen die Mitgliedstaaten beraten und eine Beeinflussung der
Willensbildungsprozesse und Wahlen in demokratischen Staaten aus autokratisch regierten Ländern
verhindern. Deutschland muss sich durch aktive Diplomatie, eine Bündelung der Zuständigkeiten bei
den zuständigen Nachrichtendiensten sowie die Arbeit der politischen Stiftungen besser schützen.
Zudem brauchen wir lebenslange Lernkonzepte zur Vermittlung von Digital- und Medienkompetenz,
sodass sich Personen jeglichen Alters sicher im Internet bewegen und Inhalte dem Zusammenhang
entsprechend verstehen und bewerten können. Ferner muss der deutsche Auslandsrundfunk in
Gestalt der Deutschen Welle gestärkt werden. Berichterstattung und Informationsangebote müssen
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ausgebaut werden. Dazu gehören auch die stärkere Digitalisierung und Regionalisierung der
Angebote sowie der Aufbau weiterer fremdsprachlicher Programme.
Klares Bekenntnis zur NATO
Wir Freie Demokraten bekennen uns uneingeschränkt zur NATO. Denn die NATO ist ein
konkurrenzlos erfolgreiches Sicherheitsbündnis. Es soll auch in Zukunft als Garant für unsere
Sicherheit stehen. Die zentralen Beschlüsse der Allianz von Wales und Warschau tragen wir in vollem
Umfang mit: die Stärkung des Abschreckungs- und Verteidigungsdispositivs der NATO durch
Finanzmittel, Fähigkeiten und Beiträge, einhergehend mit gleichzeitigem Dialog mit Russland.
Darüber hinaus wollen wir das Bündnis strategisch weiterentwickeln und unterstützen den Prozess
zur Entwicklung eines neuen Strategischen Konzepts. Dazu gehört für uns eine klare Strategie im
Umgang mit der Volksrepublik China sowie die Kooperation und Zusammenarbeit der NATO mit
demokratischen Partnerstaaten im indopazifischen Raum.
Modernisierung der Bundeswehr – bessere Ausrüstung
Wir Freie Demokraten wollen die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr erhöhen und hierfür einen
klaren Modernisierungskurs einschlagen. Die Waffensysteme der Streitkräfte sind teilweise veraltet
oder nur bedingt einsatzbereit. Wichtige Beschaffungsvorhaben verzögern sich oder kommen erst
gar nicht zustande und die Instandhaltung bestehender Ausrüstung wird vernachlässigt. Das muss
sich ändern. Wir wollen, dass die Ausbildung und Ausrüstung unserer Soldatinnen und Soldaten in
Einklang mit den Aufträgen der Bundeswehr gebracht wird. Deshalb müssen auch die bisher
eingeleiteten Trendwenden einer Überprüfung unterzogen und der Modernisierungsprozess der
Bundeswehr muss langfristig finanziell abgesichert werden.
Neue Impulse für Rüstungskontrolle und Abrüstung
Wir Freie Demokraten bekennen uns zum langfristigen Ziel einer atomwaffenfreien Welt und setzen
uns dafür ein, die andauernde Krise der nuklearen Abrüstung und Rüstungskontrolle zu überwinden.
Vor dem Hintergrund eines sich wandelnden Sicherheitsumfeldes zerfallen die bestehenden
Strukturen der Atomwaffenkontrolle. Gleichzeitig nimmt die Gefahr durch Nuklearwaffen in der
internationalen Politik wieder zu. Wir wollen deshalb, dass Deutschland und Europa starke
Impulsgeber sind, um die Instrumente von Abrüstung und Rüstungskontrolle für das 21. Jahrhundert
zu erneuern und neu zu denken. Wir sind überzeugt, dass wir neue atomare Aufrüstungsspiralen
dauerhaft nur verhindern können, wenn es gelingt, neben den Atommächten USA und Russland auch
Nuklearwaffenstaaten wie China an den Verhandlungstisch zu holen.
Rüstungskontrollvereinbarungen für sogenannte „Cyberwaffen“, die neuen
Massenvernichtungswaffen im Informationszeitalter, und die „Hypersonic Glide Vehicles“ mit
Atomsprengkopf, die innerhalb einer Stunde jeden Ort auf der Welt erreichen und zerstören können,
müssen dringend verhandelt werden. Das ist eine Überlebensfrage der Menschheit.
Klare Haltung gegenüber Russland
Für uns Freie Demokraten sind die Prinzipien des Völkerrechts, der Menschenrechte und der
europäischen Friedensordnung, zu denen sich auch Russland in der „OSZE-Charta von Paris"
ausdrücklich bekannt hat, nicht verhandelbar. Daher sehen wir die derzeitige Politik der Russischen
Föderation mit großer Sorge. Wir Freie Demokraten fordern ein unverzügliches Ende der Gewalt in
der Ostukraine und der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim. Daher stehen wir ausdrücklich zu
70
den von der EU verhängten Sanktionen. Im Fall einer weiteren militärischen Eskalation in der Ukraine
muss die EU die Sanktionen verschärfen, denn sie sind kein Selbstzweck, sondern dienen der
Wiederherstellung der Friedensordnung. Dabei muss die EU mit einer Stimme sprechen. Lockerungen
oder gar eine Aufhebung der Sanktionsregelungen kann es nur bei einer Umsetzung des Minsker
Abkommens geben. Die Unterstützung Russlands für Diktatoren wie Alexander Lukaschenko oder
Baschar al-Assad gefährdet die internationale Sicherheit ebenso wie vom Kreml gesteuerte
Desinformationskampagnen und Hackerangriffe in Europa. Die Ermordung von Boris Nemzow,
gezielte Giftanschläge auf Regimegegner, Aktionen zur physischen und politischen Vernichtung
prominenter Oppositioneller wie Alexei Nawalny, die massenhafte Inhaftierung friedlicher
Demonstrantinnen und Demonstranten sowie die systematische Einschränkung der Pressefreiheit
kritisieren wir aufs Schärfste. Präsident Wladimir Putin trägt unmittelbare Verantwortung für die
zunehmende autoritäre Entwicklung Russlands. Die EU darf bei allem Willen zum Dialog nicht
verharmlosend über diese gefährliche Entwicklung hinwegsehen. Zudem gilt, dass liberale
Außenpolitik in der Tradition Walter Scheels und Hans-Dietrich Genschers nicht an der Außengrenze
der EU enden kann: Russland bleibt Deutschland und Europa menschlich, kulturell und wirtschaftlich
eng verbunden. Wir Freie Demokraten wollen Gesprächskanäle, vor allem zu
Bürgerrechtsorganisation wie Memorial, offenhalten. Am Ziel des Wiederaufbaus von Vertrauen
halten wir fest. Auch wollen wir Reisen für die Zivilgesellschaft durch Visumserleichterungen
vereinfachen. Die russische Regierung muss zuvor aber zu Rechtsstaatlichkeit und der Einhaltung der
Bürgerrechte und des Völkerrechts zurückkehren.
Eine demokratische Zukunft für ein freies Belarus
Wir Freie Demokraten stehen an der Seite der friedlichen demokratischen Proteste in Belarus, die zu
Recht massive Wahlfälschungen und demokratische Defizite anklagen. Das brutale Vorgehen des
Regimes Lukaschenko gegen diese legitimen Proteste des belarussischen Volkes ist inakzeptabel. In
den belarussischen Gefängnissen herrschen Willkür und Folter. Wir fordern die umgehende
Freilassung aller politischen Gefangenen und baldige Neuwahlen als Ergebnis eines von der
Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vermittelten strukturierten
Dialogs zwischen Opposition und Machthabern. Das von Lukaschenko nun geplante
„Verfassungsreferendum“ erfüllt diesen Anspruch nicht. Die russische Einmischung zugunsten
Lukaschenkos sehen wir mit Sorge. Die demokratische Opposition in Belarus wollen wir durch
verstärkte Informationsangebote der Deutschen Welle und durch finanzielle Unterstützung
zugunsten der Zivilgesellschaft sowie durch Visumserleichterungen unterstützen.
Für eine Wiederbelebung des Friedensprozesses im Nahen Osten
Wir Freie Demokraten setzen uns unvermindert für eine Fortsetzung des deutschen und
europäischen Engagements im Nahen Osten und eine Wiederbelebung des israelisch-
palästinensischen Friedensprozesses ein. Dabei bleibt die Sicherheit und das Existenzrecht Israels als
jüdischer und demokratischer Staat für uns Staatsräson und damit Grundpfeiler einer liberalen
Außen- und Sicherheitspolitik. Israels Recht auf Verteidigung seiner Bevölkerung und seines
Staatsgebietes gegen islamistischen Terrorismus ist für uns selbstverständlich. Wir treten für eine
verhandelte Zweistaatenlösung als den bislang einzigen Weg ein, um einerseits dauerhaft die
Sicherheit des demokratischen Staates Israel zu garantieren und andererseits die Schaffung eines
souveränen, demokratischen und lebensfähigen Staates Palästina zu ermöglichen. Deshalb sehen wir
mögliche Schritte, Teile des Westjordanlandes völkerrechtswidrig zu annektieren, mit Sorge. Das
71
würde die Möglichkeit gefährden, im Rahmen von zukünftigen Verhandlungen eine
Zweistaatenlösung zu erreichen und umzusetzen. Gleichzeitig muss es das klare Ziel sein, einen
künftigen palästinensischen Staat auf der Basis von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aufzubauen.
Die fehlende demokratische Legitimation der derzeitigen Palästinenserführung sowie die eklatanten
Menschenrechtsverletzungen sind hierfür bereits ein Hindernis. Auch muss regelmäßig geprüft und
entsprechende Maßnahmen ergriffen werden, dass Hilfszahlungen von Deutschland und der EU an
die palästinensische Autonomiebehörde nicht direkt oder indirekt zur Finanzierung von Gewalt oder
Terrorismus missbraucht werden können.
Klarheit bei EU-China-Beziehungen
Wir Freie Demokraten wollen die EU-China-Beziehungen ungeachtet der Systemrivalität gezielt
weiterentwickeln und die wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Beziehungen vertiefen. Ein
engerer Austausch mit China kann aber nur auf der Grundlage und der Einhaltung des geltenden
internationalen Rechts und insbesondere der Regeln der Vereinten Nationen, der
Welthandelsorganisation (WTO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) erfolgen. Die kurz
vor Ende der deutschen Ratspräsidentschaft nach jahrelangen Verhandlungen am 30. Dezember
2020 erzielte Einigung über das EU-China-Investitionsabkommen (CAI), das über den
Investitionsschutz selbst noch keine Regelung trifft, ist ein erster Schritt, der allerdings noch viele
wichtige Rechtsfragen nicht abschließend regelt. Für uns Freie Demokraten besteht deshalb noch in
hohem Maße Ergänzungsbedarf, bevor es ratifiziert werden kann. Dazu gehören auch Chinas
ungerechtfertigte Gegensanktionen gegen europäische Organisationen und Personen. Gegenseitiger
Marktzugang, Rechtssicherheit einschließlich der Unabhängigkeit der Gerichte und die universelle
Geltung der Menschenrechte sind untrennbare Teile unseres multilateralen Werte- und
Regelsystems. Menschenrechtsverletzungen und die fehlende Rechtsstaatlichkeit dürfen nicht
schweigend hingenommen werden. Die beispiellose technische Überwachung der Bevölkerung sowie
die Unterdrückung ethnischer und religiöser Minderheiten durch den chinesischen Staat stehen im
Widerspruch zu Chinas völkerrechtlichen Verpflichtungen. Durch die Internierung und
Zwangssterilisierung von Angehörigen ethnischer Minderheiten setzt sich China dem Vorwurf des
Völkermordes aus. All diese Themen müssen im Rahmen des EU-China-Dialogs mit Nachdruck
angesprochen werden. Das erwarten auch Chinas Nachbarn von uns, die oftmals einer Politik aktiver
chinesischer Einschüchterung unterliegen. Vor diesem Hintergrund unterstützen wir die
zielgerichtete Verhängung von Sanktionen der EU gegen chinesische Offizielle, die für
Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind.
Das demokratische Taiwan unterstützen
Wir Freie Demokraten unterstützen die demokratische und rechtsstaatliche Entwicklung in Taiwan
als gelungenen Gegenentwurf zum autoritären Herrschaftssystem in der Volksrepublik China. Wir
befürworten die Bemühungen Taiwans um Einbindung in internationale Organisationen – soweit das
unterhalb der Schwelle einer staatlichen Anerkennung erfolgen kann. Wir wollen zudem, dass
Deutschland und die EU den Ausbau der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und
zivilgesellschaftlichen Beziehungen vorantreiben. Eine Vereinigung von China und Taiwan kann nur
im friedlichen Konsens erfolgen. Militärische Drohgebärden der Volksrepublik China gegen Taiwan
verurteilen wir aufs Schärfste. Gemeinsam mit unseren europäischen Partnern und anderen
Demokratien, allen voran Australien, Japan, Indien und den USA, wollen wir eine Strategie
entwerfen, um China von der Drohung einer gewaltsamen Einnahme Taiwans abzubringen und China
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anhalten, auf dem Pfad der Diplomatie zu bleiben. Unser langfristiges Ziel ist es, dass sich die
Volksrepublik China und Taiwan im friedlichen Dialog darauf verständigen, den Bürgerinnen und
Bürgern Taiwans die freie Entscheidung über ihre politische Zukunft zu ermöglichen.
Hongkong im Kampf um Freiheitsrechte nicht allein lassen
Wir Freie Demokraten stehen an der Seite der mutigen Bürgerinnen und Bürger Hongkongs, die für
ihre Freiheitsrechte eintreten. Wir verurteilen das Sicherheitsgesetz der chinesischen Führung sowie
deren neues Wahlgesetz für Hongkong, denn es kriminalisiert die demokratischen Proteste in
Hongkong, unterdrückt Menschen und setzt die repressiven Standards Chinas in Hongkong um.
Zusammen mit der EU, Großbritannien und den USA muss Deutschland die Einhaltung der chinesisch-
britischen Erklärung von 1984 einfordern, die das Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“ verankert. Mit
dem „National Security Law“ und dem neuen Wahlgesetz wurde dieses Prinzip nicht nur verletzt,
sondern durch die massive Einflussnahme und willkürliche Interpretation schwammiger
Gesetzesbestimmungen in entscheidenden Rechtsgarantien außer Kraft gesetzt. Faktisch bedeutet
dies die Unterwerfung Hongkongs durch die kommunistische Partei Chinas und das Aus für das
Prinzip „Ein Land, zwei Systeme“. Auf diesen Bruch des Völkerrechts müssen Deutschland und die EU
reagieren und personenbezogene Sanktionen gegen die Verantwortlichen erlassen.
Transatlantische Partnerschaften erneuern
Wir Freie Demokraten sind überzeugte Transatlantiker und sehen uns der deutsch-amerikanischen
Freundschaft verpflichtet. Die Wahl von Joe Biden zum US-Präsidenten bietet die große Chance, die
transatlantischen Beziehungen für das kommende Jahrzehnt zu erneuern. Wir wollen, dass
Deutschland und die EU diese Chance nutzen. Hierfür wollen wir Freie Demokraten den Dialog mit
den Vereinigten Staaten auf allen Ebenen intensivieren, die transatlantischen Handelsbeziehungen
hin zu einem transatlantischen Wirtschaftsraum vertiefen und den „EU-US-Privacy Shield“ schnell
neu verhandeln, um eine rechtssichere Lösung für den transatlantischen Datenverkehr zu finden.
Zudem wollen wir die europäische Handlungsfähigkeit sowie den Zusammenhalt der NATO stärken
und so dazu beitragen, die besonderen Beziehungen zwischen Europa und den USA auf eine
Grundlage zu stellen, die den aktuellen geopolitischen Umbrüchen Rechnung trägt. Gleiches gilt für
umfassende Beziehungen mit dem NATO-Partner Kanada, wo wir das von der Großen Koalition noch
immer nicht ratifizierte EU-Kanada-Handelsabkommen CETA schnellstens verabschieden wollen.
Die Vereinten Nationen reformieren
Wir Freie Demokraten wollen starke und handlungsfähige Vereinte Nationen (VN), die ihrer
weltpolitischen Verantwortung für Sicherheit und Frieden gerecht werden. 75 Jahre nach ihrer
Gründung müssen die Vereinten Nationen dringend reformiert werden. Insbesondere der
Sicherheitsrat der Vereinten Nationen muss an die veränderte Staatenwelt des 21. Jahrhunderts
angepasst werden. Im Rahmen einer VN-Reform setzen wir uns zudem für einen ständigen
europäischen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und den Ausbau des Konsenses über die
Schutzverantwortung („Responsibility to Protect“) ein.
Freiheit und Menschenrechte weltweit
Die universellen Menschenrechte sind die Grundlage jeder liberalen und freien Gesellschaft und
schaffen weltweit die Basis für Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Gerade in Krisenzeiten
wie der aktuellen Covid-19-Pandemie geraten Menschenrechte international aber stärker unter
73
Druck. Wir Freie Demokraten sind überzeugt, dass der Einsatz für Freiheit und Menschenrechte
weltweit dringender denn je ist. Wir wollen, dass Deutschland beim Schutz der Menschenrechte eine
Vorreiterrolle einnimmt und Führungsstärke zeigt. Für uns sind Menschenrechte nicht verhandelbar.
Menschenrechte im digitalen Zeitalter schützen
Wir Freie Demokraten wollen den Schutz der Menschenrechte im digitalen Zeitalter stärken. Hierfür
wollen wir die Internetfreiheit und digitalen Menschenrechte zu neuen außenpolitischen
Schwerpunkten machen. Denn die Digitalisierung birgt sowohl neue Chancen für den Schutz der
Menschenrechte als auch neue Herausforderungen. Beim Ausbau des Menschenrechtsschutzes im
digitalen Zeitalter muss Deutschland im Zuge einer effektiven Cybersicherheitsstrategie in Europa
und international eine Führungsrolle einnehmen – insbesondere beim Recht auf Privatsphäre,
Anonymität im Internet und Verschlüsselung sowie beim Schutz personenbezogener Daten und vor
Massenüberwachung. Zum Schutz der Privatsphäre gehört auch, dass zur Straf- und
Zivilrechtsverfolgung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen Anonymität aufgehoben werden kann.
Frauenrechte sind Menschenrechte
Wir Freie Demokraten sind überzeugt, dass Frauen weltweit eine elementare Rolle in der
internationalen Friedenssicherung, Streitschlichtung und Krisenprävention spielen. Wir wollen
deshalb die Position von Frauen in der Krisen- und Konfliktbewältigung stärken. Daher fordern wir
eine stärkere Anstrengung bei der Positionierung von Frauen in Schlüssel- und Führungspositionen
bei der UNO, der EU und im Bund. Der Nationale Aktionsplan „Frauen, Frieden, Sicherheit“ und die
entsprechende Resolution 1325 der Vereinten Nationen (VN) müssen ambitioniert umgesetzt
werden. Weltweit werden Krisen und Konflikte in den kommenden Jahren zunehmen. Vor allem
Kinder, ältere Menschen und Frauen sind in diesen Situationen besonders betroffen. Sexualisierte
Gewalt wird systematisch als Kriegswaffe eingesetzt. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass diese
Form der Kriegsführung geächtet wird und Vertragsstaaten sowohl die VN-Frauenrechtskonvention
(CEDAW) als auch die Istanbul-Konvention einhalten und umsetzen.
Stärkung von LSBTI-Rechten
Wir Freie Demokraten wollen, dass sich Deutschland gemeinsam mit EU-Partnern konsequent für die
Stärkung von LSBTI-Rechten einsetzt, Menschenrechtsverletzungen an Lesben, Schwulen,
Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen verurteilt und für die Abschaffung
diskriminierender Gesetze eintritt. Bei Strafverschärfungen gegen LSBTI muss Deutschland die
Entwicklungszusammenarbeit im Dialog mit Nichtregierungsorganisationen vor Ort auf den Prüfstand
stellen, gegebenenfalls die Budgethilfe streichen und die Zusammenarbeit mit staatlichen
Einrichtungen beenden. Auf Ebene der Vereinten Nationen fordern wir eine Konvention für LSBTI-
Rechte nach dem Vorbild der Frauenrechtskonvention. Nirgendwo dürfen homosexuelle Handlungen
und die geschlechtliche Identität kriminalisiert werden. In der EU soll die Bundesregierung auf einen
europaweiten Schutz von LSBTI-Rechten hinwirken. Angeblich „LGBT-freie Zonen“ in Polen und der
europaweite Anstieg von Übergriffen gegen LSBTI sind mit europäischen Werten nicht vereinbar.
Innerhalb der EU geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen sollen mit allen Rechten und Pflichten
anerkannt werden.
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Menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in Unternehmen fördern
Wir Freie Demokraten setzen auf gelebte Eigenverantwortung von Unternehmen und Konsumenten
zum besseren Schutz der Menschenrechte. Denn gerade Letztere haben insbesondere durch ihre
Nachfragemacht großen Einfluss die Produktionsbedingungen. Gleichzeitig wollen wir daran
mitwirken, dass Unternehmen durch die Beachtung von Menschenrechten mehr
Wettbewerbsvorteile als -nachteile haben. Daher treten wir für eine einheitliche europäische
Regelung zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht in der Lieferkette ein. Wir sind überzeugt, dass
nur gemeinsame europäische Standards dem Binnenmarkt gerecht werden und zu einer positiven
und nachhaltigen Wertschöpfungskette beitragen. Viele deutsche und europäische Unternehmen
leisten bereits jetzt einen wichtigen Beitrag zur schrittweisen Verbesserung der Lebensbedingungen
sowie der menschenrechtlichen und sozialen Lage in Entwicklungsländern. Sie haben allerdings
weder die Marktmacht noch das Personal, um die Einhaltung der Menschenrechte entlang ihrer
Lieferketten weltweit zu garantieren. Damit das Engagement nicht gefährdet wird, sollte die Haftung
in der Lieferkette nur auf den Bereich der direkten Kontrolle bezogen werden, ohne neue
zivilrechtliche Haftungsansprüche zu begründen. Wir schlagen einen risiko-, größen- und
sektorspezifischen Ansatz vor. Die Schaffung weiterer Dokumentationspflichten oder unnötiger
bürokratischer Hürden lehnen wir ab. Menschenrechtsbezogene Risiken von Tätigkeiten und
Geschäftsbeziehungen werden reduziert. Die Beachtung von sozialen und ökologischen Kriterien
fördert zudem Investitionen von verantwortungsbewussten Unternehmerinnen und Unternehmern.
Vor allem kleine und mittlere Unternehmen sollten bei ihrem Engagement in Entwicklungsländern
unterstützt werden.
Für eine Entwicklungspolitik der Chancen
Bildung, Teilhabe und eine wirtschaftliche Perspektive sind weltweit die zentralen Grundlagen für ein
selbstbestimmtes Leben. Wir Freie Demokraten setzen uns deshalb für eine werteorientierte
Entwicklungspolitik ein, die Chancen ermöglicht und Armut bekämpft. Dabei setzen wir auf Qualität
statt Quantität der eingesetzten Mittel, um so auch Demokratie, gute Regierungsführung,
Rechtsstaatlichkeit und Soziale Marktwirtschaft in der Entwicklungszusammenarbeit zu fördern. Wir
werden die öffentlichen Mittel der Entwicklungszusammenarbeit als Hebel nutzen, um nationale und
internationale Privatinvestitionen sowie philanthropisches Engagement zu mobilisieren und
staatliche Eigeneinnahmen in Entwicklungsländern zu generieren.
Nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz – Agenda 2030 endlich umsetzen
Wir Freie Demokraten bekennen uns zu den 17 Nachhaltigkeitszielen („Sustainable Development
Goals“ – SDGs) der Agenda 2030 der Vereinten Nationen und dem Pariser Klimaabkommen. Wir
fordern deshalb die Weiterentwicklung der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) entlang dieser
Ziele und Indikatoren. Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung sind ein wichtiger Beitrag zur
Gestaltung der Globalisierung. Wir Freie Demokraten sehen in nachhaltiger Entwicklung die Chance
auf mehr Freiheit für uns alle und für zukünftige Generationen. Die globalen Herausforderungen des
21. Jahrhunderts, wie die aktuelle Covid-19-Pandemie, Klimaveränderungen und Umweltzerstörung,
armuts- und kriegsbedingte Fluchtbewegungen, zerfallende Staaten und schlechte
Regierungsführung verlangen einerseits ein besser abgestimmtes europäisches und internationales
Vorgehen und andererseits eine einheitliche deutsche Positionierung. Gegenwärtig agieren die
Ressorts weder abgestimmt noch lässt sich eine politische Gesamtstrategie erkennen. Mit einer
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modernen und innovativen Entwicklungspolitik unterstützen wir unsere Partnerinnen und Partner,
die Chancen der Digitalisierung, Automatisierung und Urbanisierung in Wert zu setzen.
Entwicklungszusammenarbeit stärker europäisch und international koordinieren
Wir Freie Demokraten setzen uns für die Stärkung der europäischen und internationalen
Entwicklungszusammenarbeit ein. Die Bekämpfung von Hunger, die Förderung von Bildung, der
Einsatz für den internationalen Klima-, Arten- und Umweltschutz, die Gesundheitsversorgung sowie
sexuelle und reproduktive Rechte können wir nur gemeinsam mit unseren europäischen und
internationalen Partnerinnen und Partnern erreichen. Durch eine stärkere Kooperation und
Koordination mit unseren europäischen und internationalen Partnerinnen und Partnern wollen wir
zusätzlich Synergien schaffen und die Wirkung der internationalen Entwicklungszusammenarbeit
deutlich steigern. Die Covid-19-Pandemie, die insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern
zu massiven sozialen und wirtschaftlichen Verlusten geführt hat, erfordert besondere
Anstrengungen. Dabei gilt es, sämtliche Entwicklungs- und Wiederaufbaumaßnahmen neben der
Förderung von Wachstum und Beschäftigung zwingend auch an die Stärkung der wirtschaftlichen,
sozialen und ökologischen Widerstandskraft in den Partnerländern zu binden. Hierzu wollen wir auch
die multilaterale Unterstützung für die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) stärken und bis
spätestens 2030 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, vorrangig für multilaterale Initiativen, zur
Verfügung stellen.
Europäische Entwicklungsbank aufbauen
Wir Freie Demokraten setzen uns für die Schaffung einer Europäischen Entwicklungsbank unter dem
Dach der Europäischen Investitionsbank (EIB) ein. Angesichts gegenwärtiger und zukünftiger
Herausforderungen muss die europäische Entwicklungspolitik schlagkräftiger werden, um
freiheitliche Werte weltweit verteidigen zu können. Dafür muss die Entwicklungszusammenarbeit der
EU und ihrer Mitgliedstaaten besser aufeinander abgestimmt werden. Die EIB bietet hierfür den
geeigneten Rahmen. Eine Europäische Entwicklungsbank, die den Fokus auf Demokratie,
Marktwirtschaft und Rechtsstaatlichkeit legt und die Mobilisierung von privatem Kapital steigert,
kann Teil einer gemeinsamen europäischen Antwort auf die chinesische „Belt and Road“-Initiative
sein, damit Entwicklungsländer nicht vom autokratischen Regime in Peking abhängig werden.
Für eine europäisch abgestimmte Afrikapolitik
Wir Freie Demokraten fordern eine europäisch und zwischen den europäischen Mitgliedstaaten
abgestimmte Afrikapolitik. Wir wollen die Staaten Afrikas partnerschaftlich bei der Stärkung von
Wirtschaft, Politik, Zivilgesellschaft und, sofern geboten, der Sicherheitskräfte unterstützen. So
wollen wir nicht nur Europas historischer Verantwortung gerecht werden, sondern auch die
Integration Afrikas in regionale und globale Wirtschaftskreisläufe fördern. Dies trägt auch der
Tatsache Rechnung, dass gerade Subsahara-Afrika mehr und mehr zu einem echten
Wirtschaftspartner Deutschlands und Europas wird. Zudem wollen wir Anreize für gute
Regierungsführung schaffen. Die Freiheit zur Eigengestaltung, Beteiligungsrechte und gute
Regierungsführung sind Grundvoraussetzungen für Wachstum und Entwicklung. Wir begrüßen, dass
die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit regionalen Gruppen von AKP-Staaten
(Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten) die Handelsbeziehungen zwischen
EU und Afrika auf eine WTO-konforme Rechtsgrundlage stellen und allen afrikanischen Staaten einen
erleichterten und bevorzugten Marktzugang bieten. Ziel muss dennoch der vollständige Zugang zum
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EU-Binnenmarkt und der Abbau protektionistischer Maßnahmen sein. Marktverzerrende
Subventionen der EU insbesondere im Agrarbereich dürfen den Aufbau wettbewerbsfähiger Märkte
in Afrika nicht untergraben. Die EU muss die regionale wirtschaftliche Integration innerhalb Afrikas
und die nachhaltige Wertschöpfung vor Ort stärker unterstützen. Deshalb wollen wir die Afrikanische
Union bei der Realisierung der kontinentalen Freihandelszone (AfCFTA) aktiv unterstützen.
Einwanderung und Flucht
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Wie alle klassischen Einwanderungsländer braucht es daher
klare Regeln für Einwanderung nach eigenen Interessen, gebündelt in einem
Einwanderungsgesetzbuch. Zugleich gilt es, die humanitären Verpflichtungen gegenüber
Schutzbedürftigen zu erfüllen. Wir wollen Humanität und Ordnung miteinander verbinden. Wir Freie
Demokraten wollen ein Einwanderungsrecht aus einem Guss in Form eines zusammenhängenden
Einwanderungsgesetzbuches schaffen.
Einwanderung in den Arbeitsmarkt steuern – Punktesystem einführen
Wir Freie Demokraten wollen die Einwanderung in den Arbeitsmarkt verständlich und einfach
steuern. Dazu fordern wir ein modernes Zwei-Säulen-System. Dieses besteht aus einer
überarbeiteten „Blue Card“ als Kerninstrument der Fachkräfteeinwanderung mit
Arbeitsplatzangebot, die auch für nicht-akademische Fachkräfte geöffnet werden muss, und der
Einführung einer Chancenkarte für ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild, um für Fachkräfte
die Möglichkeit zu schaffen, auch ohne Arbeitsplatzangebot zur Arbeitssuche nach Deutschland zu
kommen. Die Steuerung soll hier über Kriterien wie Bildungsgrad, Deutsch- oder auch gute
Englischkenntnisse, Alter, Berufserfahrung und den aktuellen Fachkräftebedarf am Arbeitsmarkt
erfolgen. Mittelfristig soll die Chancenkarte in einem europäischen Talentpool aufgehen, um Europas
Attraktivität für qualifizierte Fachkräfte und Studierende zu erhöhen und zu vereinheitlichen. Für
beide Säulen muss es für alle Berufe eine einzige gemeinsame bundesweit zuständige
Anerkennungsstelle geben, die die Prüfung strukturiert und professionell vornimmt. Für gut
integrierte Schutzsuchende muss es die Möglichkeit eines „Spurwechsels“ in eine der beiden Säulen
der Einwanderung in den Arbeitsmarkt geben. Denn wer einer Erwerbstätigkeit nachgeht oder sich in
einer Qualifikationsphase (zum Beispiel Ausbildung oder Studium) befindet, sollte nicht ausgewiesen
werden.
Flucht und Einwanderung klar unterscheiden
Für uns Freie Demokraten ist das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte unantastbar. Dazu
gehört auch die politische Verfolgung aus religiösen Gründen oder aufgrund der sexuellen Identität.
Dabei wollen wir zwischen politisch Verfolgten, Kriegsflüchtlingen und dauerhaften Einwanderern
unterscheiden. Für Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge wollen wir einen eigenen unbürokratischen
Status schaffen - einen vorübergehenden humanitären Schutz, der auf die Dauer des Krieges
begrenzt ist. Nach Identitätsfeststellung soll dieser Status unkompliziert verliehen und damit das
Asylsystem massiv entlastet werden. Kriegsflüchtlinge sollen dabei nach Beendigung des Krieges in
der Regel in ihr Heimatland zurückkehren. Die Kompetenzen von Bund und Ländern sollten klar
getrennt werden. Der Bund sollte für alle Fragen des Schutzstatus und der Beendigung des
Aufenthaltes einschließlich der Abschiebung zuständig sein, damit sich die Länder auf die Aufgabe
der Integration konzentrieren können. Zu einem geordneten Einwanderungsrecht gehören auch eine
konsequente Durchsetzung der Ausreisepflicht durch Abschiebung und die Schaffung von
77
ausreichend Abschiebehaftplätzen. Zugleich brauchen besonders vulnerable Gruppen, zum Beispiel
Verfolgte aus religiösen Gründen oder aufgrund sexueller Identität, sichere Verfahren und eine
sichere Unterbringung sowie im Fall sogenannter sicherer Herkunftsländer eine besondere
Rechtsberatung, um Anträge form- und fristgerecht stellen zu können.
Verbindliche Verteilung von Schutzsuchenden
Wir Freie Demokraten fordern als Kern einer Fortentwicklung der Gemeinsamen Europäischen
Asylpolitik eine verbindliche Verteilung der Schutzsuchenden unter den EU-Staaten, es sei denn, sie
haben erkennbar keine Bleibeperspektive. Sollte eine Einigung auf EU-Ebene nicht in absehbarer Zeit
gelingen, sollte Deutschland mit gleichgesinnten Staaten vorangehen. Staaten, die sich an dieser
„Koalition der Willigen“ nicht beteiligen, müssen mit angemessenen Kürzungen von Zuwendungen
aus dem EU-Haushalt rechnen, die dann zur Finanzierung der Kosten der Aufnahme von Flüchtlingen
verwendet werden.
Sekundärmigration verhindern
Wir Freie Demokraten wollen eine feste, achtjährige Zuständigkeit des EU-Mitgliedstaates, dem eine
Schutzsuchende oder ein Schutzsuchender zugeteilt wurde. Die Rücküberstellung in den zuständigen
EU-Staat muss vereinfacht werden. Hilfsleistungen sollen die Schutzsuchenden in der Regel nur im
zuständigen EU-Staat erhalten. Dabei muss gewährleistet sein, dass diese Hilfeleistungen in allen
Mitgliedstaaten einem europäischen Mindestniveau entsprechen. Damit wollen wir die Dublin-
Regelungen weiterentwickeln und Sekundärmigration wirksam verhindern.
Asylanträge in Botschaften von EU-Mitgliedstaaten ermöglichen: Visum aus humanitären Gründen
Wir Freie Demokraten fordern, dass Asylanträge auch im Ausland in den Botschaften von EU-
Mitgliedstaaten gestellt werden können. Es muss möglich sein, auf sicherem Weg nach Europa zu
kommen – ohne lebensgefährliche Reise und die Gefahr, in die Hände von Menschenhändlern zu
geraten. Ein Visum aus humanitären Gründen sollte ebenfalls erteilt werden, wenn im Einzelfall
offensichtlich ist, dass Leib und Leben der Antragstellerin oder des Antragstellers unmittelbar,
ernsthaft und konkret gefährdet sind. Dazu sollten im europäischen Recht eindeutige Regelungen
verankert werden.
Frontex für Außengrenze und Seenotrettung ausbauen
Wir Freie Demokraten fordern einen schnelleren Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex auf die
vorgesehene Personalstärke von 10.000 Beamtinnen und Beamten – begleitet von einer strukturellen
Reform sowie einer Erweiterung von Kontroll- und Transparenzmechanismen. Deutschland muss sich
hieran stärker beteiligen. Ein Raum ohne Binnengrenzen erfordert einen starken Schutz der
Außengrenzen. Dies können die Mitgliedstaaten vielfach nicht mehr alleine leisten. Eine starke
europäische Grenzschutzagentur, die sie hierbei unterstützt, ist damit im Interesse aller
Mitgliedstaaten und insbesondere im deutschen Interesse. Frontex sollte auch die Seenotrettung
übernehmen, um endlich das grausame Sterben auf dem Mittelmeer zu beenden. Hierbei handelt es
sich um eine staatliche Aufgabe. Solange dies nicht gewährleistet ist, dürfen private Stellen, die diese
Aufgabe übernehmen, nicht behindert werden. Die unter Beteiligung von Frontex erfolgten
„Pushbacks“, also das illegale Zurückdrängen von Migrantinnen und Migranten, ist sehr ernst zu
nehmen. Wir setzen uns für die Aufklärung solcher Vorkommnisse und für schärfere Mechanismen
zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen ein. So stärken wir den europäischen
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Grenzschutz, verbessern die Seenotrettung und tragen Sorge für die Einhaltung der Menschenrechte
an den Außengrenzen der EU.
Leitbild Grundgesetz
Wir Freie Demokraten fordern ein integrationspolitisches Leitbild. Dieses umfasst das Grundgesetz
mit seinem Grundrechtekatalog, ist religionsunabhängig und spiegelt die gesellschaftliche Vielfalt in
Einheit wider. Es soll die Prinzipien Weltoffenheit, Toleranz und Eigenverantwortung als Grundlage
der Integration betonen und aus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland heraus verstehbar
machen. Sprach- und Integrationskurse müssen daher vom ersten Tag an flächendeckend und
kostenlos angeboten, aber auch angenommen werden. Ziel der Integrationskurse muss es vor allem
sein, den Respekt vor unserer Rechtsordnung und Demokratie zu vermitteln, insbesondere die
Gleichheit von Frau und Mann, die Akzeptanz unterschiedlicher sexueller Orientierungen und
geschlechtlicher Identitäten, sowie die Toleranz gegenüber allen Formen des Glaubens und des
Nichtglaubens.
Integration fordern und fördern
Wir Freie Demokraten wollen eine Integrationspolitik, die Vielfalt begrüßt und daher Einwanderinnen
und Einwanderer einlädt, Teil unserer Gesellschaft zu werden, ihnen aber auch eine eigene
Integrationsleistung abverlangt. Wir wollen die Chancen der Einwanderung für Deutschland nutzen,
denn unser Land ist auf Einwanderung angewiesen. Integration ist der Schlüssel dafür, dass
Einwanderinnen und Einwanderer zu einem Teil unserer Gesellschaft werden und zu ihrem Gelingen
beitragen. Deshalb wollen wir Integration fördern: durch Angebote zum Erlernen unserer Sprache
und unserer Gesellschaftsordnung, Integrationspaten nach kanadischem Vorbild sowie zusätzliche
Integrationsmaßnahmen, die sich gezielt an Frauen, Kinder und Senioren, aber auch an besonders
schutzbedürftige Personengruppen richten. Bürokratische Hürden beim Einwanderungs- und
Integrationsprozess sowie bei der Arbeitsaufnahme, wie die Vorrangprüfung oder die Sperrfrist für
Asylbewerber, müssen abgebaut und Partnerschaften mit Herkunftsländern geschlossen werden. Mit
ausgewählten Partnerländern sind Anwerbestrategien vor Ort zu entwickeln, zum Beispiel mit
Sprachkursen und Vorbereitungskursen auf das Leben in Deutschland.
Für ein liberales Staatsangehörigkeitsrecht
Wir Freie Demokraten begreifen die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit als Ergebnis und
Ziel einer gelungenen Integration in die deutsche Gesellschaft. Daher müssen zur Verleihung der
Staatsangehörigkeit klare Kriterien erfüllt sein. Es ist für das Zusammenleben im Einwanderungsland
Deutschland wertvoll, wenn Menschen, die in Deutschland geboren sind oder ihr ganzes Leben in
Deutschland verbringen werden, über eine Einbürgerung auch rechtlich Teil des Staatsvolkes werden.
Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht sollte im Fall einer Einbürgerung grundsätzlich auch die
Mehrstaatigkeit zulassen. Ab der Enkelgeneration der Ersteingebürgerten sollten sich Menschen
dann für eine Staatsangehörigkeit entscheiden müssen, außer wenn mit dem Verlust der Aufgabe der
zweiten Staatsangehörigkeit rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile verbunden sind, sie nicht auf
sie verzichten können oder es sich um die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates handelt. Wir
fordern für Einwanderinnen und Einwanderer zudem einen vereinfachten Zugang zur deutschen
Staatsangehörigkeit nach insgesamt vier Jahren. Eine Niederlassungserlaubnis soll bereits nach drei
Jahren gewährt werden, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller in dieser Zeit mit gültigem
Aufenthaltstitel straffrei in Deutschland gelebt hat und Sprachkenntnisse sowie die vollständige
79
Deckung des Lebensunterhaltes auch der Familie nachweisen kann. Der Erwerb der deutschen
Staatsangehörigkeit soll unabhängig vom Einwanderungsweg möglich sein, wenn zusätzlich ein
Einbürgerungstest absolviert und das Bekenntnis zur Rechtsordnung unseres Grundgesetzes abgelegt
werden. Der Entzug der doppelten Staatsangehörigkeit darf kein Mittel zur Gefahrenabwehr oder
Bestrafung sein. Sonst wären Bürgerinnen und Bürger mit einer weiteren Staatsangehörigkeit nur
Bürger zweiter Klasse. Für alle Neubürgerinnen und Neubürger wollen wir die flächendeckende
Durchführung von Einbürgerungsfeiern unter Verwendung der Symbole der Bundesrepublik.
Für ein ganzheitliches Energiesystem
Wir Freie Demokraten wollen die Energiewende stärker innovativ, technologieoffen, international
und als Gesamtsystem denken. Denn es geht nicht nur um Strom, sondern auch um Wärme und Kälte
für Gebäude, Industrieprozesse sowie Kraftstoffe für den Verkehr. Wir werden die Klimaschutzziele
nicht erreichen, indem wir in Deutschland nur auf direkte Elektrifizierung auf Basis erneuerbaren
Stroms setzen. Unser Ziel ist ein kosteneffizientes, sicheres und weltweit vernetztes europäisches
Gesamtsystem „Energieversorgung“. Wir wollen eine naturwissenschaftlich fundierte Energiepolitik,
die auf Innovation, Wettbewerb und hohe gesellschaftliche Akzeptanz setzt.
Energie bezahlbar machen – EEG-Umlage abschaffen
Wir Freie Demokraten wollen die Umlagen, Steuern und Abgaben auf Energie umfassend
reformieren. Denn aktuell hat Deutschland die höchsten Strompreise Europas für nahezu alle
Verbrauchergruppen. Dazu wollen wir die Stromsteuer auf das EU-Mindestmaß senken. Die EEG-
Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) wollen wir schrittweise abschaffen, indem die Förderzusagen
aus der Vergangenheit weitestgehend aus den Einnahmen der CO2-Bepreisung finanziert und keine
neuen Fördertatbestände geschaffen werden.
Erneuerbare Energien marktwirtschaftlich ausbauen
Wir Freie Demokraten wollen erneuerbare Energien vollständig in den Wettbewerb überführen und
die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beenden. Gesetzlich vorgegebene
Ausbaupfade für einzelne Technologien und staatlich garantierte Abnahmepreise lehnen wir ab.
Deutsche Stromkunden haben den Ausbau erneuerbarer Energien bereits mit über 200 Milliarden
Euro gefördert. Sie stehen heute für rund die Hälfte der Stromerzeugung in Deutschland und können
künftig mehr Systemverantwortung übernehmen. Ein steigender CO2-Preis wird fossile Energie
weiter unattraktiv machen und dazu führen, dass der Zubau erneuerbarer Energien stärker
nachfragegetrieben erfolgt. Auch die Eigenversorgung mit erneuerbarem Strom und die
marktwirtschaftliche Nutzung von Strom aus Altanlagen, die aus der 20-jährigen EEG-Förderung
fallen, wollen wir vereinfachen.
Energieversorgung sichern – regelmäßiger Stresstest
Wir Freie Demokraten wollen ein regelmäßiges Monitoring (Stresstest) für Versorgungssicherheit mit
Energie und dazu klare Kriterien gesetzlich festschreiben. Denn die sichere und zuverlässige
Versorgung mit Strom, Wärme, Kälte und Kraftstoff zu jeder Zeit an jedem Ort hat für uns Priorität.
Sie darf durch klima- und energiepolitische Maßnahmen nicht gefährdet werden. Kohle- und
Atomausstieg und die zunehmende Einspeisung aus zeit- und wetterabhängig schwankender Wind-
und Sonnenenergie stellen unser Energiesystem vor enorme Herausforderungen. Einen wichtigen
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Beitrag zur Bewältigung dieser Herausforderungen können flexible Erzeugungs- und
Speichertechnologien leisten.
Mehr Tempo beim Wasserstoff
Wir Freie Demokraten wollen Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe neben Strom als zweite Säule
des künftigen Energiesystems aufbauen und den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft
schnellstmöglich vorantreiben. CO2-neutraler Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe können
fossile Brennstoffe in der Industrie ersetzen, Autos, Schiffe sowie Flugzeuge antreiben oder Gebäude
heizen. Der volatile Strom aus Sonne und Wind wird durch die Erzeugung von Wasserstoff mittels
Elektrolyse speicherbar und über weite Strecken transportierbar. Für den Hochlauf setzen wir neben
grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien auch auf CO2-neutralen „blauen“ und „türkisen“
Wasserstoff aus Erdgas, bei dessen Herstellung der enthaltene Kohlenstoff gespeichert werden kann.
Voraussetzung dafür ist, dass das Entweichen von Methan („Methan Leakage“) bei der Förderung
und beim Transport des Erdgases für die Umwandlung ausgeschlossen werden kann oder dort, wo
dies nicht zu 100 Prozent möglich ist, entsprechend kompensiert wird. Nur so erreichen wir
kurzfristig große Mengen zu bezahlbaren Preisen. Um die Produktion von Energieträgern zu
vertretbaren Kosten sicherzustellen, muss weltweit in Anlagen investiert werden. Photovoltaik- oder
Windkraftanlagen an geeigneten Standorten in Verbindung mit angeschlossener Infrastruktur zur
Herstellung von gut speicher- und transportierbaren Energieträgern können dazu einen großen
Beitrag liefern.
Europäische Wasserstoffunion
Wir Freie Demokraten wollen die Gründung einer Europäischen Wasserstoffunion voranbringen.
Denn Deutschland importiert heute rund 70 Prozent seines Energiebedarfs und wird trotz aller
Anstrengungen auf dem Heimatmarkt auch künftig auf die Einfuhr von Energieträgern angewiesen
sein. Daher müssen wir jetzt eine europäische Strategie für den Import klima-neutraler Gase und
Kraftstoffe schaffen. Neben dem frühzeitigen Aufbau von internationalen Partnerschaften muss es
auch Teil dieser Strategie sein, die notwendige Importinfrastruktur zu realisieren. Eine Europäische
Wasserstoffunion verbindet Klimaschutz mit einer zukunftsfähigen Industrie und einer sicheren
Energieversorgung. Wasserstoffprojekte, zum Beispiel aus Solarenergie an günstigen
Produktionsstandorten in Südeuropa, können helfen, wirtschaftliche Ungleichgewichte innerhalb der
EU zu mindern.
Für eine digitale Energiewende
Wir Freie Demokraten wollen die Digitalisierung der Energiewende in Deutschland schneller und
unbürokratischer voranbringen. Denn die Verbesserung der Energieeffizienz, die Flexibilisierung des
Verbrauchs und der Tarife sowie die Sicherstellung der System- und Versorgungssicherheit kann nur
durch konsequente Digitalisierung gelingen. Smarte Anwendungen können dazu beitragen, den
Wandel von einer zentralen zu einer dezentralen Energieversorgung weiter voranzutreiben. Wir
möchten den Rollout intelligenter Messsysteme („Smart Meter“) vereinfachen – als Voraussetzung
für „Smart Grids“ und für Automatisierung durch künstliche Intelligenz. Dabei müssen IT- und
Datensicherheit ein Grundpfeiler zum Schutz dieser kritischen Infrastruktur sein. Neue Chancen und
Innovationen können sich durch vermehrt datengetriebene Geschäftsmodelle ergeben. Auch im
privaten Bereich lassen sich durch Digitalisierung enorme Energieeffizienzpotentiale heben – zum
Beispiel bei der Wärme- und Beleuchtungssteuerung sowie beim autonomen Fahren.
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Bürokratie im Energierecht abbauen – unnötige Bremsen lösen
Wir Freie Demokraten wollen das inzwischen kaum mehr zu überblickende und parlamentarisch
immer schwieriger zu kontrollierende Energierecht entbürokratisieren sowie Planungs- und
Genehmigungsverfahren entschlacken und digitalisieren. Wir wollen durch Bürokratieabbau nicht
nur mehr Ressourcen für Innovationen und Wachstum in den Unternehmen schaffen, sondern sehen
ihn auch aus demokratischer Sicht als dringend geboten. Schnellere Verfahren erleichtern den
marktgetriebenen Ausbau erneuerbarer Energien und die schnelle Realisierung der dafür nötigen
Strom-, Wärme- und Gasnetze.
Akzeptanz der Energiewende stärken
Wir Freie Demokraten wollen die Akzeptanz der Energiewende vor Ort durch eine frühzeitige
Bürgerbeteiligung, einen klugen Ausgleich mit Anwohnerinnen und Anwohnern sowie transparente
rechtsstaatliche Verfahren stärken. Denn die Unterstützung für den Ausbau erneuerbarer Energien
sowie Netze ist grundsätzlich hoch und auch immer mehr Unternehmen möchten auf erneuerbare
Energien setzen. Für eine nachhaltige Energiewende ist es unerlässlich, die Interessen aller
Interessengruppen zu berücksichtigen. So kann neben Akzeptanz auch Rechtssicherheit für einmal
bewilligte Projekte sichergestellt werden.
Land- und Forstwirtschaft, Angeln, Fischerei und Jagd
Deutschland braucht eine zukunftsorientierte Landwirtschaft, die sich rechnet. Wir Freie Demokraten
wollen die Chancen der Landwirtinnen und Landwirte auf wirtschaftlichen Erfolg vermehren. Wir
setzen uns deshalb für digitale Fortschritte in der Landwirtschaft ein und wollen eine
eigenverantwortliche Risikovorsorge gegen zunehmende Witterungsrisiken ermöglichen.
Unabhängigkeit der Landwirtschaft stärken
Wir Freie Demokraten wollen Landwirtinnen und Landwirte unabhängig von Agrarzahlungen machen
und sie von überbordender Bürokratie entlasten. Die europäische Agrarpolitik braucht ein Update.
Wir wollen weg von flächenbezogenen Direktzahlungen und hin zu mehr zukunftssichernder
Investitionsförderung sowie Forschung. Wir wollen einheitliche Wettbewerbsstandards in der EU und
fordern den sukzessiven Abbau der EU-Agrarsubventionen. Das Genossenschaftsrecht wollen wir
reformieren. Nur mit fairen Wettbewerbsbedingungen für alle im gemeinsamen Binnenmarkt
können wir die Abwanderung der landwirtschaftlichen Produktion und der Weiterverarbeitung der
Lebensmittel ins Ausland verhindern. Auch global setzen wir uns für Wettbewerb mit fairen
Rahmenbedingungen ein. Deshalb wollen wir, dass die Welthandelsorganisation sich dafür einsetzt,
stärker auf Marktwirtschaft und weniger Bürokratie zu setzen, sodass Landwirte weltweit
unabhängig von staatlichen Subventionen wettbewerbsfähig wirtschaften können. Bei
landwirtschaftlichen Erzeugnissen brauchen wir eine marktwirtschaftliche Preisbildung in der
gesamten Wertschöpfungskette vom Acker bis zum Einzelhandel. Die fortschreitende Konzentration
von Marktmacht schadet dem Wettbewerb. Handelshemmnisse für Landwirte und Weinbauern
wollen wir darüber hinaus abbauen.
Schutzoffensive für eine multifunktionale Waldwirtschaft
Wir Freie Demokraten fördern das Konzept der multifunktionalen Forstwirtschaft mit ihren
artenreichen Wäldern. Bei einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder gehen Ökonomie und
Ökologie Hand in Hand. Mit einer Waldschutzoffensive wollen wir die Schadholzbergung,
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Schädlingsbekämpfung und schnelle Aufforstung mit klimaresilienten und standortgerechten
Baumarten im Rahmen der wissenschaftlichen Erkenntnisse forcieren. Stilllegungsflächen sollten auf
unwirtschaftlichen Gebieten forciert werden. Wir wollen die Gemeinwohlleistungen der Wälder
marktorientiert honorieren. Förderinstrumente sollen grundsätzlich auch für die Forstwirtschaft zur
Verfügung stehen. Forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse und damit auch Kleinprivatwälder wollen
wir stärken. Holz ist der wichtigste nachwachsende Rohstoff in Deutschland. Wir wollen die
Forschung für seine Nutzung in diesem Bereich ausweiten. Der Wald hat vielfältige Funktionen als
Lebens- und Erholungsraum, Trinkwassergewinnung, Treibhausgassenke und Rohstofflieferant für
eine moderne und innovative Holzwirtschaft, die wichtige Arbeitsplätze sichert. Die Bewirtschaftung
der Wälder hat Rücksicht auf die Belange des Arten- und Naturschutzes zu nehmen. Menschen
empfinden Wald als Natur pur, obwohl wir keine Urwälder mehr haben, denn alle Wälder sind von
Menschen gestaltet.
Landwirtschaft an Trockenheit anpassen
Wir Freie Demokraten wollen der Land- und Forstwirtschaft die Anpassung an Klimaveränderungen
erleichtern. Dazu setzen wir auf Hilfe zur Selbsthilfe. Wir wollen es den Betrieben der Land- und
Forstwirtschaft ermöglichen, mit steuerbefreiten Risikoausgleichsrücklagen in guten Jahren besser
für Dürren und andere Folgen des Klimawandels vorzusorgen. Auf diese Weise werden sie
unabhängiger von staatlichen Notprogrammen. Zudem wollen wir einen Paradigmenwechsel im
Wasserbau, um zukünftig ausreichende Wasservorräte für das Pflanzenwachstum verfügbar zu
halten. Dazu werden wir einen Nationalen Aktionsplan für Gewässer und Wassermanagement
erarbeiten. Wir wollen die europaweite Verfügbarkeit wirksamer und moderner Pflanzenschutzmittel
sicherstellen. Nationale Alleingänge diesbezüglich lehnen wir ab.
Europaweites Tierwohllabel für Transparenz und verantwortungsvolle Haltung
Wir Freie Demokraten treten für eine verantwortungsvolle Haltung von Nutztieren ein. Dabei setzen
wir auf rechtsstaatliche Kontrollen und wirksame Modernisierungsschritte in der Tierhaltung, die
auch kleine und mittlere Betriebe mitgehen können. Damit auch die Verbraucherinnen und
Verbraucher beim Kauf tierischer Erzeugnisse Verantwortung übernehmen können, müssen
Haltungsbedingungen klar erkennbar sein. Um das zu gewährleisten, setzen wir uns für ein einfaches,
transparentes und verpflichtendes Tierwohllabel in der gesamten Europäischen Union und
mittelfristig für europaweit einheitliche Tierschutzstandards ein. Tierschutz und Tierwohl sind für uns
eine Selbstverständlichkeit. Für uns ist Tierwohl keine Frage der Stallgröße, sondern des Zustands des
einzelnen Tieres. Die Tierschutzstandards auf Höfen müssen regelmäßig und mindestens alle fünf
Jahre kontrolliert werden. Damit Landwirtinnen und Landwirte Investitionsentscheidungen für mehr
Tierwohl planen können, brauchen sie zudem verlässliche Rahmenbedingungen. Widersprüche
zwischen konkurrierenden Rechtsbereichen wie zwischen dem Tierwohl und Immissionsschutz
müssen aufgelöst werden. Die überholte Anbindehaltung wollen wir schrittweise überwinden.
Information und Innovation gegen Lebensmittelverschwendung
Wir Freie Demokraten wollen transparente Nährwertinformationen und eine frühzeitige
Ernährungsbildung in Kindertagesstätten sowie Schulen. Zudem wollen wir prüfen, bei welchen
Produkten das starre Mindesthaltbarkeitsdatum durch ein dynamisches Verderbslimit ersetzt werden
kann. Intelligente Verpackungen und eine Haftungserleichterung für Lebensmittelspenden können
dabei helfen, die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren
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Nachhaltige Nutzung der Fischbestände sichern
Wir Freie Demokraten wollen jegliche Fischerei konsequent an den Grundsätzen der nachhaltigen
Entwicklung orientieren. Dabei sind Umweltverträglichkeit, soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche
Stabilität absolut gleichrangig zu sehen. Nur so kann die Fischerei ihre wichtige Rolle für die
Welternährung auch in Zukunft spielen. Dazu wollen wir die Grundschleppnetz-Fischerei
beschränken und Fangtechniken artenspezifisch anpassen, beispielsweise durch die Vergrößerung
der Maschenweite von Fangnetzen. Beifang soll bei den Fangquoten angerechnet werden. Die
Erfolge der Europäischen Fischereipolitik auf diesem Gebiet müssen gesichert werden. Auch im
Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher wollen wir die Konkurrenzfähigkeit unserer
Fischerinnen sowie Fischer und Aquakulturproduzenten im internationalen Wettbewerb stärken. Wir
setzen zudem auf kooperative Maßnahmen zur Überwachung gesetzlicher Regelungen, die immer
auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse basieren und weiterentwickelt werden müssen.
Kontrollmaßnahmen wie zum Beispiel eine verpflichtende Kameraüberwachung, die eine Branche
unter Generalverdacht stellen, sind hingegen mit unserer liberalen Grundhaltung nicht vereinbar.
Wir bekennen uns außerdem nachdrücklich zum „Multi-Use-Ansatz“ bei Windparks auf dem Meer,
damit Fischerei zukünftig auch in „Offshore-Windparks“ möglich ist.
Angeln ist sozial, kulturell, ökologisch und ökonomisch wertvoll für Deutschland
Wir Freie Demokraten sehen Angeln als wichtige Naturverbundenheit. Die Vereine und Mitglieder
sind die Umweltschützer vor Ort, die sich um eine gesunde Flora und Fauna unserer Gewässer
kümmern. Gleichzeitig ist es auch ein Hobby, das altersübergreifend und interkulturell eine
Gemeinschaft pflegt. Vielmehr ist es dem ehrenamtlichen Engagement der Anglerinnen und Angler
zu verdanken, dass so manche Fischarten nach Deutschland zurückgekehrt sind. Wir vertrauen dem
gut ausgebildeten Angler, der jeweils am besten einschätzen kann, ob ein gefangener Fisch
entnommen werden muss oder zum Beispiel als produktiver Laichfisch wieder zurückgesetzt werden
kann. Pauschale „Catch and Release“-Verbote lehnen wir aus Arten- und Bestandsschutzgründen ab.
Die Angeltätigkeit ist aus unserer Sicht kein Gegenpart zu Naturschutzzielen. Deswegen lehnen wir
auch pauschale Verbote und Beschränkungen der Angelei ab, insbesondere pauschale
Nachtangelverbote oder Nullnutzungsgebote von Gewässern.
Jagd als Naturschutz – Wildtiermanagement ermöglichen
Wir Freie Demokraten wollen ein modernes Wildtiermanagement, das eine Bejagung von Wolf,
Kormoran, Nandu und Biber ermöglicht. Zur Wildbretgewinnung, Seuchenprävention sowie
Wildschadenminimierung und für ein ausgewogenes „Beute zu Beutegreifer“-Verhältnis ist die Jagd
unerlässlich. Wir streben eine einheitliche Regelung der Länder zum legalen Einsatz von
Schalldämpfern und Nachtzielgeräten zur Lärmreduktion und für eine genauere Treffpunktlage für
Jägerinnen und Jäger an. Wir stehen zu den Jägerinnen und Jägern in Deutschland als aktive und
staatlich geprüfte Naturschützerinnen und Naturschützer.
Digitale Landwirtschaft – „Smart Farming“
Wir Freie Demokraten wollen die Chancen der Digitalisierung für die Landwirtschaft nutzen. „Smart
Farming“ sehen wir als ein Werkzeug, das Landwirtinnen und Landwirten dabei hilft, ihre Betriebe zu
optimieren, um Tierwohl, Umwelt- und Arbeitsabläufe zu modernisieren. Wir wollen eine moderne
Agrarpolitik, die nicht gängelt, sondern Lösungen forciert und Einkommen steigert.
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Nachhaltige Landwirtschaft durch neue Technologien
Wir Freie Demokraten wollen Technologieoffenheit für die nachhaltige Landwirtschaft der Zukunft.
Für gentechnisch veränderte Nutzpflanzen müssen daher aktuelle und wissenschaftlich basierte
Zulassungskriterien gelten. Grüne Gentechnik eröffnet neue Möglichkeiten, um Böden zu schonen,
Biodiversität zu fördern und die Effizienz des Betriebsmitteleinsatzes zu erhöhen. Ebenso setzen wir
uns für die zügige Zulassung von In-vitro-Fleisch in der EU ein. Neue Möglichkeiten in der
Futterversorgung für Schweine und Geflügel (Allesfresser) wie verarbeitete tierische Proteine, auch
auf Basis von Insekten, wollen wir zulassen, soweit keine gesundheitlichen Bedenken bestehen. Dies
spart Importe von Eiweißquellen und schont Ressourcen. Bedenken in der Bevölkerung müssen mit
Aufklärung begegnet werden. Wir begreifen Umwelt- und Naturschutz nicht als Widerspruch zur
Land- und Forstwirtschaft. Wir brauchen Land- und Forstwirtschaft, die nachhaltig ist und Flächen,
die zusätzliche Beiträge zum Naturschutz leisten. Der Vertragsnaturschutz ist aus unserer Sicht das
liberalste Instrument für mehr Naturschutz. Auch biologischer und konventioneller Landbau sind für
uns keine Gegensätze. Wir setzen uns für eine Vielfalt an Erzeugungssystemen ein, die den
gesellschaftlichen Vorstellungen nachhaltiger Produktionsweisen entsprechen.
Wohnen
Das Bauland und somit auch der Wohnraum in unseren Städten wird knapper, die Mieten steigen
immer weiter. Dagegen hilft vor allem: Mehr Flächen mobilisieren und mehr bauen. Enteignungen,
Mietpreisbremse oder Mietendeckel sorgen letztlich für weniger Wohnraum. Auch der Traum vom
Eigenheim rückt durch hohe Kosten für immer mehr Menschen in weite Ferne. Wir Freie Demokraten
wollen dafür sorgen, dass Wohnen auch in Zukunft bezahlbar bleibt und sich der Traum vom
Eigenheim für mehr Menschen erfüllen lässt.
Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer – Wohneigentum fördern
Wir Freie Demokraten wollen die Bürgerinnen und Bürger beim Erwerb von selbst genutztem
Wohneigentum entlasten. Dazu wollen wir bei der Grunderwerbsteuer einen Freibetrag von bis zu
500.000 Euro für natürliche Personen einführen. Der Freibetrag soll wiederauffüllbar sein, damit er
bei einem Verkauf für einen neuen Erwerb wieder zur Verfügung steht. Dadurch erleichtern wir es
den Menschen, ihren Traum vom eigenen Haus oder der eigenen Wohnung zu verwirklichen und
zugleich für das Alter vorzusorgen. Für mehr Steuergerechtigkeit wollen wir zudem die
missbräuchliche Umgehung der Grunderwerbsteuer durch Immobilieninvestoren mittels
sogenannter Share Deals mit einer Gesetzesänderung verhindern.
Bündnis für selbstbestimmtes Wohnen im Alter
Wir Freie Demokraten fordern mehr barrierefreien oder -armen Wohnraum in Bestand und Neubau.
So wollen wir Menschen ermöglichen, möglichst lange selbstbestimmt in ihrem gewohnten Umfeld
leben zu können. Ein breites Bündnis von Bund, Ländern, Kommunen, aus Wissenschaft und Praxis,
Politik und Gesellschaft soll das Thema „Wohnen im Alter“ mehr in das Bewusstsein aller Akteure
rücken und Lösungen erarbeiten. Bestehende Förderungen sollen zusammengeführt werden.
Anreizmodelle sollen den Lock-In-Effekt verhindern, damit sowohl ältere Menschen als auch junge
Familien passenden Wohnraum finden.
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Baukosten-TÜV
Wir Freie Demokraten wollen Bauen günstiger machen. Durch die Vielzahl von Vorschriften
entstehen massive Kosten. Daher wollen wir einen Baukosten-TÜV einführen, der neue Regelungen
auf ihre Kosten für Bauen und Wohnen ermittelt. Unser Ziel ist es, kostenverursachende Normen zu
vermeiden und den Entscheiderinnen und Entscheidern eine transparente Grundlage für ihr Handeln
zur Verfügung zu stellen. Insbesondere EU-Richtlinien dürfen nicht über das erforderliche Maß hinaus
umgesetzt werden. Die Empfehlungen der Baukostensenkungskommission erfordern eine
konsequente Umsetzung. Ebenso wollen wir auch bestehende kostensteigernde Regelungen kritisch
überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Vorrang für Wohnungsbau – Mietendeckel abschaffen, Abschreibung erhöhen
Wir Freie Demokraten wollen die Mietpreisbremse abschaffen und einen bundesweiten
Mietendeckel verhindern. Die Möglichkeiten zur Abschreibung für Wohnungsbauinvestitionen wollen
wir verbessern. Die lineare Abschreibung muss von zwei auf drei Prozent erhöht werden. Darüber
hinaus ist die Aktivierung von Bauland notwendig, beispielsweise durch eine stärkere
Zusammenarbeit der Länder mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Mietpreisbremse
und Mietendeckel schaffen nachweislich keine neuen Wohnungen und haben sogar zu einer
Verknappung des Angebots geführt. Auch die zahlreichen Regelungen im Rahmen sogenannter
Erhaltungsverordnungen oder das immer komplexer werdende Mietrecht machen die Vermietung
von Wohnraum unnötig kompliziert.
Baugenehmigungen beschleunigen
Wir Freie Demokraten wollen die Genehmigungsverfahren vor dem Bauen beschleunigen. Dazu
wollen wir die Chancen des seriellen und modularen Bauens nutzen sowie ein digitales und
teilautomatisiertes Baugenehmigungsverfahren entwickeln. Die Bauordnungen aller Länder müssen
harmonisiert werden, sodass dort einheitliche Anforderungen an den modularen und seriellen Bau
enthalten sind. Ferner muss die sogenannte Genehmigungsfiktion gesetzt werden: Wenn die
Bauherrin oder der Bauherr alle Unterlagen vorlegt und die Behörde nicht innerhalb eines
bestimmten Zeitraums auf den Antrag reagiert, gilt er als genehmigt und die Bautätigkeit kann
beginnen.
Baulückenkataster erstellen, Dachausbau fördern, Innenentwicklung forcieren
Wir Freie Demokraten wollen ein Baulücken- und Potentialflächenkataster einführen. Auf dessen
Grundlage können die Gemeinden mit angespannten Wohnungsmärkten konkrete Zeit- und
Maßnahmenpläne zur Bebauung dieser Flächen entwickeln. Hindernisse bei der Wiederverwertung
von Brachflächen sind konsequent zu beseitigen. Der Bund muss die Länder im Rahmen der
Bauministerkonferenz außerdem zu einer Entbürokratisierung des Dachausbaus und der
Dachaufstockung, etwa bei der Stellplatz- und Aufzugspflicht, anhalten und mittels der Kreditanstalt
für Wiederaufbau (KfW) ein entsprechendes Förderprogramm auflegen.
Digitaler Bauantrag
Wir Freie Demokraten wollen den digitalen Bauantrag einführen, um die Bearbeitung zu
vereinfachen, zu beschleunigen und teilweise zu automatisieren. Denn die Arbeitsabläufe und
Verfahren in den Genehmigungsbehörden sind aus der Zeit gefallen. Wie bei der Steuererklärung
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wollen wir für alle Antragsteller ein bundesweit zentrales digitales Portal schaffen, mit dem digitale
Bauanträge eingereicht werden können.
Soziales Wohnen
Wir Freie Demokraten wollen für Menschen mit niedrigem Einkommen einen echten Zugang zu
günstigem Wohnraum schaffen. Dazu muss sich die soziale Wohnraumversorgung an der
potentiellen Mieterin beziehungsweise am potentiellen Mieter und nicht nur am Bau von neuen
Sozialwohnungen orientieren. Wir wollen zahlungsschwachen Wohnungssuchenden den Zugang zum
freien Wohnungsmarkt mithilfe des Wohngeldes erleichtern. Erst wenn dort die Wohnungssuche
erfolglos bleibt, soll die Berechtigung auf Bezug einer Sozialwohnung erteilt werden.
Freie Wahl beim Wohnen – mehr Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderungen
Wir Freie Demokraten wollen Wahlfreiheit für Menschen mit Behinderungen. Unabhängig von der
Wohnform und vom Wohnort sollen sie Anspruch auf alle Leistungen aus der Sozialversicherung
haben. Damit jeder Mensch selbst über seine Angebote bestimmen kann, wollen wir das persönliche
Budget einfach und unbürokratisch nutzbar machen. Damit ermöglichen wir mehr Selbstbestimmung
für Menschen mit Behinderungen.
Liberales Bürgergeld
Jede und jeder Einzelne soll die Chance haben, beruflich und privat aufzusteigen. Der moderne
Sozialstaat muss ein Sprungbrett sein. Er muss ermutigen, Potentiale freisetzen und Anstrengung
auch wirklich belohnen. Ziel muss es sein, dass Menschen möglichst schnell berufliche Fortschritte
machen können. Wir Freie Demokraten wollen Chancen durch Freiräume eröffnen – für ein
selbstbestimmtes Leben.
Liberales Bürgergeld einführen
Wir Freie Demokraten wollen das Liberale Bürgergeld. Wir wollen steuerfinanzierte Sozialleistungen
wie das Arbeitslosengeld II, die Grundsicherung im Alter, die Hilfe zum Lebensunterhalt oder das
Wohngeld in einer Leistung und an einer staatlichen Stelle zusammenfassen, auch im Sinne einer
negativen Einkommensteuer. Selbst verdientes Einkommen soll geringer als heute angerechnet
werden. So möchten wir das Steuer- und Sozialsystem verbinden. Die Grundsicherung muss
unbürokratischer, würdewahrender, leistungsgerechter, digitaler und vor allem chancenorientierter
werden. Daneben sollte der Passiv-Aktiv-Tausch weiterentwickelt werden, bei dem Gelder, die eine
Leistungsempfängerin oder ein Leistungsempfänger erhält, in Lohnkostenzuschüsse für einen
sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz umgewandelt werden können.
Bessere Hinzuverdienstregeln beim ALG II
Wir Freie Demokraten wollen bessere Hinzuverdienstregeln beim Arbeitslosengeld II (ALG II)
beziehungsweise beim angestrebten Liberalen Bürgergeld. Die aktuellen Regeln sind demotivierend
und sie belohnen kaum, die Grundsicherung durch eigene Arbeit Schritt für Schritt zu verlassen.
Bessere Hinzuverdienstregeln ermöglichen aber genau das: Sie bilden eine trittfeste Leiter, die aus
Hartz IV herausführt. Das Einkommen von Jugendlichen aus Familien, die ALG II beziehen, soll bis zur
Höhe eines Minijobs gar nicht angerechnet werden. Junge Erwachsene sollen künftig nicht mehr für
Forderungen des Staates haften, welche auf ein Verschulden der Eltern - wie beispielsweise das
verspätete Anzeigen einer Erwerbstätigkeit der Eltern - beruhen.
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Schonvermögen erhöhen
Wir Freie Demokraten wollen das Schonvermögen in der Grundsicherung ausweiten. Das betrifft
insbesondere das Altersvorsorge- Vermögen, die selbst genutzte Immobilie und das für die
Erwerbstätigkeit benötigte angemessene Kraftfahrzeug. Wir wollen Menschen davor bewahren, ihre
auch abseits der staatlichen Förderung eigenverantwortlich und hart erarbeitete Altersvorsorge
auflösen zu müssen. Wir wollen, dass sich Eigenverantwortung und Anstrengung auszahlen.
Arbeitslosengeld II entbürokratisieren – mit einheitlichem Satz
Wir Freie Demokraten wollen beim Arbeitslosengeld II beziehungsweise beim angestrebten Liberalen
Bürgergeld einen einheitlichen Satz für alle erwachsenen Leistungsbezieherinnen und
Leistungsbezieher – unabhängig vom Beziehungsstatus. Bei Rückforderungen durch die Jobcenter
führen wir eine Bagatellgrenze für Kleinstbeträge ein. Beide Maßnahmen verringern den
Verwaltungsaufwand und sorgen für eine transparentere und bürgernähere Grundsicherung. Dies
erspart allen die teilweise entwürdigende Überprüfung der Wohn- und Familienverhältnisse.
Enkelfitte Rente
Vor dem Hintergrund der Herausforderungen des demographischen Wandels und des Wandels am
Arbeitsmarkt ist es zwingend nötig, das Altersvorsorgesystem zu modernisieren, nachhaltig
finanzierbar zu gestalten und den kapitalgedeckten Teil der Altersvorsorge zu stärken. Wir Freie
Demokraten wollen die Rente auf diese Weise enkelfit machen.
Altersvorsorge nach dem Baukastenprinzip ermöglichen
Wir Freie Demokraten wollen die Altersvorsorge nach dem Baukastenprinzip organisieren. So können
Bausteine aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Altersvorsorge je nach Lebenslage flexibel
kombiniert und an moderne Lebensläufe angepasst werden. Alle Ansprüche aus diesem
„Rentenbaukasten“ sollen bei Wechseln zwischen Arbeitgebern oder zwischen Beschäftigung und
Selbstständigkeit flexibel mitgenommen werden können.
Flexiblen Renteneintritt ermöglichen
Wir Freie Demokraten wollen das Renteneintrittsalter nach schwedischem Vorbild flexibilisieren. Wer
früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, erhält eine höhere Rente. Wer das
60. Lebensjahr und mit allen Altersvorsorgeansprüchen mindestens das Grundsicherungsniveau
erreicht, soll selbst entscheiden, wann der Ruhestand beginnt. Zuverdienstgrenzen schaffen wir ab,
und Teilrenten sind unkompliziert möglich. Das sorgt zum einen für mehr finanzielle Stabilität, weil
die Menschen im Schnitt länger im Beruf bleiben, zum anderen passt ein flexibler Renteneintritt
besser zu vielfältigen Lebensläufen. Die Erwerbsminderungsrente stärken wir. Wer aus
gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeiten kann, braucht eine starke Unterstützung.
Rentensplitting erleichtern
Wir Freie Demokraten wollen das Rentensplitting erleichtern und stärker bekannt machen. In der
jährlichen Renteninformation soll einfach und verständlich auf diese Möglichkeit hingewiesen
werden. Es muss zudem jederzeit möglich sein, Rentenpunkte auch für befristete Zeiträume zu
splitten. Das muss für verheiratete, verpartnerte und auch für unverheiratete Eltern möglich sein.
Partner sollen flexibel über die Aufteilung der Familien- und Erwerbsarbeit und damit auch über die
Rentenansprüche entscheiden können.
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Gesetzliche Aktienrente einführen
Wir Freie Demokraten fordern die Einführung einer gesetzlichen Aktienrente. Daher schlagen wir vor,
die verpflichtende erste Säule unseres Rentensystems künftig auf zwei Pfeiler zu stellen, dadurch
endlich für Demographiefestigkeit zu sorgen und das Rentenniveau langfristig wieder zu steigern.
Dabei wird genau derselbe Anteil wie bisher für die Altersvorsorge aufgewendet – wie üblich
aufgeteilt in Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeitrag. Neu ist, dass neben dem größeren Betrag, der
weiter in die umlagefinanzierte Rentenversicherung fließt, ein kleinerer Betrag von zum Beispiel zwei
Prozent des Bruttoeinkommens in eine langfristige, chancenorientierte und kapitalgedeckte
Altersvorsorge angelegt wird, die als Fonds unabhängig verwaltet wird, eben die gesetzliche
Aktienrente. Schweden macht uns seit Jahren vor, wie Aktien-Sparen so erfolgreich und risikoarm
organisiert werden kann. Durch unser Modell erwerben zukünftig alle Beitragszahlerinnen sowie
Beitragszahler – insbesondere auch Geringverdiener – echtes Eigentum für ihre Altersvorsorge und
erhalten höhere Altersrenten.
Basis-Rente einführen – Altersarmut gezielt bekämpfen
Wir Freie Demokraten wollen eine Basis-Rente einführen. Wer gearbeitet und eingezahlt hat, muss
im Alter immer mehr als die Grundsicherung haben und auch mehr als Menschen, die nicht
gearbeitet und eingezahlt haben. Das erreichen wir durch einen Freibetrag bei der Grundsicherung
im Alter für Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Beantragung und Auszahlung der
Basis-Rente wollen wir unter dem Dach der Rentenversicherung zusammenführen. Der Gang zum
Sozialamt entfällt, Altersarmut wird fair und gezielt bekämpft.
Betriebliche Altersversorgung verbessern – Doppelverbeitragung abschaffen
Wir Freie Demokraten wollen die betriebliche Altersvorsorge stärken und die gesetzlichen
Regelungen attraktiver machen. Die Möglichkeit zu breiteren Anlageformen und insbesondere
höheren Aktienquoten haben nur tarifgebundene Unternehmen. Wir wollen allen Unternehmen die
Möglichkeit einer „reinen Beitragszusage“ (höherer Aktienanteil) und des automatischen Einbezugs
ganzer Belegschaften (mit „Opt-Out“-Möglichkeit für die einzelnen Beschäftigten) geben. Zudem
muss die Doppelverbeitragung in der gesetzlichen Kranken- sowie Pflegeversicherung für alle Wege
betrieblicher und privater Vorsorge beendet werden, denn sie untergräbt das Vertrauen in die
Verlässlichkeit der Politik.
Altersvorsorge-Depot einführen
Wir Freie Demokraten wollen ein Altersvorsorge-Depot einführen. Ohne obligatorischen
Versicherungsmantel vereinen wir so das Beste aus Riester-Rente (Zulagen-Förderung), Rürup-Rente
(steuerliche Förderung) und dem amerikanischen Modell „401K“ (Flexibilität und Rendite-Chancen).
Ansprüche aus der Altersversorgung müssen übertragbar (Portabilität) und ein Anbieterwechsel
möglich sein. Dies stärkt den Wettbewerb und macht private Altersvorsorge für alle attraktiver.
Bessere Investitionsmöglichkeiten für Altersvorsorge – Anlagevorschriften öffnen
Wir Freie Demokraten wollen es Lebensversicherern, Pensionskassen und Versorgungswerken
ermöglichen, vermehrt und einfacher in Wagniskapital, Start-ups, Aktien oder Infrastrukturprojekte
zu investieren. Diese Anlageformen bieten gerade bei langen Anlagezeiträumen höhere
Renditechancen bei geringem Risiko. Und höhere Renditen ermöglichen höhere Renten. Auch die
Anlagevorschriften bei der staatlich geförderten Altersvorsorge, zum Beispiel bei Riester-Verträgen,
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wollen wir öffnen. Der Wohn-Riester bleibt unberührt. Die Sparerinnen und Sparer sollen selbst über
den für sie passenden Rendite- und Risikomix sowie die Anlageformen entscheiden. Das öffnet auch
die europaweite Altersvorsorge (PEPP) für die staatliche Förderung in Deutschland. Insgesamt muss
die geförderte Altersvorsorge einfacher und verbraucherfreundlicher werden.
Fairness für alle Generationen
Eine weitsichtige Finanz- und Sozialpolitik, die morgen und übermorgen im Blick hat, ist entscheidend
für die Zukunftschancen des ganzen Landes. Daher machen wir uns stark für zukunftsfeste
Sozialsysteme, Fairness für alle Generationen, clevere Investitionen in die Zukunft und ein
Haushaltswesen, das diese Ziele konsequent im Blick behält.
Generationenbilanz in der Gesetzesfolgenabschätzung
Wir Freie Demokraten wollen die Nachhaltigkeitsprüfung von Gesetzen stärken, parlamentarisch
effektiv verankern und durch eine Generationenbilanzierung ergänzen. Dabei werden Leistungen der
Gesellschaft für folgende Generationen den entstehenden Lasten gegenübergestellt.
Schuldenbremse 2.0 für Sozialversicherungen
Wir Freie Demokraten wollen eine „Schuldenbremse 2.0“ für die Sozialversicherungen. Sie soll
festschreiben, dass zusätzliche versicherungsfremde Leistungen künftig vollständig aus dem
Bundeshaushalt finanziert werden müssen. So kann die Schuldenbremse des Bundeshaushalts nicht
mehr durch die Verlagerung von Sozialleistungen in die Versicherungen umgangen werden. Das
System der Umlagefinanzierung wird wieder konsequent umgesetzt und so die nachhaltige
Finanzierung der Sozialversicherungen gesichert. Dabei streben wir keine Kürzung der Leistungen an,
sondern deren korrekte Zuordnung. Im Gegenzug muss der Bund ihnen aber die Kosten erstatten.
Generationengerechtigkeit in der Rentenanpassungsformel
Wir Freie Demokraten wollen wirksame demographische Faktoren in der Rentenanpassungsformel
für einen gerechten Ausgleich zwischen den Generationen. Dazu muss neben anderem auch der
Nachholfaktor in der Rentenanpassungsformel reaktiviert werden. Dieser wurde 2008 eingeführt und
sorgte für Gleichklang bei der Entwicklung von Löhnen und Renten, bis ihn die Große Koalition
ausgesetzt und damit der jüngeren Generationen Zusatzlasten aufgebürdet hat. Ohne Nachholfaktor
müssen die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler finanzieren, dass die Renten langfristig stärker
steigen als die Löhne.
Digitalisierung für Ältere vorantreiben – Förderprogramm für Wohnheime
Wir Freie Demokraten wollen ein zweites Bildungssystem schaffen, mit dem sich Menschen auch im
Ruhestand unbürokratisch weiterbilden können. Ältere Menschen sollen auch in Alten- oder
Seniorenwohnheimen Zugang zum schnellen Internet haben. Um digitale Teilhabe für alle
Altersgruppen und eine intuitive Bedienbarkeit für alle Internetnutzenden gleichermaßen zu
ermöglichen, wollen wir öffentliche Stellen verpflichten, ihre digitalen Angebote standardmäßig
barrierearm und idealerweise barrierefrei anzubieten.
Diskriminierende Altersgrenzen abschaffen
Wir Freie Demokraten fordern die Abschaffung diskriminierender Altersgrenzen. Gesetze und
Satzungen mit beschränkenden Altersgrenzen sollen auf ihren möglichen diskriminierenden
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Charakter hin überprüft und eine Aufhebung oder Anpassung soll nach sach- und leistungsgerechten
Kriterien vorgenommen werden.
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